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Qualmen statt COVID? Wie Rauchen vor Corona schützt

Angela Klingmüller
24. September 2021

Wer raucht, infiziert sich seltener mit SARS-CoV-2. Ein Forscherteam aus Japan fand heraus, wie der blaue Dunst in der Zelle wirkt - und warum Rauchen dennoch keine gute Idee ist.

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Ein Mann mit Schutzmaske raucht
Krebserregende Substanzen im Zigarettenrauch hemmen die Bildung von ACE2Bild: Getty Images/A. Pantling

Seit Beginn der Pandemie ist die Rolle von Rauchen als präventiver Faktor für eine Infektion mit SARS-CoV-2 in der Wissenschaft kontrovers diskutiert worden.

Ja, richtig gelesen: Mehrere Untersuchungen hatten schon kurz nach Beginn der Pandemie nahegelegt, dass Rauchen mutmaßlich das Risiko einer Infektion mit dem SARS-CoV-2 senke und so einige Raucherinnen und Raucher aufatmen lassen.

Eine französische Studie beispielsweise hatte alle mit SARS-CoV-2 Infizierten eines Pariser Krankenhauses bezüglich ihres Rauchverhaltens untersucht. Es stellte sich heraus, dass nur 5 Prozent der Infizierten rauchten, und damit deutlich weniger, als in der restlichen französischen Gesamtbevölkerung - denn dort rauchen rund 25 Prozent.

Dieses sogenannte "Smoker's Paradox" zeigte sich in diversen anderen Studien, wobei die genauen Mechanismen bislang nicht abschließend geklärt werden konnten. Jetzt sind Forschende aus Hiroshima dem möglicherweise einen großen Schritt nähergekommen.

ACE2 lässt das Coronavirus in die Zelle

Sie untersuchten die Eintrittspforte des Coronavirus in die Zelle namens ACE2 (angiotensin-converting enzyme 2), ein Protein in der Zelloberfläche, das als Rezeptor für SARS-CoV-2 dient. Dockt das Coronavirus mit seinem Spikeprotein an ACE2, wird es in die Zelle aufgenommen und infiziert sie so. Ziel der Experimente war es herauszufinden, unter welchen Bedingungen Zellen die Produktion des Rezeptorproteins ACE2 hoch- bzw. runterfahren.

Ein Krankenpfleger in Schutzkleidung raucht
Das Risiko für einen schweren COVID-Verlauf ist laut WHO für Raucherinnen und Raucher 40-50 Prozent höherBild: picture-alliance/dpa/K. Willens

Keiji Tanimoto und sein Team suchten zunächst nach solchen Zellen, die besonders viel ACE2 auf ihrer Oberfläche tragen und stießen auf sogenannte HepG2-Zellen. Diese Zellen setzten sie in ihrem Experiment für 24 Stunden unterschiedlich hohen Mengen hergestellten Zigarettenrauchextrakts aus und machten einen überraschenden Fund: Je höher die Menge an Zigarettenrauch, desto weniger ACE2 bildeten die Zellen, d.h. desto weniger Eintrittspforten für das Virus gab es.

Krebserregende Substanzen hemmen die Bildung von ACE2

Die japanischen WissenschaftlerInnen führen dies auf im Zigarettenrauch enthaltene sogenannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (auch bekannt als PAK oder PAH) zurück. PAK sind zwar hochgradig krebserregende Substanzen, aber der von ihnen aktivierte Rezeptor in der Zelle (aryl hydrocarbon receptor, kurz AHR) konnte in diesem Experiment als wichtiger Hemmer von ACE2 identifiziert werden.

Zumindest unter Laborbedingungen scheint Zigarettenrauch das Eindringen von SARS-CoV-2 in seine Zielzellen und somit deren Infektion also tatsächlich zu verhindern, indem die in ihm enthaltenen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe die Andockstelle für das Virus runterfahren.

Das heißt, erstmal eine rauchen?

Nein! Hieraus leitet sich keine Empfehlung zum Rauchen ab. Abseits dieser Erkenntnisse sind Raucherinnen und Raucher bei einer COVID-19-Infektion deutlich gefährdeter. Das Risiko, bei einer COVID-19-Erkrankung einen schweren Verlauf zu entwickeln bzw. zu versterben, ist laut WHO für Raucherinnen und Raucher 40-50 Prozent höher.

Auch eine jüngst veröffentlichte großangelegte Studie aus Großbritannien bestätigt dies: Raucher, die sich erst einmal mit SARS-CoV2 infiziert haben, haben ein wesentlich höheres Risiko für einen komplizierten und tödlichen Verlauf der Erkrankung. Rauchen empfiehlt sich also weiterhin nicht.