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RWE und die wundersame Geldvermehrung

7. Oktober 2016

Jahrelang galt der Essener Energiekonzern RWE als Verlierer der Energiewende in Deutschland. Jetzt bringt er seine Großtochter Innogy an die Börse und kassiert Milliarden.

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RWE Innogy Windpark
Bild: picture-alliance/dpa

Beim Energiekonzern RWE beginnt eine neue Ära. Nach der Energiewende, die den Konzern schwer angeschlagen hat, wird an diesem Freitag das Tochterunternehmen Innogy an die Börse gebracht. Analysten erwarten den größten Börsengang seit dem Jahr 2000, als die Deutsche Post und der Chipkonzern Infineon gelistet wurden.

Die Aktien der RWE-Tochter sind auf derart großes Interesse gestoßen, dass die beteiligten Banken die angebotene Preisspanne von 32 auf 35 bis 36 Euro anhoben. Unterm Strich dürfte der Börsengang der Ökostromtochter Innogy rund fünf Milliarden Euro in die Kassen von RWE spülen. Geld, das der Mutterkonzern dringend benötigt. 

Aufstieg zur Nummer Eins

Der Gang aufs Börsenparkett macht die aus der Not geborene Tochter zum wertvollsten Energiekonzern in Deutschland, dessen Wert Insider schon jetzt auf gut 23 Milliarden Euro schätzen. Immerhin konnte RWE für den Börsengang von Innogy mit Blackrock den weltweit größten Vermögensverwalter mit ins Boot holen. Allein Blackrock gab ein bindendes Kaufangebot von über 940 Millionen Euro ab, um die dafür erworbenen Aktien in diverse Fonds zu verteilen.

Die auf grüne Energie gepolte Tochter Innogy ist schon beim Börsendebut mehr wert als das Mutterunternehmen, denn das schleppt derzeit Schulden von etwa 28 Milliarden Euro herum, kann also jede Zusatzeinnahme dringend gebrauchen. Nicht nur zum Abbau des Schuldenberges, sondern auch für die anstehenden Zahlungen in den staatlichen Fonds zur Entsorgung des Atommülls.

Peter Terium, bisheriger RWE-Chef und nun Vorsitzender bei Innogy, kann dem Börsengang beruhigt entgegen sehen. Zum einen bleiben mindestens zwei Milliarden Euro bei Innogy, die in die Zukunftsbereiche Ökostrom, Netze und Vertrieb investiert werden sollen. Und zum anderen: weil noch ein paar Milliarden übrig bleiben, um dem alten RWE-Konzern, in dem die Bereiche Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke sowie der Energiegroßhandel gebündelt werden, finanziell Luft zum Durchatmen zu verschaffen.

Auch die Mutter profitiert

Denn der Clou an der Aufteilung des RWE-Konzerns besteht darin, dass RWE langfristig auch die Mehrheit an der Zukunftstochter Innogy behalten wird. Die Tochter, nur zur Verdeutlichung, ist potenter als die Mutter. Innogy beschäftigt mit 40.000 Mitarbeitern doppelt so viel wie die Mutter, die sich um auslaufende Geschäftszweige zu kümmern hat. Atom- und Kohlekraftwerke kosten nur noch Geld. Für diesen Bereich zeichnet der bisherige Vertreter vom einstigen RWE-Boss Peter Terium, Rolf-Martin Schmitz, verantwortlich. Sicher kein leichtes Amt.

Innogy dagegen verheißt Anlegern mit Ökostrom, Vertrieb  sowie den Strom- und Gasnetzen ordentliche Renditen. Neben Geschäften, die aufgrund der staatlichen Regulierung stabile Einnahmen versprechen, erschien Innogy Investoren schon aus dem Stand attraktiv. Denn sie können bereits für das laufende Jahr mit einer Dividende rechnen, da die grüne RWE-Tochter 70 bis 80 Prozent des um Sondereffekte bereinigten Nettogewinns ausschütten will.

Dividende auch für Altaktionäre

Dass ein Großteil davon  dann bei der Muttergesellschaft landet, das dürfte wiederum die alten RWE-Aktionäre freuen. Durch die erwartete Dividendenzahlung würde nämlich auch RWE in die Lage versetzt, seinen Aktionären nach Jahren der Dürre einen Geldsegen zu gewähren. Zum Beispiel den kommunalen Anteilseignern, die immerhin fast 28 Prozent der RWE-Anteile besitzen und in der Vergangenheit Löcher in den kommunalen Haushalten mit diesen Dividenden stopfen konnten. Bis zur Energiewende, die RWE ins Trudeln und zur Auszahlungsunfähigkeit an die kommunalen Aktionäre brachte.

Die grüne Ökostromtochter von RWE befindet sich zum Börsengang in einem erstaunlichen Aufwind angesichts der nach wie vor ungelösten Kostenfragen rund um den Ausbau der Stromtrassen durch die Republik. Doch bei politisch geschaltetem grünem Licht für grünen Strom gelten für Investoren andere Konditionen als für Strom zahlende Kunden. Insofern hat der Börsengang von Innogy auch politische Aspekte. Der Großteil der kommunalen Aktionäre, also etwa die Städte Dortmund, Essen oder Bochum denken nicht daran, Innogy-Aktien zu erwerben.

Womöglich letztlich daraus resultierende Strompreiserhöhungen durch die mit RWE verbundenen Stadtwerke ließen sich den Bürgern nur schwer vermitteln. Die von einer rot-grünen Koalition regierte Stadt Bochum etwa trennte sich kurz vor dem Innogy-Börsengang von ihrem RWE-Aktienpakt und verkaufte ein Drittel ihrer 6,6 Millionen Anteile für rund elf Millionen Euro, um Löcher im Haushalt zu stopfen.