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Rückkehr nach Europa

Thomas Szabo 8. Dezember 2002

Ungarn gilt als Musterschüler unter den neuen Mitgliedern. Die wirtschaftlichen Leistungen sind beachtlich. Die Bevölkerung freut sich auf die EU. Mit dem Beitritt will Ungarn seine politische Wendezeit abschließen.

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Haus des Terrors in Budapest:<br>Museum zum Gedenken an die Opfer des KommunismusBild: AP

Die West-Integration ist für Ungarn seit dem Fall der Berliner Mauer vorrangiges Ziel. 1994 beantragte das Land die EU-Mitgliedschaft. Seitdem ist es bemüht, die EU-Kriterien zu erfüllen und die Verhandlungen erfolgreich zu Ende zu führen. Weit vorangeschritten ist die wirtschaftliche Integration: Im Jahre 2001 gingen fast drei Viertel der ungarischen Ausfuhren in die Europäische Union, die Importe aus den Mitgliedstaaten lagen bei 58 Prozent.

Freiheit und Marktwirtschaft

Mit seinen 10,16 Millionen Einwohnern wies Ungarn zuletzt ein beachtliches Wirtschaftswachstum von 3,8 Prozent auf. Tamás Tóth, Sprecher des ungarischen Außenministeriums, führt die bisherigen Leistungen des Landes vor allem auf den gelungenen Weg in die Demokratie zurück. "Das Wichtigste ist für mich, dass Ungarn ein demokratischer Staat ist, in dem die Freiheitsrechte zur Geltung kommen, in dem parlamentarische Demokratie herrscht und eine stabile Marktwirtschaft existiert."

Seit vier Jahren laufen die konkreten Beitrittsverhandlungen mit der EU. Inzwischen sind 26 Kapitel abgeschlossen. Das Klima der Verhandlungen sei gut gewesen, Probleme seien nicht aufgetreten, sagt Tamás Tóth. Auch die EU-Verhandlungsführer hätten sich mehrfach anerkennend zu den Bemühungen Ungarns geäußert. Nun sei es eines der am besten vorbereiteten Länder, so Tóth, denn es habe die Aufgaben ernst genommen. Die Mängelliste sei von Jahr zu Jahr kürzer geworden.

Gestiegenes Haushaltsdefizit

Doch es gibt noch einiges zu tun: Der neueste Länderbericht im Oktober 2002 kritisiert Rückstände in der Agrar-, Regional- und Umweltpolitik und fordert eine Reform des maroden Gesundheitswesens. Brüssel verlangt auch den Abbau des Haushaltsdefizits, das im laufenden Jahr voraussichtlich bei 8,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen wird. 2001 betrug es hingegen nur 4,3 Prozent. Die Staatsverschuldung erreichte Ende 2000 55,7 Prozent des BIP.

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Die Ungarn öffnen ihre Grenzen 1989

Die Ungarn sind sich sicher, das Land wird von dem Beitritt in der EU profitieren, nicht nur wirtschaftlich. Schließlich handele es sich auch um die Mitgliedschaft in einer Wertegemeinschaft, meint Tamás Tóth. Der Beitritt bedeute für Ungarn unwiderruflich den Abschluss eines Systemwechsels. "Das Land schließt sich dem Europa an, dem es in seiner mehr als 1100-jährigen Geschichte immer angehört hat", so Tóth

Wachsende Zustimmung für Beitritt

Eben das spürt auch die Bevölkerung und unterstützt deshalb den EU-Beitritt, wie Umfragen zeigen. Seit 1995 liegt die Zustimmung bei über 65 Prozent, den jüngsten Ergebnissen zufolge ist sie sogar noch weiter gewachsen ist. Diese hohe Zustimmungsrate hänge auch mit der Überzeugungsarbeit der Politik zusammen, meint Tóth. Denn wie ihre Vorgänger rührt auch die jetzige sozial-liberale Koalitionsregierung unter Premier Péter Medgyessy fleißig die Werbetrommel.

Aus ungarischer Sicht steht die EU vor einem historischen Schritt. Tamás Tóth ist überzeugt, dass sich die Aufnahme Ungarns auch für die EU lohne. "Die Sphäre der Stabilität und Prosperität erstreckt sich damit auch auf Osteuropa. Ökonomisch gesehen wächst der Markt, wo die Interessen der EU und auch die Interessen Deutschlands präsent sein können", sagt Tóth. Ungarn bringe sich zudem mit geistigen und wirtschaftlichen Werten in die EU ein, die dadurch
stärker sein werde. Damit steige auch die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen wirtschaftlichen und politischen Machtzentren - etwa den USA und Japan. "Ich denke, dies signalisiert eindeutig: Mit dem Beitritt Ungarns wird die EU gewinnen", so Tóth.