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Rote Karte für "Blatini"

Jens Krepela (mit sid/dpa)21. Dezember 2015

Die FIFA-Ethikkommission sperrt die beiden Top-Funktionäre des Fußballs für acht Jahre. Der suspendierte FIFA-Boss Blatter spricht von einer "Schande" und will kämpfen. Platini bekommt Rückendeckung von der UEFA.

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Schweiz suspendierter FIFA-Präsident Sepp Blatter
Bild: picture-alliance/dpa/W. Bieri

Es ist Götterdämmerung im Weltfußball. Joseph Blatter und Michel Platini, die beiden einflussreichsten Spitzenfunktionäre, werden in den kommenden acht Jahren nichts mehr zu entscheiden haben. Sie sind gesperrt und dürfen nach strenger Auslegung noch nicht einmal ein Stadion besuchen. Dieses Urteil hat die FIFA-Ethikkommission bekanntgegeben.

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Sowohl Blatter als auch Platini werden das Urteil anfechten. Der Franzose erhielt zudem die Rückendeckung seines Verbandes. "Die UEFA unterstützt Michel Platinis Recht auf ein ordentliches Verfahren und die Möglichkeit, seinen Namen reinzuwaschen", teilte der Verband mit. Die UEFA sei "extrem enttäuscht" über das Urteil der FIFA-Ethikkommission.

Blatter: "Kein guter Tag für den Fußball"

Nur eine Stunde nach der Urteilsverkündung hatte Blatter eine eigene Pressekonferenz im ehemaligen FIFA-Hauptquartier in Zürich einberufen. Unrasiert und mit einem Pflaster unter dem rechten Auge stellte er sich den Fotografen. Bei seinem Statement war von einem angeschlagenen FIFA-Boss jedoch wenig zu sehen, vielmehr schien erneut der listige und kämpferische Charakter des Schweizers durch.

Schweiz suspendierter FIFA-Präsident Sepp Blatter (Foto: picture-alliance/dpa/W. Bieri)
Großes Medieninteresse: Blatter vor Fotografen und Reportern in ZürichBild: picture-alliance/dpa/W. Bieri

In Erinnerung an Nelson Mandela beklagte er zum Auftakt fehlende Menschlichkeit und mangelnden Respekt von Seiten der FIFA-Ethikkommission. Pathetisch entschuldigte er sich bei den FIFA-Mitarbeitern und dem "Fußball", dass er, Blatter, als "Boxsack" in dieser Affäre missbraucht würde.

"Ich bin immer noch der Präsident", sagte Blatter während der denkwürdigen Pressekonferenz. Trotz seiner kritischen Lage erlaubte sich Blatter in vier Sprachen inhaltliche Ausflüge, zum Beispiel zum Erfolg des FC Barcelona bei der Klub-WM oder dem Aufstieg des chinesischen Fußballs. Mit Blick auf das Urteil wies er jede persönliche Verfehlung, ob juristischer oder moralischer Natur, zurück. "Ja, verraten - das könnte das richtige Wort sein", sagte Blatter: "Ich war heute sehr traurig. Sonst bin ich das nicht. Aber ich bin auch ein Kämpfer. Es ist nicht möglich, dass diese Angelegenheit so zu Ende geht." Die Ethikkommission könne den Präsidenten gar nicht verbannen.

Ethikkommission glaubt nicht an "Gentlemen's Agreement"

Im weiteren Verlauf seiner Erklärung schilderte er erneut seine Sicht auf die dubiose Zahlung von 1,8 Millionen Euro an den ebenfalls gesperrten UEFA-Boss Michel Platini. Er beklagte, dass die rechtssprechende Kammer der Ethikkommission seinen mündlichen Aussagen keinerlei Bedeutung beigemessen hätte. Platini hatte das Geld im Jahr 2011 von Blatter angeblich für lange zurückliegende Beratertätigkeiten (1998 bis 2002) erhalten.

Blatter habe in "seiner Eigenschaft als FIFA-Präsident" die Zahlung bewilligt, "die einer rechtlichen Grundlage im zwischen den beiden Offiziellen am 25. August 1999 schriftlich abgeschlossenen Vertrag entbehrte", teilte die Ethikkommission mit. Beide konnten keine "andere rechtliche Grundlage" nachweisen. Die "Behauptung einer mündlichen Absprache" wurde als "nicht überzeugend" abgewiesen. Platini und seine Anwälte hatten ebenfalls vergeblich versucht, die Kammer von der Belastbarkeit einer mündlichen Vereinbarung zu überzeugen.

"Michel Platini und ich hatten eine mündliche Vereinbarung", sagte Blatter, "ein Gentlemen's Agreement, das 1998 nach der Weltmeisterschaft abgeschlossen wurde. Ich habe niemals mit Geld betrogen." Er empfinde keine "Schande".

Wahl für Blatters Nachfolge im Februar

Dem FIFA-Kongress am 26. Februar kommt nun entscheidende Bedeutung zu. Einige der Kandidaten auf Blatters Nachfolge haben angekündigt, grundlegende Reformen anzustreben. Ursprünglich wollte Blatter selbst die Abstimmung zu seiner Nachfolge leiten, aber dieser Plan ist mit dem Urteil wohl geplatzt. Fünf Kandidaten bewerben sich auf das Amt an der Spitze des Weltfußballs. Neben dem Jordanier Prinz Ali bin Al Hussein und Scheich Salman bin Ibrahim Al Khalifa (Bahrain), bewerben sich der Franzose Jérôme Champagne, UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino (Schweiz) und der Südafrikaner Tokyo Sexwale.

FIFA Jerome Champagne (Foto: picture-alliance/dpa/F. Arrizabalga)
Jérôme Champagne: Kandidat für die Nachfolge BlattersBild: picture-alliance/dpa/F. Arrizabalga

Platini scheidet als möglicher Kandidat als Nachfolger für Blatter aus. Bis zum 26. Januar müsste er sich nachträglich für die Wahl registrieren lassen, durch die Sperre ist das aber ausgeschlossen.

Platini kündigt Einspruch an

"Ich bin schon verurteilt, ich bin schon verdammt", hatte Platini am Samstag in einer von seinen Anwälten verbreiteten Stellungnahme gesagt. Zu seinem Anhörungstermin war der gesperrte Präsident der Europäischen Fußball-Union (UEFA) gar nicht erst erschienen. Dahinter steckte eine durchschaubare Taktik - die Diskreditierung der FIFA-Richter, um so schnell wie möglich die nächsten Instanzen anrufen zu können.

Michel Platini (Foto: Copyright: Getty Images/P. Schmidli)
Rückendeckung durch die UEFA: Platini wird juristisch gegen die Sperre vorgehenBild: Getty Images/P. Schmidli

Als nächste Instanz müssten Platini und Blatter vor die FIFA-Berufungskommission ziehen, danach stünde der Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof auf dem Programm. Der hat Platinis Einspruch gegen die provisorische 90-Tage-Sperre vom 8. Oktober bereits abgeschmettert. Nach der Sportgerichtsbarkeit würden ordentliche Gerichte am Zug sein. Es droht eine jahrelanger Prozessmarathon.

Von Seiten des DFB meldete sich Interimspräsident Reinhard Rauball zu Wort. Der Austausch von Köpfen reiche nicht aus, sagte Rauball. "Es geht darum, verloren gegangenes Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen."