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Politik

"Alan Kurdi" nimmt Kurs auf Lampedusa

27. Dezember 2019

Zehn Kinder sind unter den 32 Menschen, die das deutsche Rettungsschiff "Alan Kurdi" auf die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa bringen will. Unterdessen meldet Rom einen massiven Rückgang der Flüchtlingszahlen.

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Blick von einem Beiboot auf die "Alan Kurdi" im Juli vor der libyschen Küste
Blick von einem Beiboot auf die "Alan Kurdi" im Juli vor der libyschen KüsteBild: picture-alliance/dpa

Das deutsche Rettungsschiff "Alan Kurdi" hat vor der libyschen Küste im Mittelmeer 32 Migranten an Bord genommen. Die Crew habe am späten Donnerstagabend einen Notruf empfangen, teilte die Organisation Sea-Eye mit. Zwei Stunden später habe sie die übermittelte Koordinate erreicht und die Menschen von einem überfüllten Kunststoffboot geborgen.

Libysche Behörden hätten auf einen Notruf nicht reagiert, obwohl sich das Boot der Migranten nur etwa 17 Seemeilen von der libyschen Küste entfernt befunden habe, so Sea-Eye weiter. Bis zum Freitagmorgen habe sich keine Rettungsleitstelle für zuständig erklärt. Unter ihnen seien zehn Kinder und eine schwangere Frau. Das jüngste Kind sei gerade drei Monate alt.

Die "Alan Kurdi" habe jetzt Kurs auf die italienische Insel Lampedusa genommen, weil der nächste Sturm aufziehe, teilte Sea-Eye weiter mit. Von den geretteten Menschen hätten alle angegeben, libysche Staatsbürger zu sein. "Wie sicher kann Libyen schon sein, wenn sich die Libyer selbst mit ihren Familien auf dem Meer in Lebensgefahr begeben, um das Land zügig zu verlassen?", sagte der Sea-Eye-Vorsitzende Gorden Isler.

Rettung vor dem Sturm

Die Flucht über das Mittelmeer sei zu dieser Jahreszeit besonders gefährlich, weil sich das Wetter ständig ändere, erklärte Julian Pahlke, Sprecher von Sea-Eye. "Hätten wir die Menschen nicht gefunden, wären sie spätestens morgen in einen Sturm geraten. Ihre Überlebenschancen wären dadurch drastisch gesunken", so Pahlke. Die "Alan Kurdi" hatte zuletzt Anfang Dezember Bootsflüchtlinge nach Italien gebracht.

An Weihnachten hatte die spanische Küstenwache rund 300 Flüchtlinge im Mittelmeer aufgenommen. Etwa einhundert Migranten wurden nach Behördenangaben am zweiten Weihnachtstag bei Rettungseinsätzen von selbstgebauten Booten geborgen, nachdem am ersten Weihnachtstag bereits rund 200 Menschen gerettet worden waren.

Bergung vor der Costa Blanca

Mehr als die Hälfte der am Donnerstag geretteten Migranten wurde vor der Küste der Costa Blanca geborgen. 39 weitere Flüchtlinge gelangten am Strand von Punta Jandia auf der Kanareninsel Fuerteventura an Land. Die größten Einsätze fanden am Mitttwoch vor der marokkanischen Inselgruppe Zaffarin und der kleinen spanischen Insel Alborán statt.

Flüchtlinge an Bord der "Alan Kurdi" im Juli
Flüchtlinge an Bord der "Alan Kurdi" im JuliBild: Reuters/Sea-Eye

Unterdessen gab die italienische Regierung bekannt, dass die Zahl der Flüchtlinge, die über das Mittelmeer Italien erreicht haben, 2019 auf auf die Hälfte des Vorjahresstandes zurückgegangen ist. Gemäß den aktuellen Zahlen des Innenministeriums gelangten 11.439 Flüchtlinge nach Italien. Das sind 50,72 Prozent weniger als im Jahr 2018, als insgesamt 23.210 Migranten in das Land kamen. Ein Jahr zuvor waren es noch 118.914 Flüchtlinge.

Jeder Zehnte ist minderjährig

Den am Mittwoch veröffentlichten Daten zufolge kamen die meisten nach Italien gelangten Flüchtlinge aus Tunesien, Pakistan und der Elfenbeinküste. Mit 1618 waren mehr als ein Zehntel unbegleitete Minderjährige.

Boot der spanischen Küstenwache (Archivbild)
Boot der spanischen Küstenwache (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/M. Moreno

Von Juni 2018 bis August dieses Jahres regierte in Rom eine Koalition aus der rechtsextremen Lega-Partei und dem populistischen Fünf-Sterne-Bewegung. Der ultrarechte Innenminister Matteo Salvini verbot Rettungsschiffen die Einfahrt in italienische Häfen.

Die neue Regierungskoalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und der sozialdemokratischen PD vereinbarte im September mit mehreren EU-Staaten, darunter Deutschland, einen Mechanismus für eine automatische Verteilung von in Italien ankommenden Migranten. Damit soll verhindert werden, dass Schiffe mit Flüchtlingen weiter tage- oder wochenlang auf hoher See ausharren müssen, bis die Verteilung geklärt ist und die Migranten an Land können. Der Notfallmechanismus ist als Übergangslösung gedacht, bis das derzeitige Asylsystem der EU überarbeitet werden kann. Doch bis heute fehlt ihm eine breite Unterstützung.

 stu/sti (dpa, kna, afp)