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Offene Konfrontation

4. Juni 2007

Der russische Präsident Wladimir Putin verschärft vor dem G8-Gipfel den Ton im Streit um den geplanten US-Raketenschild in Osteuropa. Er droht mit "Vergeltung", sollten die USA an ihrem Rüstungsvorhaben festhalten.

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Wladimir Putin mit erhobenem Zeigefinger
Machtpolitiker Putin droht (Archivbild)Bild: AP

Russische Raketen könnten "auf neue Ziele in Europa" gerichtet werden, deutete Wladimir Putin in einem Interview mit ausländischen Journalisten am Montag (4.5.2007) an. US-Präsident George W. Bush wurde unterdessen in Tschechien erwartet, wo ein Teil des Raketenabwehrsystems errichtet werden soll. Das geplante System wäre ein integraler Bestandteil des US-Atomarsenals in Europa, erklärte Putin.

Rhetorik des Kalten Krieges

Das strategische Gleichgewicht würde dadurch gestört und Russland müsste auf die Bedrohung reagieren. Er hoffe jedoch, dass die US-Regierung ihre Pläne noch ändere. "Wenn das nicht geschieht, weisen wir die Verantwortung für unsere Vergeltungsschritte zurück, denn wir sind nicht die Initiatoren des neuen Wettrüstens, das ohne Zweifel in Europa brodelt." Weder der Iran noch Nordkorea verfügten über die Raketen, vor denen das System angeblich schützen solle, sagte Putin den Medienvertretern.

Der Iran erklärte, die amerikanische Behauptung, man müsse Europa vor iranischen Raketen schützen, sei "der Witz des Jahres". Der oberste Sicherheitsbeauftragte der Teheraner Regierung, Ali Laridschani, sagte der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA: "Die iranischen Raketen können auf Grund ihrer Reichweite gar nicht bis nach Europa fliegen." Westliche Beobachter gehen davon aus, dass der Iran an einer Schahab-4-Rakete mit einer Reichweite von 2000 bis 3000 Kilometern arbeitet. Teheran hat entsprechende Berichte aber nie bestätigt.

Gespaltene Raktionen

Europa sei der wichtigste Handelspartner Irans, betonte Laridschani. Es sei unlogisch, von einer Bedrohung durch iranische Raketen auszugehen. Die Diskussion um den geplanten US-Raketenschild sollte auch beim Besuch von US-Präsident Bush in Tschechien zur Sprache kommen. Der britische Premierminister Tony Blair nannte Putins jüngste Äußerungen beunruhigend. Ganz Europa sei besorgt über Russlands Verhalten und werde diese Sorge auch zum Ausdruck bringen, erklärte Blairs Sprecher. Großbritannien strebe eine "konstruktive Beziehung" zu Russland an, deren Funktionieren aber ebenso von Moskau abhänge wie von London.

Symbolbild USA Iran Flagge Atom Ahmadinedschad und George Bush
Gegner auf der Weltbühne: Präsident Mahmud Ahmadinedschad (li.) und George W. Bush (re.)Bild: AP Graphics

Die NATO hat die Warnung von Russlands Präsident Wladimir Putin vor einem neuen Wettrüsten in Europa als "nicht hilfreich und nicht erwünscht" bezeichnet. "Meines Wissens ist Russland das einzige Land, das darüber spekuliert, Raketen auf Europa zu richten", sagte der Sprecher des Militärbündnisses, James Appathurai, am Montag in Brüssel.

Trübe Aussichten für Heiligendamm

Russlands harsche Drohungen belasten immer mehr den bevorstehenden G8-Gipfel. Gastgeberin und Bundeskanzlerin Angela Merkel muss damit rechnen, dass Putin am Mittwoch (6.6.2007) in Heiligendamm die offene Konfrontation mit seinem US- Kollegen George W. Bush sucht. Merkel will die Themen Klimaschutz und Afrikahilfe in den Mittelpunkt der dreitägigen Beratungen der sieben führenden Industriestaaten und Russlands (G8) stellen. Ihre Absicht, Klimaschutzziele festzuschreiben, erhielt am Montag einen weiteren Dämpfer. Nach den USA kündigte auch China - Gast der G8 und Nummer zwei der Luftverschmutzer - an, verbindliche Vorgaben abzulehnen. (vem)