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Radfahren: Holländer und Dänen machen es vor

Christoph Hasselbach3. Juni 2015

Der 3. Juni ist Europäischer Tag des Fahrrads. In einigen Ländern boomt das Radfahren, in anderen führt es ein Schattendasein. Warum, das erklärt Holger Haubold vom Europäischen Radfahrerverband ECF.

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Radfahrer vor Stadtkulisse Foto: picture alliance / PIXSELL
Radweg in Kopenhagen, einem Paradies für RadfahrerBild: picture alliance / PIXSELL

DW: Herr Haubold, die Niederländer und Dänen sind nicht nur Spitzenreiter beim Radfahren in Europa, das Radfahren nimmt dort auch weiter zu, was nicht für alle EU-Staaten gilt. Was machen diese beiden Nationen richtig?

Haubold: Dort wird viel investiert in gute Infrastruktur, aber auch in Maßnahmen wie Radfahrerziehung. Das macht schon viel aus in diesen beiden Ländern.

Man hat nicht in jeder Stadt so viel Platz wie im eher weitläufigen Kopenhagen. Sollten Radwege auf Bürgersteigen sein, oder sollte man den Autos den Platz wegnehmen?

Radwege auf Bürgersteigen sind keine gute Idee, weil sich dann Radfahrer und Fußgänger viel zu oft in die Quere kommen. Radfahrer sollten möglichst auf der Straße Platz bekommen. Und wo es möglich ist, kann man auch Radwege mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kombinieren.

Holger Haubold Foto: ECF
Holger Haubold: "In Infrastruktur investieren"Bild: ECF

In Deutschland ist nach dem Eurobarometer der Anteil der mit dem Rad zurückgelegten Wege in vier Jahren leicht von 13 auf 12 Prozent zurückgegangen. Haben Sie eine Erklärung dafür?

In Deutschland merken wir, dass vor allem in einigen größeren Städten, etwa in Berlin, der politische Wille fehlt, den Radverkehr zu fördern. Das könnte da eine Rolle spielen.

Was hindert Leute am Radfahren? Ist es eine Frage der Sicherheit?

Was wir merken, ist, dass es vor allem eine Frage der subjektiven Sicherheit ist. Das heißt, die Leute fühlen sich nicht unbedingt sicher auf dem Rad, auch wenn die Zahlen zeigen, dass Radfahren nicht gefährlicher ist als zu Fuß zu gehen oder mit dem Auto zu fahren.

Welche Rolle spielen Elektroräder? Ersetzen sie gewöhnliche Fahrräder, oder kommen sie zum Bestand noch dazu?

Teils, teils. Viele Leute kaufen sich ein Elektrofahrrad anstelle eines normalen Fahrrads. Aber wir sehen auch, dass es bestimmten Gruppen, die bis jetzt wenig Fahrrad fahren, hilft, wieder zum Fahrradfahren zu kommen. In Deutschland gibt es jetzt zum Beispiel über zwei Millionen E-Bikes auf den Straßen, und das ist eine sehr gute Entwicklung.

Infografik beste und schlechteste Fahrradländer Europas
Frage: Benutzen Sie an einem normalen Tag vor allem das Fahrrad, um von A nach B zu kommen?

Andererseits häufen sich die Unfälle mit den elektrischen Fahrrädern. Muss sich da technisch oder im Verhalten etwas ändern?

Man muss unterscheiden. Die sogenannten Pedelecs sind nach der EU-Definition bei 25 km/h abgeregelt. Bei ihnen ist das Unfallrisiko nicht wesentlich erhöht. Die Speed-E-Bikes können bis zu 45 Stundenkilometer fahren. Das ist aber eine andere Kategorie, die zählen nicht als normale Fahrräder, sondern als kleine Krafträder, für die auch ein besonderer Versicherungsschutz vorhanden sein muss.

Wie sieht es mit dem Helm aus? Auffällig ist ja, dass die großen Fahrradnationen, zum Beispiel die Holländer und Dänen, kaum Helm tragen.

Fahrradhelme tragen nach unseren Informationen nicht wesentlich zur Sicherheit bei. Es geht eher um eine Frage der subjektiven Sicherheit. Wenn sich jemand mit Helm sicherer fühlt und mehr Fahrrad fährt, ist das gut. Aber es sollte auf keinen Fall eine Helmpflicht geben, weil es viel bessere Möglichkeiten gibt, die Sicherheit auf dem Fahrrad zu erhöhen.

Viele sagen auch, dass eine Helmpflicht Leute vom Fahrradfahren abhält.

Ja, der Meinung sind wir auch. Das hat sich auch in Australien gezeigt wo es eine Helmpflicht gibt. Dort ist dann das Fahrradfahren um ein Drittel zurückgegangen. Das ist auf jeden Fall der falsche Weg.

Radfahrer mit Helm Foto: picture-alliance/dpa
Eine Helmpflicht kann vom Radfahren abhaltenBild: picture-alliance/dpa

In den Niederlanden gaben in der jüngsten Umfrage 36 Prozent an, vor allem mit dem Rad von A nach B zu kommen. Das ist der europäische Spitzenwert. Welche Anteile halten Sie in Europa für möglich?

Unser Ziel ist, den Anteil in Europa von heute durchschnittlich sieben bis acht Prozent bis 2020 auf 15 Prozent zu verdoppeln.

Was müsste passieren, um dieses Ziel zu erreichen?

Wir brauchen Investitionen in Radfahrinfrastruktur. Da gehen zum Beispiel Paris und London jetzt mit gutem Beispiel voran. Paris hat den ehrgeizigen Plan, bis 2020 die Fahrradhauptstadt der Welt zu werden. London baut Fahrradschnellwege. Das ist die Richtung, die man überall in Europa einschlagen sollte.

Spielt in London auch die Innenstadtmaut für Autos eine Rolle?

Auch das ist eine Möglichkeit, die Leute dazu zu bringen, über ihr Mobilitätsverhalten nachzudenken und das Fahrradfahren für sich zu entdecken.

Holger Haubold arbeitet für den Brüsseler Fahrradlobbyverband European Cyclists' Federation, ECF.