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Politik

Russland stuft DW als "ausländischen Agenten" ein

28. März 2022

Das russische Justizministerium hat die Deutsche Welle als "ausländischen Agenten" eingestuft. Erst Anfang Februar wurde für den Auslandssender ein Sendeverbot in Russland verhängt.

https://p.dw.com/p/498Kt
DW-Log vor Kreml-Kulisse
Gilt nun in Russland als "ausländischer Agent": Das Moskauer Büro der Deutschen Welle ist bereits geschlossenBild: DW

Die Deutsche Welle wurde auf eine Liste von Medienunternehmen gesetzt, die in Russland als "ausländische Agenten" bezeichnet werden. Der Eintrag erschien auf der Webseite des russischen Justiz-Ministeriums. Entsprechend eingestufte Medien müssen alle ihre Veröffentlichungen kennzeichnen. 

Diese Entscheidung wurde "auf der Grundlage von Dokumenten, die von autorisierten staatlichen Behörden erhalten wurden", getroffen, teilte das Justizministerium in dem Statement von Montag mit. Es wurden im Statement keine weiteren Details zu den Dokumenten und den genannten Behörden angegeben.

Angriff auf die Pressefreiheit 

DW-Intendant Peter Limbourg verurteilte den Schritt. "Diese erneute Willkür-Entscheidung der russischen Behörden war leider zu erwarten. Ein weiterer Schritt, die Pressefreiheit anzugreifen und ein neuer Versuch, die russische Bevölkerung von freien Informationen abzuschneiden", sagte Limbourg.

Berlin DW-Intendant Peter Limbourg
"Erneute Willkür-Entscheidung": DW-Intendant Peter Limbourg über die Einstufung des Senders Bild: Carsten Koall/dpa/picture alliance

"Begonnen hat es mit der erzwungenen Schließung unseres Studios in Moskau Anfang Februar, danach kam die Blockade unserer Internetseiten in Russland in allen Sendesprachen, die sukzessive Sperrung der Sozialen Medien und nun die Einstufung der DW als 'ausländischer Agent'. Das alles hält uns aber nicht davon ab, weiterhin unabhängig und umfassend aus unserem neuen Studio in Lettland und aus Deutschland über Russland und die Region zu berichten. Und wir werden in Zukunft noch viel mehr Aufwand in Zensur- und Blockadeumgehung stecken müssen. Dazu gehören jetzt bereits VPN-Clients wie Psiphon oder der Tor-Browser," so der DW-Intendant weiter.

Christian Trippe, Leiter Hauptabteilung Osteuropa, sagte: "Die russische Regierung hat der DW offenbar den Informationskrieg erklärt, wie sie es Anfang Februar im Rahmen der Vergeltungsmaßnahmen als Reaktion auf das Verbot des Senders RT DE angekündigt hatte. Wir Journalistinnen und Journalisten machen unsere Arbeit weiter und liefern verlässliche Informationen für unser Zielpublikum in Russland."

Bundesregierung verurteilt Vorgehen Russlands gegen Deutsche Welle

Die Bundesregierung reagiert empört auf die russische Einstufung der Deutschen Welle als "ausländischer Agent". Diese Einstufung werde "aufs Schärfste" verurteilt, erklärte ein Regierungssprecher in Berlin. "Die russische Regierung setzt ihren offenen Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit in Russland mit aller Härte fort, dass belegen auch die zahlreichen Sperrungen regierungskritischer Internetseiten von Medienanbietern in Russland in den vergangenen Wochen."

Es handele sich "um einen weiteren Versuch der russischen Regierung, mit allen repressiven Mitteln eine unabhängige Berichterstattung über den grausamen russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu verhindern", erklärte der Regierungssprecher weiter.

Sendeverbot in Russland

Am 3. Februar hatte die russische Regierung der Deutschen Welle ein Sendeverbot erteilt. Dieser Schritt war eine Reaktion auf das Verbot des deutschsprachigen Programms des russischen Staatssenders RT DE.

Das Büro der DW in Moskau wurde geschlossen, die Journalisten der DW in Russland mussten ihre Presseakkreditierungen abgeben, was ihnen eine weitere journalistische Arbeit in Russland unmöglich machte. In einem Statement vom 3. Februar teilte das russische Außenministerium mit, dass die Aufnahme der DW in die Liste der Massenmedien mit der Funktion des "ausländischen Agenten" als Teil der weiteren Maßnahmen möglich sei.

Sendeverbot für DW in Russland: Juri Rescheto

Mehr als 100 Medienorganisationen und Persönlichkeiten befinden sich momentan auf der Liste der "ausländischen Agenten" in Russland. Darunter die staatlich finanzierten US-Auslandssender Voice of America und Radio Free Europe/Radio Liberty, das russischsprachige Nachrichtenportal Meduza mit Sitz in Riga, sowie der russische unabhängige Sender Doschd (TV-Rain).

Alle Veröffentlichungen kennzeichnen 

Das russische Gesetz über ausländische Agenten stammt aus dem Jahr 2012 und galt ursprünglich für Nichtregierungsorganisationen, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten. Im Dezember 2019 unterzeichnete der russische Präsident Wladimir Putin eine Neufassung, die die rechtliche Definition der Personen, die als ausländische Agenten gelten können, erweiterte.

Heute umfasst das Gesetz jede Privatperson oder Gruppe, die ausländische Mittel in beliebiger Höhe erhält und die "gedruckte, akustische, audiovisuelle oder andere Berichte und Materialien" veröffentlicht.

Sobald die Behörden Personen oder Organisationen als "ausländische Agenten" kennzeichnen, müssen diese alles, was sie veröffentlichen - selbst Beiträge in den sozialen Medien - mit einem Haftungsausschluss versehen, der auf ihren Status als ausländischer Agent hinweist. Außerdem müssen die Betroffenen alle sechs Monate Finanzübersichten und Berichte über ihre Aktivitäten bei der Regierung einreichen und sich jährlichen Prüfungen unterziehen.

DW-Seite in Russland gesperrt

Am 4. März hat die russische Medien- und Telekommunikationsbehörde Roskomnadsor mehrere Medien in Russland gesperrt - darunter die Deutsche Welle und BBC.

Anfang März gab die DW die Verlegung ihres Moskauer Büros nach Lettland bekannt. In Riga wird eine Infrastruktur geschaffen, um die Arbeit fortzusetzen. Juri Resheto, der zuvor das Moskauer Büro geleitet hat, bleibt der Leiter des Büros.