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Religion made in China

Diana Peßler8. Februar 2004

Erst kürzlich hat die chinesische Polizei zehn katholische Priester verhaftet. Andererseits bauen Christen in China neue Kirchen. Glaubensfreiheit in China: Nein. Ja. Oder doch nicht?

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Glaube ist in China ein "persönliches" BekenntnisBild: AP

"Die chinesische Regierung respektiert die Freiheit des Glaubens", sagt Ye Xiaowen in seinen Reden. Gebetsmühlenartig. Ye Xiaowen ist Direktor des chinesischen Amtes für religiöse Angelegenheiten.

Fünf Religionen erkennt die chinesische Regierung offiziell an: Taoismus, Buddhismus, Islam, Katholizismus und Protestantismus. Die Chinesen dürfen diese Religionen ausüben – gemäß der Leitlinie der Regierung. Und die heißt: Glauben klein halten.

Glauben bleibt privat

In China bleibt Religion fast immer ein rein persönliches Bekenntnis. Der Staat will das so. Aber die Chinesen haben ohnehin einen pragmatischen Zugang zum Glauben, sagt Prof. Helmolt Vittinghoff, Sinologe an der Universität Köln: "Die Chinesen leben Religion nicht nach festen Regeln. Man sucht sich seine Götter zusammen und betet heute zu dem einen, morgen zu dem anderen." Die chinesische Regierung duldet diese private Religiosität, ebenso wie die auf dem Land verbreiteten Natur- und Geisterglauben.

"Der Staat schaut aber da genauer hin, wo seine Macht in Gefahr ist", sagt Helmolt Vittinghoff. Sobald sich Glauben organisiert, wird er beobachtet und kontrolliert. Jede Kirche, jeder Tempel, jede Moschee ist staatlich registriert. Wie strikt die staatlichen Dogmen dort durchgesetzt werden, hängt dabei von den zuständigen Beamten der staatlichen Religionsbüros vor Ort ab. Aufgeschlossene Beamten fördern bisweilen sogar religiöses Leben. Allerdings haben es Menschen, denen ihre Religion ihr Ein und Alles ist, schwer in in China.

Mao in Tibet

Zum Beispiel werden die tibetischen Buddhisten massiv unterdrückt. "Aber die Chinesen fühlen sich da auch im Recht", sagt Helmolt Vittinghoff, "das ist ein ganz anderes Glaubensverständnis, sie können diese tiefe Religiosität nicht nachvollziehen." Sie hemme den Fortschritt, sei keine Alternative zu modernem, chinesischem Leben, so sieht es Peking. Und so überwachen maoistische Kader die Tempel in Tibet, geben Verwaltungsseminare, auf denen die Mönche politisch instruiert werden. Anfang Februar verurteilte ein Gericht drei tibetische Mönche zu zwölf Jahren Haft. Ihr Vergehen: Sie hatten eine tibetische Flagge gemalt und besaßen Bilder des Dalai Lama, des religiösen Führers der Tibeter. Peking wirft dem Dalai Lama vor, Tibet von China abspalten zu wollen. Seine Anhänger gelten deshalb als Separatisten.

Geschlossene Moscheen

Ähnlich strikt unterdrückt Peking die muslimischen Uighuren. Das Turkvolk lebt in der nordwestlichen Provinz Xinjiang – die wie Tibet den Status einer Autonomen Region hat. Vielen Uighuren geht diese Autonomie jedoch nicht weit genug. Die chinesische Führung schließt deshalb seit Jahren Moscheen und Koranschulen. Sie seien Brutstätten für antichinesische Propaganda und separatistisches Gedankengut. Die Regierung verfolgt dabei nicht prinzipiell den Islam – Muslime leben über das ganze Land verteilt. Die meisten sind, ethnisch gesehen, Chinesen und vor allem: Sie sind nicht politisch organisiert. Peking lässt sie relativ frei gewähren. Den Uighuren unterstellt China allerdings eine Verbindung zum islamischen Extremismus und kontrolliert sie streng.

"Keiner soll reinreden"

Der Staat hat den Anspruch, Religion in China allein zu verwalten. Daher wehrt er sich gegen die Uighuren, die angeblich Kontakt zu den Taliban pflegen. Und gegen die Meditationsbewegung Falun Gong, deren Führer in Amerika lebt. Und gegen die Katholiken, die dem Papst in Rom die Treue halten. "Keiner soll China reinreden, zum Beispiel bei den Bischofsernennungen", sagt Helmolt Vittinghoff. Nur Mitglieder der regimenahen "Chinesischen Katholischen Patriotischen Vereinigung", die keine Beziehungen zum Vatikan hat, dürfen ihren Glauben frei ausüben. Die romtreue Untergrundkirche ist verboten, ihre Anhänger werden verfolgt und müssen sich heimlich treffen. Kommen die Behörden dahinter, reißen sie die "Heimkirchen" oft ab.

Den registrierten Christen gegenüber zeigt sich die Regierung dagegen großzügig. In Pekings Außenbezirken baut sie gerade für drei Millionen Euro zwei neue protestantische Kirchen.