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Regisseur Bertrand Tavernier gestorben

25. März 2021

Mit Bertrand Tavernier verliert Frankreich einen seiner großen Intellektuellen und einen seiner besten Filmemacher. Seine Werke schrieben Kinogeschichte.

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Frankreich Bertrand Tavernier gestorben
Bild: Rocco Spaziani/dpa/picture alliance

"Bertrand Tavernier liebte alles am Kino. Krimis, Science-Fiction, Western, Musicals, kleine und große Filme", schreibt Frankreichs Tageszeitung "Le Monde" in ihrem Nachruf auf den Filmemacher, der am Donnerstag im Alter von 79 Jahren im südfranzösischen Sainte-Maxime gestorben ist. In seinen Filmen interessierte er sich für Machtintrigen, Gewaltexzesse, ebenso wie für Liebesdramen und die Ärmsten der Welt. Bertrand Tavernier gilt als einer vielfältigsten und zugleich anspruchsvollsten Regisseuren des französischen Kinos. Seinen Tod teilte das Filminstitut Lumière mit Sitz in Lyon auf Twitter mit.

Zusammen mit Volker Schlöndorff hatte Tavernier das Lycée Henri IV in Paris besucht, das angesehenste Gymnasium in Frankreich. Er studierte zunächst Jura, bevor er über das Schreiben von Filmkritiken zur Regie fand.

Tavernier ging seinen eigenen Weg im Kino

Bereits als 14-Jähriger führte er genau Buch über seine Lieblingsfilme. Tavernier weigerte sich, einer bestimmten Gruppe anzugehören. So zählte er nicht zur Bande der kämpferischen Erneuerer des Kinos, der Nouvelle Vague um Truffaut, Godard, Rivette oder Rohmer, die mit der vorherigen Generation abrechnen mussten.

International bekannt wurde Tavernier mit "Der Uhrmacher von St. Paul" (1974). Sein Debüt ist eine berührende Studie über einen Vater, dessen Sohn des Mordes beschuldigt wird. Philippe Noiret spielt beeindruckend intensiv einen stillen Uhrmacher aus Lyon, dessen Leben aus den Fugen gerät. Ein leiser, sensibler Kriminalfilm nach einem Roman von George Simenon. Dafür erhielt Tavernier den Silbernen Bären auf der Berlinale. Es folgten weitere erfolgreiche Filme, die er zum Teil mit vielen Stars der Kinobranche drehte: Isabelle Huppert in "Der Richter und der Mörder", Romy Schneider und Harvey Keitel in dem Science-Fiction "Der gekaufte Tod". Für "Der Lockvogel", der von der Gewaltbereitschaft der Jugend handelte, wurde er 1995 mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet.

Filme zeigten die Vielfalt der Welt

Taverniers Filme beleuchteten ganz verschiedene Themen und Orte, und sie spielten in der Vergangenheit wie in der Zukunft. Sein Markenzeichen waren komplexe Kamerabewegungen sowie unerwartete Nahaufnahmen und eine unverhohlene Gesellschaftskritik. Er drehte Krimis, Psychothriller, Historienfilme, Science-Fiction und Romanzen. Dass er in keine Kategorie passte, hat ihm stets gefallen, wie er einmal in einem Interview sagte. 2015 wurde Tavernier mit dem Goldenen Ehrenlöwen für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Er sei ein "nonkonformistischer und couragiert vielseitiger Autor", erklärte auch die Jury des Filmfests in Venedig.

In seinen letzten Lebensjahren hatte er sich immer mehr zu einem engagierten Filmer, Humanisten und diskreten Mahner entwickelt. In "Es beginnt heute" (1999) kommen die Ärmsten der Gesellschaft zu Wort, in "De l'autre côté du périphérique" (1998) die Ausgegrenzten in den Pariser Vorstädten. "Ich will nicht die Welt verbessern, aber zeigen, wie sie ist und wie sie vielleicht sein könnte", sagte Tavernier einmal.

so/pj (mit dpa)