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Russische Akademie spricht sich gegen Homöopathie aus

7. Februar 2017

In Russland werden in Zukunft wohl kaum noch Patienten mit Globuli behandelt werden. Die einflussreichste Wissenschaftsinstitution des Landes hat sich für eine offizielle Ächtung der Homöopathie ausgesprochen.

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07.2014 DW Highlights Juli 2014 Homöopathie

Eine Kommission der Russischen Akademie der Wissenschaften erklärte am Montag in einem offiziellen Memorandum, dass "die Behandlung mit unterschiedlichen Substanzen in hochverdünnten Dosierungen in der Homöopathie keine wissenschaftliche Grundlage" habe. Das berichtet die Nachrichtenagentur Interfax.

Die Kommission, die von dem Mediziner Jewgeni Alexandrow geleitet wird, und die sich auch dem Kampf gegen "pseudowissenschaftliche Methoden und falsifizierte Forschung" verschrieben hat, erhielt dafür die Rückendeckung des Akademie-Präsidiums.

Die Kommission betont in dem Memorandum, dass sie ihr Urteil auf eine "gründliche Analyse" zahlreicher Forschungsergebnisse stützt, die zwar "verallgemeinert" aber "systematisiert" worden seien.

Nicht mal eine vernünftige Theorie

Die Verfechter der Homöopathie hätten "seit Begründung der Lehre vor über 200 Jahren versucht, die Wirksamkeit der hochverdünnten Mittel nachzuweisen", dies sei ihnen aber bisher nicht gelungen, so die Kommission. Überhaupt fehle es an einer glaubwürdigen "theoretischen Begründung der unterstellten Wirkmechanismen" der Homöopathie.

Vor allem sei die Homöopathie abzulehnen, weil Patienten möglicherweise notwendige schulmedizinische Behandlungen in Erwartung einer nicht eintretenden Heilwirkung unterließen. Dies könne sogar zum Tode führen.

Ist das Medizin oder kann das weg?

Konkret empfiehlt die Kommission den Gesundheitsbehörden, die Verwendung homöopathischer Mittel in staatlichen und kommunalen Kliniken zu beenden. Jegliche Hinweise auf Homöopathie sollten aus klinischen Leitlinien entfernt werden. Universitäten sollen Lehrinhalte zur Homöopathie abschaffen. Krankenkassen sollten homöopathische Behandlungen nicht mehr finanzierten.

 In Russland wird Homöopathie zu Pseudowissenschaft erklärt
Arzt: "Schwester, der Patient bekommt eine Spritze und einen Einlauf." Patient: "Doktor, bitte geben sie mir etwas Homöopathisches." Arzt: "Gut. Schwester, also bitte ein SPRITZCHEN und einen EINLÄUFLEIN!"

Die Positionierung der Akademie könnte auch Pharmahersteller-, Importeure und Apotheker betreffen. Homöopathische Mittel, die in den Verkauf gelangen sollten verpflichtend mit einem Warnhinweis versehen werden, dass "ihre medizinische Wirksamkeit nicht bewiesen" ist.

Unterdessen reagierte Gesundheitsministerin Weronika Skworzowa auf den Paukenschlag der Akademie und kündigte in Moskau an, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die weitere Schritte beratschlagen sollte.

Nicht alle Mediziner stimmen zu

Unterdessen rührt sich unter einigen russischen Medizinern Widerstand gegen ein Komplettverbot der Homöopathie. So erklärte Akademiemitglied Wadim Zilow - ein Neurophysiologe von der Moskauer Universität - dass Homöopathie doch eine Existenzberechtigung habe und "in einigen Fällen effektiv" sein könne.

Er erhielt in der Debatte Rückendeckung durch Russlands ehemaligen obersten Sanitärarzt Gennadi Onischtschenko, der davor warnte, gegen die Homöopathie mit dem "Schwerte zu fuchteln." Es gebe in der Medizin vieles, was "nicht erklärbar" sei. Man könne die Wirkung des "Glaubens an den Arzt" nicht "erklären." Und Präsidentenberater Andrej Fursenko äußerte Zweifel daran "ob dies das wichtigste Problem ist, das wir heute in der Wissenschaft und Medizin haben." 

Die Heilungslehre geht auf den deutschen Arzt Samuel Hahnemann (1755-1843) zurück. Die Homöopathie hatte auch in Russland Anfang des 20. Jahrhunderts zahlreiche Anhänger und wurde auch in der Sowjetunion praktiziert aber nicht staatlich gefördert. Nach Ende des Kommunismus wurde sie wieder populärer und hielt auch Einzug ins Gesundheitswesen und den universitären Lehrbetrieb.