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Film

Erster Spielfilm im Weltall

Maria John Sánchez
5. Oktober 2021

Zum ersten Mal wird ein russisches Filmteam zwölf Tage lang auf der Internationalen Raumstation ISS drehen - 400 Kilometer von der Erde entfernt.

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Schauspielerin Julia Peressild trägt einen Astronauten-Anzug und hält die Hände zu einem Herz geformt
Schauspielerin Julia Peressild vor der ExpeditionBild: Ramil Sitdikov/Sputnik/dpa/picture alliance

Der Traum von der Reise ins Weltall hat die Menschen schon immer fasziniert. Unzählige Science-Fiction-Filme wie  Stanley Kubricks Odyssee im Weltraum oder Christopher Nolans Interstellar erzählen davon, wie ein Leben fernab der Erde aussehen könnte. Doch noch nie wurde dort ein Spielfilm in voller Länge gedreht. Bis jetzt. Ein russisches Filmteam hat am 5. Oktober 2021 nach einer dreistündigen Reise mit einem Sojus MS-19-Raumschiff an der Raumstation ISS angedockt. Es will einen Pflock in die Filmgeschichte und in die Geschichte der Raumfahrt einschlagen. Und verwandelt dafür die ISS für die nächsten zwölf Tage in eine Filmkulisse. 

In dem Film mit dem Arbeitstitel "Wysow" (deutsch: Herausforderung) soll es laut der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos um die Geschichte einer Ärztin gehen, die auf die Raumstation geflogen wird, um einen erkrankten Kosmonauten zu retten. Regie führt der russische Filmemacher Klim Schipenko, der auch die Kamera, den Ton, das Licht und die Maske übernimmt. Der Kosmonaut Anton Schkaplerow und zwei weitere russische Kosmonauten treten in Nebenrollen auf. 

Hartes Training fürs All

Die Hauptrolle aber besetzt die russische Schauspielerin Julia Peressild. Sie konnte sich gegen 3000 Bewerberinnen durchsetzen. In Russland ist sie eine Berühmtheit, dort spielte sie bereits in rund 30 Filmen mit. Seit Monaten absolviert die Schauspielerin für die Rolle ein hartes Training. Im Vergleich zu richtigen Astronauten, die sich üblicherweise mehrere Jahre für ihren Aufenthalt im All vorbereiten, ist das natürlich gar nichts. Das Team betritt auf vielen Gebieten Neuland. Noch nie wurden Szenen für einen Spielfilm in voller Länge im All gedreht, die Arbeitsbedingungen werden nun zum ersten Mal ausprobiert. Für Regisseur und Kameramann Schipenko eine echte Herausforderung: "Es gibt niemanden, der uns Tipps geben kann. Es gibt keinen einzigen Kameramann, der uns sagen kann, wie man mit Licht aus einer Luke arbeitet", sagte Schipenko am Vortag der Reise. Für ihn ist es ein "Experiment". Wie teuer es werden wird, ist allerdings unklar. Die Produktionskosten des Films hält die Raumfahrtbehörde Roscosmos unter Verschluss. 

Schauspielerin Julia Peressild, Regisseur Klim Schipenko und Kosmonaut Anton Schkalperow stehen in blauen Anzügen vor der Rakete, die sie ins All bringen soll.
Von links nach rechts: Schauspielerin Julia Peressild, Regisseur Klim Schipenko und Kosmonaut Anton SchkalperowBild: Andrey Shelepin/dpa/Roscosmos/dpa/picture alliance

Wettlauf ums All mit den USA

Fest steht: In Sachen Film will Russland einen Etappensieg vor den USA erringen. Nachdem die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten schon in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts um ihre Vormachtstellung im All konkurrierten, ist der Wettbewerb mit dem Filmprojekt neu aufgeflammt. Kurz nachdem Hollywood im vergangenen Jahr zusammen mit der NASA und Elon Musks SpaceX einen Filmdreh mit Action-Superstar Tom Cruise im Weltraum ankündigte, zog Russland nach. Jetzt ist das russische Filmteam Hollywood sogar zuvorgekommen - wann die US-amerikanische Produktion startet, ist noch unklar. 

Sollte die Mission erfolgreich sein, könnte das Filmprojekt für Russland und die Raumfahrtbehörde Roskosmos neuen Ruhm bedeuten - nachdem sie unter anderem sein Monopol für Reisen zur Raumstation ISS an SpaceX verlor und US-amerikanische Millionäre das Geschäft mit dem Weltraumtourismus entdecken. Der Leiter des russischen Netzwerks "Politische Expertengruppe", Konstantin Kalatschow, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, der Weltraumfilm sei PR und ein Weg, "die Russen von den Problemen abzulenken", mit denen Roskosmos konfrontiert ist. "Das soll die Russen inspirieren und zeigen, wie cool wir sind, aber ich glaube, die Russen haben das Interesse an der Raumfahrtindustrie völlig verloren", so Kalatschow gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Maria John Sánchez Autorin