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Putschgerüchte als Abwechslung

Alexandra von Nahmen30. Januar 2008

Auch in Russland wird ein neuer Präsident gewählt. Doch während die Medien mit Spannung auf die Vorwahlen in den USA schauen, dümpelt der Wahlkampf in Russland langsam vor sich hin.

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Bild: DW

"Ich weiß wirklich nicht, worüber ich berichten soll. Dieser Wahlkampf ist einfach nur langweilig", beschwert sich ein befreundeter Kollege einer TV-Anstalt. Wir sprechen über mögliche Reportagen und Hintergrundberichte, die man im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen Anfang März machen könnte, und sind uns schnell einig: Der Wahlkampf hat bisher wirklich wenig Spannendes zu bieten.

Zweifelhafter Ruf

Zuletzt sorgte das Aus für den liberalen Oppositionskandidaten Michail Kasjanow für Schlagzeilen gesorgt. Eine echte Chance hatte er ohnehin nicht. In den Umfragen lag der ehemalige Ministerpräsident bei nur einem Prozent der Stimmen, bei den meisten Russen genießt Kasjanow, dem immer wieder Korruption vorgeworfen wird, einen zweifelhaften Ruf.

Nachdem aber andere Oppositionspolitiker wie der Ex-Schachtweltmeister Kasparow oder der Liberale Nemzow nicht angetreten waren, galt Kasjanow als der einzige Kandidat, der in offener Opposition zum Kreml steht. Ein Kandidat, der pikanterweise einst zu Putins engsten Vertrauten zählte.

Zurückhaltende Gegenkandidaten

Nun gehen nur noch vier Kandidaten ins Rennen um die russische Präsidentschaft. Viel Abwechslung und einen regen Schlagabtausch darf man von ihnen wohl nicht erwarten.

Der Kommunist Gennadi Sjuganow präsentiert sich zwar als echter Oppositionskandidat, immer wieder aber wird gemunkelt, dass er dem Kreml näher steht als offiziell bekannt. Der Nationalist Wladimir Schirinowski ist zwar für provokative Auftritte bekannt, hält sich aber mit Kritik an den Machthabern zurück. Als kremltreu gilt auch der bislang wenig bekannte dritte Kandidat, Andrej Bogdanow.

Und der vierte im Bunde, der Mann, der höchstwahrscheinlich die Wahlen haushoch gewinnen wird? Putins Wunschnachfolger, Dmitrij Medwedew, hat mit seinen Auftritten bisher für keine Überraschung gesorgt. Seine erste programmatische Rede vor wenigen Tagen in Moskau blieb vage. Kürzlich ließ Medwedew sogar verkünden, an keinen Fernsehdebatten mit Beteiligung seiner Konkurrenten teilnehmen zu wollen.

Verschwörungstheorien

Kein Wunder also, dass vor diesem Hintergrund Gerüchte und Verschwörungstheorien Hochkonjunktur haben. "Putin verstärkt Medwedews Personenschutz." Diese Meldung zählte zu den spannendsten der letzten Wochen. Und in der Tat mehren sich Hinweise darauf, dass hinter der Kulisse der Präsidentschaftswahlen ein neuer Kampf um Macht und Geld tobt. Ein Kampf, der vereinfach als eine Auseinandersetzung zwischen den Hardlinern und den Liberalen im Kreml dargestellt wird.

Haben die ehemaligen KGB-Leute um Putin dem Präsidenten wirklich nicht verziehen, dass er einen mutmaßlich liberalen Kandidaten zu seinem Nachfolger bestimmte? Es gibt jedenfalls politische Beobachter, die von einer trügerischen Ruhe sprechen, der nicht zu trauen ist. Von Putschgerüchten ist die Rede und davon, dass in Russland selten ein Machtwechsel friedlich vonstatten gegangen ist.

Der Präsidentschaftswahlkampf in Russland läuft an. Er verspricht nicht besonders spannend zu werden. Russland selbst wird es aber immer bleiben: Spannend und unberechenbar.