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Rentenprotest: Frankreich streikt weiter

25. Oktober 2010

Benzin wird immer knapper, Bahnen stehen still: Frankreich protestiert seit Wochen gegen die geplante Rentenreform. Für Präsident Sarkozy ist das Ganze ein Desaster - er ist unbeliebt wie nie.

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Streikposten vor einer Müllverbrennungslage bei Paris (Foto: AP)
Streikposten vor einer Müllverbrennungsanlage bei ParisBild: AP

Die andauernden Streiks gegen die Anhebung des Renteneintrittsalters verleiden den Bürgern in Frankreich den Start in die Herbstferien. Obwohl das Gesetzesvorhaben der Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy so gut wie beschlossen ist, setzen die Gewerkschaften auch am Montag (25.10.2010) vielerorts ihre Proteste fort. Für Dienstag ist ein neuer nationaler Aktionstag geplant, an dem sich auch Schüler und Studenten beteiligen wollen.

Raffinerien blockiert

Die Arbeiter von sieben der zwölf Raffinerien des Landes sprachen sich für eine Fortsetzung der seit fast zwei Wochen anhaltenden Blockaden aus. An den übrigen fünf Raffinerien sollte noch im Tagesverlauf darüber abgestimmt werden. Wegen der Streiks an den Raffinerien gibt es an rund einem Viertel der Tankstellen in Frankreich keinen Kraftstoff mehr.

Nach Einschätzung des Verbandes der Ölindustrie wird es sogar zu noch größeren Problemen als in den vergangenen Tagen kommen. Am Sonntag sei weniger Benzin und Diesel ausgeliefert worden, hieß es zur Begründung.

In Fos-sur-Mer im Süden Frankreichs besetzten Hafenarbeiter ein wichtiges Öllager und blockierten die Zufahren. Rund 200 Demonstranten hinderten nach einem Bericht der Agentur AFP zahlreiche Tankwagen daran, Benzin zu laden. Im Zentrum des Landes, nahe der Stadt Tours, wurde unterdessen die Blockade eines seit einer Woche lahmgelegten Öl-Depots ohne Zwischenfälle beendet. Zu Behinderungen kam es auch wieder im Bahnverkehr.

Streiks kosten Frankreich täglich Millionen

Wirtschafts- und Finanzministerin Christine Lagarde (Foto: dpa)
Wirtschafts- und Finanzministerin Christine LagardeBild: picture alliance/dpa

Nach den Worten von Wirtschaftsministerin Christine Lagarde kosten die Streiks die französische Volkswirtschaft täglich zwischen 200 und 400 Millionen Euro. Aber es gebe nicht nur finanzielle Folgen der Protestaktionen, erklärte die Ministerin. Auch die Attraktivität Frankreichs als Wirtschaftsstandort könne Schaden nehmen.

Das nach der Nationalversammlung am Freitagabend auch vom Senat verabschiedete Reformgesetz sieht die Anhebung des Renteneintrittsalters von 60 auf 62 Jahre vor. Beschäftigte, die nicht lange genug Beiträge gezahlt haben, werden erst mit 67 Jahren mit voller Rente in den Ruhestand gehen können. Am Montag rang ein Vermittlungsaussschuss der beiden Kammern um die endgültige Formulierung des Gesetzentwurfs, der dann noch in dieser Woche endgültig verabschiedet werden soll. Nach Darstellung der konservativen Regierung ist die Reform unausweichlich, um die defizitären Rentenkassen vor dem finanziellen Kollaps zu bewahren.

Sarkozy unbeliebt wie nie

Dem Ansehen von Präsident Nicolas Sarkozy haben die wochenlangen Auseinandersetzungen um die Reform schwer geschadet. Nach einer in der Zeitschrift "Le Journal du Dimanche" veröffentlichten Umfrage erhält Sarkozy nur noch die die Zustimmung von 29 Prozent der Bevölkerung. Dies ist der niedrigste Wert seit seinem Amtsantritt 2007.

Autor: Michael Wehling (dpa, afp, rtr)
Redaktion: Ulrike Quast