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Völkermord-Verdächtiger muss vor UN-Tribunal

30. September 2020

Ein mutmaßlicher Drahtzieher des Völkermordes in Ruanda ist mit dem Einspruch gegen seine Auslieferung an ein UN-Tribunal gescheitert. Das höchste Gericht Frankreichs bestätigte die Überstellung von Félicien Kabuga.

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Ruanda Zeichnung von dem mutmaßlichen Straftäter Felicien Kabuga im Gerichtssaal
Zeichnung des mutmaßlichen Straftäters Félicien Kabuga im Pariser Gerichtssaal (Archivbild)Bild: Benoit Peyruco/AFP

Der Kassationshof in Paris, das höchste Gericht Frankreichs, entschied, dass der 87-jährige Beschuldigte Félicien Kabuga innerhalb eines Monats an den Internationalen Residualmechanismus für die Ad-hoc-Strafgerichtshöfe (IRMCT) überstellt wird. Kabuga war im Mai in einem Pariser Vorort gefasst worden - 26 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda. Der IRMCT mit Sitz in Den Haag und Arusha im ostafrikanischen Tansania wickelt unter anderem die letzten Fälle des UN-Tribunals zu Ruanda ab. Das UN-Tribunal wurde 1994 in Arusha etabliert, um Mitverantwortliche des Völkermords strafrechtlich zu verfolgen, und bestand bis Ende 2015.

Das UN-Tribunal hat 1997 Anklage unter anderem wegen Genozids und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Kabuga erhoben und einen Haftbefehl ausgestellt. Dabei wurde dem ehemaligen Geschäftsmann vorgeworfen, die Interahamwe-Miliz unterstützt und finanziert zu haben. Sie war 1994 für einen Großteil der Morde an mindestens 800.000 Tutsi und gemäßigten Hutu verantwortlich. Die Hutu stellen in dem ostafrikanischen Land die Mehrheit, die Tutsi die Minderheit. Kabuga soll auch verantwortlich sein für den in den Genozid verstrickten Radio- und TV-Sender RTLM, der zu Morden an Tutsi aufgerufen hatte. Kabuga hatte die Vorwürfe als "Lügen" zurückgewiesen.

Hoffnung für Überlebende

Das Verfahren gegen Kabuga sei wichtig, um zu zeigen, dass mutmaßliche Völkermord-Täter trotz Wohlstands und der verstrichenen Zeit zur Rechenschaft gezogen werden können, sagte Naphtal Ahishakiye, der Exekutivsekretär der Organisation für Völkermord-Überlebende Ibuka. "Es gibt Überlebenden Hoffnung."

Ein Pariser Berufungsgericht hatte bereits im Sommer entschieden, dass Kabuga ausgeliefert werden soll. Gegen diese Entscheidung hatte Kabuga Berufung eingelegt. Seine Anwälte forderten einen Prozess in Frankreich. Der Kassationshof bestätigte außerdem, dass kein rechtliches oder gesundheitliches Hindernis gegen eine Auslieferung Kabugas nach Arusha in Tansania spreche. Ob Kabuga letztendlich in Arusha vor Gericht kommt, ist unklar. Obwohl das UN-Tribunal formal geschlossen ist, können dort noch immer Prozesse stattfinden.

kle/gri (dpa, epd, afp)