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Proteste gegen UN-Kommission in Sri Lanka

8. Juli 2010

Seit Tagen kommt es in Sri Lanka zu Demonstrationen gegen eine geplante UN-Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen während des Bürgerkriegs. Jetzt ist ein Minister in den Hungerstreik getreten.

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Proteste gegen die UN-Untersuchung an diesem Donnerstag in Colombo (Foto: AP)
Proteste gegen die UN-Untersuchung an diesem Donnerstag in ColomboBild: AP

Wimal Weerawansa isst nicht mehr. An diesem Donnerstag (08.07.) hat der srilankische Bauminister von der Nationalistischen NFF die Nahrungsaufnahme eingestellt - und das publikumswirksam inszeniert genau vor dem Gebäude der Vereinten Nationen in der Hauptstadt Colombo. Unterstützt wird er bei seiner Aktion von rund 100 Demonstranten, die ebenfalls vor den UN-Büros ausharren.

Bauminister Wimal Weerawansa (Foto: AP)
Bauminister Wimal WeerawansaBild: AP

Mit seinem Hungerstreik will Weerawansa die Auflösung einer UN-Kommission erzwingen. Sie soll prüfen, ob die srilankische Armee während der Endphase des Bürgerkriegs in dem Inselstaat Kriegsverbrechen begangen und die Menschenrechte verletzt hat. Der Bauminister hält diesen Verdacht für haltlos. Im Juni hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon das dreiköpfige Gremium eingesetzt. Innerhalb von vier Monaten sollen die Mitglieder unter Führung des ehemaligen indonesischen Justizuministers ihre Nachforschungen abschließen und Ergebnisse vorlegen.

Ausgelaugt nach einem Vierteljahrhundert Bürgerkrieg

Seit rund einem Jahr herrscht in Sri Lanka offiziell Friede - nachdem Regierungstruppen im Mai 2009 die letzten verbliebenen Stellungen der tamilischen LTTE-Rebellen, der "Befreiungstiger von Tamil Eelam", militärisch eingenommen hatten. Mehr als 25 Jahre hatten die Rebellen zuvor für die Unabhängigkeit und für einen eigenen Staat im Norden und Osten der Insel gekämpft, weil sie sich von der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit unterdrückt fühlten. Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge starben bei dem Konflikt insgesamt zwischen 80.000 und 100.000 Menschen.

Die UN gehen außerdem davon aus, dass allein in den letzten fünf Kriegsmonaten mehr als 7000 Zivilisten getötet wurden. Menschenrechtsgruppen werfen beiden Seiten - den Streitkräften und den LTTE-Rebellen - vor, in dieser Zeit bewusst Zivilpersonen ins Visier genommen und als menschliche Schutzschilde missbraucht zu haben.

Demonstranten verbrennen eine Puppe mit dem Gesicht von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon (Foto: AP)
Demonstranten verbrennen eine Puppe mit dem Gesicht von UN-Generalsekretär Ban Ki MoonBild: AP

Belagerung der UN-Büros

In Sri Lanka stößt die Einrichtung der Kommission auf Ablehnung. Die Regierung in Colombo sieht durch die UN-Untersuchung die Souveränität des Landes verletzt und hat ein eigenes Gremium eingesetzt, das den Vorwürfen selbst nachgehen und mögliche Menschenrechtsverletzungen überprüfen soll.

Schon zu Beginn der Woche hatten mehrere hundert Demonstranten - darunter auch Bauminister Weerawansa - stundenlang die Räumlichkeiten der UN in Colombo blockiert. Zuerst hatten sie versucht, das Gebäude zu stürmen, dann ließen die Demonstranten sich vor dem Eingangstor nieder, verbrannten eine Puppe mit dem Gesicht von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und hinderten die Mitarbeiter zeitweise am Verlassen des Gebäudes. Die Polizei beendete schließlich die Aktion und geleitete UN-Fahrzeuge vom Gelände.

Autorin: Esther Broders
Redaktion: Silke Ballweg