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Reden mit dem Feind?

26. Februar 2010

Seit acht Jahren kämpft der Westen am Hindukusch. Inzwischen ist klar: Die Strategie muss geändert werden, sogar Gespräche mit den Taliban stehen nun im Raum. Kann das die Lösung sein?

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ISAF-Soldaten in der afghanischen Provinz Helmand laufen bei Sonnenuntergang an den offenen Fenstern eines Hauses vorbei (Foto: dpa)
Neues Konzept der ISAF in HelmandBild: picture-alliance/ dpa
Karte von Afghanistan mit der südafghanischen Provinz Helmand (Grafik: DW)
Bild: DW

Operation Muschtarak ist der erste große Test für die von den USA vorgegebene Strategie zur Aufstandsbekämpfung: Die gemeinsame Großoffensive der NATO und der afghanischen Armee in der südafghanischen Provinz Helmand soll einen Keil zwischen die Zivilbevölkerung und die Taliban treiben. Mitläufer sollen ermutigt werden, ihre Waffen niederzulegen. Denn im paschtunisch geprägten Süden sind die Taliban bis heute ein fester Bestandteil der Gesellschaft.

Das weiß auch Marc Sedwill, der zivile Repräsentant der NATO in Afghanistan. Wichtig sei, dass man die Komplexität dieses Aufstands verstehe. "Rund zwei Drittel der Männer kämpfen nur wenige Kilometer von zu Hause entfernt. Wir glauben, dass wir sie zurückholen und in den politischen und ökonomischen Prozess eingliedern können." Diese Kämpfer hätten sich aus den unterschiedlichsten, lokalen Gründen den Taliban angeschlossen. "Sie kämpfen zwar mit, aber nicht für die Taliban", erklärt Sedwill.

Zurück in die Gesellschaft

Der afghanische Präsident Hamid Karsai (Foto: AP)
Karsai will ZusammenarbeitBild: AP

Trotzdem sind diese Kämpfer Paschtunen wie die Taliban - Menschen, deren Leben durch jahrhunderte alte Traditionen und Religion geprägt ist. Der afghanische Präsident Hamid Karsai habe bereits die wichtigsten Vorbedingungen für die Reintegration deutlich formuliert, sagt Sedwill. "Die Kämpfer müssen die afghanische Verfassung respektieren, was die Rechte von Frauen und ethnischen Minderheiten einschließt. Sie müssen sich von Gewalt und terroristischen Gruppen wie Al Kaida lossagen." Wenn sie bereit seien, das zu tun, gebe es für sie einen ehrenhaften Weg zurück in die Gesellschaft. "Aber wenn sie weiter die afghanische Regierung bekämpfen und an ihrer Ideologie festhalten, dann werden wir sie weiter entschlossen militärisch bekämpfen", betont der NATO-Repräsentant.

Die Richtung ist klar

Auch wenn die Details noch unklar sind: Die NATO-Staaten stellen für das Aussteigerprogramm viele Millionen Dollar bereit. Es soll die Taliban-Führung isolieren und die Extremisten zu Gesprächen mit Präsident Hamid Karsai zwingen. Karsai hatte kürzlich bekräftigt, dass er eine Regierung der Einheit für alle Afghanen wolle. "Ich kenne keine Gegner. Alle, die mit mir zusammenarbeiten wollen, sind herzlich willkommen."

Kai Eide auf Pressekonferenz in Kabul (Foto: AP)
Eide: Gespräche sind durchaus eine LösungBild: AP

Nach mehr als acht zermürbenden Jahren in Afghanistan hat sich auch im Westen die Erkenntnis durchgesetzt, dass es in diesem Krieg keinen Sieger geben wird, und dass es Gespräche mit dem erklärten Feind geben muss. Das Reintegrationsprogramm habe ohne einen politischen Versöhnungsprozess keine Chance, sagt Kai Eide, der scheidende Sondergesandte der Vereinten Nationen. "Aber solche Prozesse brauchen Zeit. Ich habe vorgeschlagen, einzelne Namen von der Sanktionsliste zu streichen. Das ist ein symbolischer und politisch wichtiger Schritt." Auch die Liste der Gefangenen im US-Stützpunkt Bagram sollte kritisch durchschaut werden, ob die Verhafteten wirklich alle nach Bagram gehörten. "Das wären zwei wichtige, vertrauensbildende Maßnahmen, um den Prozess zu starten", glaubt Eide.

Mit wem reden?

Doch was folgt danach? Kai Eide schließt den Taliban-Führer Mullah Omar nicht aus. Wenn man von der anderen Seite Signale empfange, könne man durchaus politisch über den Frieden sprechen. "Wenn wir relevante Ergebnisse wollen, müssen wir mit den relevanten Personen sprechen, die Autorität haben."

Autorin: Sandra Petersmann
Redaktion: Nicole Scherschun

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