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Vor Gericht

13. Januar 2010

In Teheran hat der Prozess gegen die sieben ehemals führenden Mitglieder der iranischen Baha'i-Gemeinde begonnen. Die Gruppe befindet sich bereits seit Mai 2008 in Haft, ohne dass sie vor Gericht geladen wurde.

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Baha'i-Führung im Iran (Foto: rechtefrei)
Seit Mai 2008 sitzen die ehemals führenden iranischen Baha'i im Gefängnis

Immer wieder war der Beginn des Prozesses ohne Angabe von Gründen verschoben worden. Am vergangenen Wochenende hat der Teheraner Staatsanwalt Abbas Dschafari Dolatabadi den Prozess gegen die Baha'i-Mitglieder mit den Protesten Ende Dezember zum Aschura-Fest begründet. Die Anklage wirft der ehemaligen Baha'i-Führung Spionage für Israel und Propaganda gegen die iranische Führung vor.

Die sieben Baha'i-Mitglieder werden von mehreren Anwälten des Menschenrechtszentrums um die Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi vertreten. Ursprünglich sollten die Baha'i von Ebadi persönlich verteidigt werden. Nach der umstrittenen Wiederwahl von Mahmud Ahmadinedschad und den Protesten der Opposition ist Ebadi jedoch bisher nicht von einer Auslandsreise in ihr Heimatland zurückgekehrt.

"Wir weisen die Anklage entschieden zurück", sagte der Menschenrechtsreferent der deutschen Baha'i-Gemeinde, Peter Amsler, gegenüber der Deutschen Welle. "Das sind politische Anklagen gegen religiöse Führer. Die Baha'i haben sich niemals parteipolitisch im Iran betätigt und niemals gegen die Interessen des Irans gehandelt."

"Schauprozess" und "Hinhaltetaktik"

Baha'i Garten in Haifa/Israel (Foto: AP)
Das Baha'i-Weltzentrum liegt im israelischen HaifaBild: AP

Westliche Politiker und Menschenrechtsaktivisten äußerten ebenfalls die Befürchtung, dass die Angeklagten wegen ihres Glaubens verfolgt und vor Gericht gestellt würden. Die Sprecherin für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Erika Steinbach, sprach von einem "Schauprozess". "Die Baha'i werden für die gegenwärtigen Unruhen im Land durch den Standardvorwurf des Zionismus verantwortlich gemacht", erklärte sie.

Dass der Prozess erst 20 Monate nach der Festnahme der Baha'i-Führung beginnt, interpretiert Amsler als "Hinhaltetaktik": "Nach den Unruhen zum Aschura-Fest, die ja auch gewaltsam ausgetragen wurden, hatte man den Baha'i vorgeworfen, sie seien dafür mitverantwortlich. Wir denken, dass das den Druck auf die Baha'i-Gemeinde noch einmal erhöht hat, so dass die Regierung jetzt davon ausgeht, dass die Zeit günstig sei."

Mahmud Ahmadinedschad (Foto: AP)
Mahmud Ahmadinedschad - ihm sind die Baha'i ein Dorn im AugeBild: AP

Meldungen, dass die Angeklagten gestanden hätten, trat Amsler entschieden entgegen. "Das ist eine Fehlmeldung der iranischen Regierung. Die Anklageschrift, die auch von den Anwälten eingesehen werden konnte, besagt, dass es keine individuelle Schuld gibt. Und deswegen gibt es auch nichts zu gestehen."

Kein faires Verfahren

Amsler bezweifelt, dass der Prozess gegen die Baha'i-Mitglieder fair abläuft. "Der erste Prozesstag hat drei Stunden gedauert. Es gab keine Öffentlichkeit. Das heißt, auch die Prozessbeobachter waren nicht zugelassen, und selbst die Anwälte hatten Schwierigkeiten, in das Gerichtsgebäude zu gelangen." Wann der Prozess fortgesetzt werde, sei noch nicht bekannt, sagte Amsler.

Die mystisch geprägte Baha'i-Religion hat weltweit mehr als sieben Millionen Anhänger, darunter etwa 350. 000 im Ursprungsland Iran. Im Gegensatz zum Juden- und Christentum sowie dem Zarathustrismus ist die Baha'i-Religion in der Islamischen Republik Iran weder anerkannt noch darf sie praktiziert werden.

Autorin: Anne Allmeling (afp,dpa,ap)
Redaktion: Diana Hodali