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Der neue Putin

15. April 2008

Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Weichen für die Zeit nach seinem Ausscheiden gestellt. Er nahm das Angebot der Partei "Geeintes Russland" an, ihre Führung mit erweiterten Kompetenzen zu übernehmen.

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Präsident Wladimir Putin applaudiert auf dem Parteitag von "Geeintes Russland" (15.4.2008, Quelle: AP)
Ein wenig SelbstlobBild: AP

Putin hat sich eine breite Macht gegenüber seinem Nachfolger an der Staatsspitze verschafft. Als eine Art Generalsekretär erhält er die volle Kontrolle über die strategische Ausrichtung der Partei "Geeintes Russland". Sie hat in der Staatsduma, dem Parlament Russlands, eine Zwei-Drittel-Mehrheit und kann damit auch die Verfassung ändern.

Putins neuer Weg

Präsidentschaftsnachfolger Medwedew sitzt mit Putin vor einer russischen Fahne(7.3.2007, Quelle: AP)
Putin mit seinem Nachfolger MedwedewBild: AP

Er sei bereit, die zusätzliche Verantwortung zu tragen und "Geeintes Russland" zu führen, sagte Putin am Dienstag (15.4.2008) auf dem Parteitag in Moskau. Die Rede wurde live im staatlichen Fernsehen übertragen. Putin will ins Amt des Ministerpräsidenten wechseln, wenn er die Präsidentschaft an seinen Wunschnachfolger Dmitri Medwedew übergeben hat. Der Staatschef kann einen Regierungschef entlassen, braucht zur Ernennung eines Nachfolgers aber die Zustimmung des Parlaments und damit der Partei.

Die Entscheidung stärke Putins Gewicht als nationaler Spitzenpolitiker, sagte der Abgeordnete und Delegierte Sergej Markow. "Medwedew wird Chef des Staates und der Russischen Föderation, aber der politische Führer des Landes bleibt Putin."

Medwedew erklärte in seiner Rede vor den Delegierten des Parteitages, er werde zunächst nicht Mitglied der Partei. Dieser Schritt sei verfrüht. Er wolle als Präsident partei-ungebunden bleiben.

Umstrittene Macht

Putin ist der beliebteste Politker in Russland (13.4.2008, Quelle: dpa)
Spitzenposition - auch bei UmfragenBild: picture-alliance/dpa

Putin muss die Präsidentschaft nach zwei Amtszeiten gemäß der Verfassung aufgeben. Er ist aber der mit Abstand beliebteste Politiker des Landes. Vielen gilt er nach den chaotischen 1990er-Jahren unter seinem Vorgänger Boris Jelzin als Garant für Stabilität und eine Fortsetzung des Wirtschaftsbooms, der Russlands Bruttoinlandsprodukt zuletzt auf 800 Milliarden Euro getrieben hat. Das entspricht etwa einem Drittel der deutschen Wirtschaftsleistung.

Plenum des Parteitags von "Geeintes Russland" in Moskau (14.4.2008, Quelle: AP)
Einstimmig - Abstimmungen wie zu SowjetzeitenBild: AP

Kritiker werfen Putin vor, in den acht Jahren an der Staatsspitze die russische Demokratie ausgehöhlt zu haben und sich wie ein Zar zu gebärden. "Geeintes Russland" weist zwar jeden Vergleich mit der kommunistischen Partei (KPdSU) zur Zeiten der Sowjetunion zurück. Sie hat aber Putins Posten mit sehr großer Macht ausgestattet: Sein Amt wird als "nationaler Führer" betitelt, und die Partei gab auf ihrem Kongress ein Bild ab, das zuletzt zu sowjetischen Zeiten zu erleben war: Jede Entscheidung wurde von den Delegierten in offener Abstimmung und einstimmig gefällt. Putins Reden wurden kostenlos verteilt, zusammen mit einer neuen Sammlung von Medwedews Ansprachen. Dieser wird Putin am 7. Mai ins Amt des Staatspräsidenten folgen. (vg)