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Pressestimmen von Samstag, 6. Juli 2002

Martin Muno5. Juli 2002

Minister erlaubt E.ON-Fusion / DGB stützt Schröder / Bundestag novelliert Stasi-Gesetz

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Im Blickpunkt der Kommentatoren steht an diesem Samstag die Haltung der Gewerkschaften zu den Vorschlägen der Hartz-Kommission, das vom Bundestag verabschiedete Stasi-Unterlagen-Gesetz und die Minister-Erlaubnis zur Fusion der Energiekonzerne E.ON und Ruhrgas.

Dazu schreibt die in Berlin herausgegebene TAGESZEITUNG:

"Das Ja zur Fusion ist eine Entscheidung zur Bestandssicherung für alte Strukturen. Die Deutschland AG wird eben nicht aufgelöst, wie die Regierung suggeriert - sie wird lediglich neu sortiert. Auf der Strecke bleibt die Modernisierung. Damit erweisen sich die Sozialdemokraten einen Bärendienst."

In der OSTSEE-ZEITUNG lesen wir:

"Durch die Übernahme entsteht ein Imperium, das alle Konkurrenten in die Knie zwingen kann. Denn wer den Markt kontrolliert, diktiert die Preise. Damit könnte die Liberalisierung des Gasmarktes zum Scheitern verurteilt sein, bevor sie richtig losgegangen ist. Der freie Wettbewerb wird - mit Unterstützung der Bundesregierung - endgültig ausgehebelt."

Auch die FRANKFURTER RUNDSCHAU äußert sich kritisch:

"Sechs Mal erst hat es hier zu Lande eine Ministererlaubnis gegeben. Zwei Mal nur hat sich ein Ministerium, wie dieses Mal, über das Urteil der eigens mit der Interessensabwägung beauftragten Monopolkommission hinweggesetzt. Dass im konkreten Fall auch noch ein beamteter Staatssekretär an Stelle des persönlich möglicherweise befangenen Ministers entscheiden musste, lässt das Verfahren vollends fragwürdig erscheinen. Die undemokratische Ministererlaubnis gehört abgeschafft."

Die AUGSBURGER ALLGEMEINE geht auf die Zustimmung der Gewerkschaften zu den Reformvorschlägen der Hartz-Kommission ein. Wir lesen:

"Die Gewerkschaften wissen, dass die Existenz der SPD-geführten Bundesregierung auf dem Spiel steht. Vieles von dem, was die Hartz-Kommission vorschlägt, wäre vor kurzem noch auf ihren massiven, lautstarken Widerstand gestoßen. Aber sie halten still, um die Strategie des Bundeskanzlers nicht zu durchkreuzen. Damit hat Schröder im eigenen Lager freie Hand, das Ruder in letzter Minute herumzuwerfen und Maßnahmen anzukündigen, die lange Zeit nicht zuletzt auf Grund des Widerstandes der Gewerkschaften unterblieben sind."

Der MANNHEIMER MORGEN meint:

"Warum sollten die Gewerkschaften den Plänen der Hartz-Kommission ihre Zustimmung verweigern und damit Gerhard Schröder in den Rücken fallen? Mit diesem Konzept können sie gut leben, weil es weder in die Tarifautonomie eingreift noch den Arbeitsmarkt radikalen Strukturveränderungen unterzieht. Was nach der Wahl dann umgesetzt wird - darüber brauchen sich die Gewerkschaften heute nicht den Kopf zu zerbrechen."

Die WETZLARER NEUE ZEITUNG merkt an:

"Es gehört schon die Ausgebufftheit eines Gerhard Schröder dazu, sich einige Wochen vor der Wahl mit fremden und in Teilen sogar antisozialdemokratischen Ideen zu profilieren - und das ausgerechnet auf dem Gebiet der Arbeitsmarktpolitik, wo der Kanzler sein selbst gestecktes Ziel meilenweit verfehlt hat. Der, der gut dreieinhalb Jahre Zeit hatte, Reformen anzustoßen und alte Zöpfe abzuscheiden, lässt sich nun als Oberreformer feiern. Das ist ebenso dreist wie elegant."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG befasst sich mit dem neuen Stasi-Unterlagen-Gesetz:

"Der Maßstab für die Verwendbarkeit von Stasi-Erkenntnissen kann nicht allein die Menschenrechtsverletzung, sondern muss die Rechtswidrigkeit insgesamt sein. Das Stasi-Material über Amtsträger und 'Prominente' muss danach beurteilt werden, ob es gesetzwidrig beschafft wurde - im Osten war das selten, im Westen immer der Fall. Damals rechtswidrig beschaffte Erkenntnisse können nicht heute rechtmäßig verwertet werden, das wäre verfassungswidrig."

Und die SCHWERINER VOLKSZEITUNG kommentiert:

"Es macht schon nachdenklich, dass der Neufassung dieses Gesetzes nur die CDU/CSU und die PDS nicht zugestimmt haben. Letztere hat sich enthalten, was merkwürdig genug ist. Die Union will von früheren Absichtserklärungen nichts mehr wissen und kuscht erkennbar vor Helmut Kohl, der erneut vor Gericht ziehen will, wenn es um die ihn betreffenden Akten geht. Das wirft ein eigentümliches Licht nicht nur auf das Rechts-, sondern auch auf das Geschichtsverständnis des Historikers Helmut Kohl. Die Gründe kann man nur ahnen."