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Pressestimmen von Samstag, 23. Dezember 2006

Michael Wehling22. Dezember 2006

Stoiber-Vertrauter tritt in CSU-Spitzelaffäre zurück / Weihnachten steht vor der Tür

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Die Kommentatoren zahlreicher Zeitungen beschäftigen sich an diesem Samstag mit der Affäre um Bespitzelungsvorwürfe in der CSU, die den Büroleiter des bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber, Höhenberger, jetzt sein Amt gekostet haben. Die Fürther Landrätin Pauli, eine Kritikerin Stoibers hatte Höhenberger vorgeworfen, ihr Privatleben ausgeforscht zu haben. Beachtung findet in den Kommentarspalten zudem das bevorstehende Weihnachtsfest.

Zunächst aber zu so genannten Spitzelaffäre in der CSU. Die in Berlin erscheinende TAGESZEITUNG schreibt:

'Nun ist nicht bewiesen, dass die Kritikerin von Edmund Stoiber tatsächlich mit Informationen aus ihrem Privatleben unter Druck gesetzt werden sollte. Sehr wohl bewiesen aber ist, dass es in der Vergangenheit vielen Leuten nicht gut bekam, sich mit dem Ministerpräsidenten anzulegen. ... Jetzt aber steht Edmund Stoiber unter Druck. Wenn einer Landrätin gelingt, woran politische Schwergewichte gescheitert sind, dann gibt es dafür nur eine Erklärung: Der König steht im Schach. Ob das Bauernopfer des Büroleiters als Befreiungsschlag genügt, ist fraglich.'

Im MAIN-ECHO aus Aschaffenburg heißt es:

'Immer mehr wird deutlich, dass es wohl wahr ist, was Fürths Landrätin behauptet: Dass Stoibers Bürochef in ihrem Umfeld recherchierte, um Nachteiliges über die Politikerin in Erfahrung zu bringen. Doch es kommt noch schlimmer: Überall im Freistaat meldeten sich am Freitag CSU-Mitglieder zu Wort, die über Interventionen aus der Staatskanzlei gegenüber Abweichlern zu berichten wissen.'

Die LÜBECKER NACHRICHTEN weisen auf mögliche Weiterungen hin:

'Der Geist ist aus der Flasche - die Frage, ob Stoibers Büro nun irgendetwas über eine aufmüpfige Landrätin ausspionieren wollte oder nicht, tritt hinter die M-Frage zurück: Ist Edmund Stoiber noch der Mann, mit dem die CSU in knapp zwei Jahren ihre absolute Mehrheit in Bayern verteidigen kann? Das kommt nicht von ungefähr: Der Mann, der eben noch bei den Wählern Traumquoten einfuhr und für so ziemlich jedes Amt gehandelt wurde - ... wird zunehmend zur Belastung für seinen Laden.'

Ähnlich argumentiert die VOLKSSTIMME aus Magdeburg:

' Die Spatzen pfeifen es nicht nur von bayerischen Dächern: Edmund Stoiber, gewesener Kanzlerkandidat, Ex-Superministeranwärter und früherer Favorit für den EU-Kommissionsvorsitz, ist auf dem absteigenden Ast. ... Selbst wenn Stoiber im Gegensatz zum geopferten Büroleiter halbwegs heil aus der CSU-Spitzelaffäre herauskommt seine Zeit in politischer Voll-Verantwortung nähert sich rasant ihrem Ende.'.

Zum Abschluß dieses Themas noch ein Blick in den TAGESSPIEGEL aus Berlin:

'... Jetzt kommt erst einmal das Christenfest, selbstverständlich besonders wichtig für eine christlich-soziale Union, die sich noch dazu als Hort des wohlverstandenen Konservativismus sieht. Aber genau darum wird es dann anschließend gehen, ... : um die Werte der CSU. Sowohl im übertragenen Sinn als auch um die in den Umfragen. Wenn nämlich die CSU, von der mal ironisch behauptet wurde, sie habe das schöne Bayern erst erfunden, wirklich und wahrhaftig unter die 50-Prozent-Marke zu fallen droht - dann ist Schluss mit Stoiber, endgültig.'


Damit zum Thema Weihnachten. Die Kommentatoren greifen dabei verschiedende Aspekte des bevorstehenden Festes auf:

So schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

'Im Jahr 2006 hat die deutsche Politik die drei Millionen Muslime in Deutschland entdeckt; der Bundesinnenminister hat ihre Vertreter zur ständigen Konferenz geladen. Wer nun am Ende dieses denkwürdigen Jahres eine adäquate Entdeckung machen will, kann sich und seiner Familie unter dem Tannenbaum eine Überraschung vorlesen: Die christliche Weihnachtsgeschichte steht nicht nur im Lukas-Evangelium, sondern auch im Koran. Gemeinsamkeiten finden: Das ist ein bisher gescheitertes Jahrtausend-Projekt.'

Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU hebt hervor:

'Frieden auf Erden. Ein aktuelleres Thema kann es in der politischen Betrachtung zu Weihnachten 2006 nicht geben. Der Blick zurück auf das zu Ende gehende Jahr ist bedauerlicherweise mit vielen Enttäuschungen und Rückschlägen verbunden.'

Der GENERAL-ANZEIGER aus Bonn greift diesen Gedanken gleichsam auf. Zitat:

'Wer dem Frieden eine Chance geben will, braucht zuweilen Soldaten. Wer allerdings glaubt, den Frieden auf Dauer militärisch erzwingen zu können, statt sich um die Einebnung der skandalösen Unterschiede zwischen Arm und Reich auf dem Globus zu bemühen, unterliegt einem gefährlichen Irrtum. In Afghanistan ist das Verhältnis von militärischem Aufwand zu zivilem Aufbau zutiefst unbefriedigend. Noch mehr gilt dies für den Irak, wo seit dem 'Sieg' der US-Truppen Abertausende Opfer zu beklagen sind.'

Die in Bielefeld erscheinende NEUE WESTFÄLISCHE hebt folgenden Aspekt hervor:

'Die Weihnachtsgeschichte setzt ein deutliches Zeichen. Gott steht an der Seite der Kinder. Kostbar und verletzlich sind Kinder, schutzlos und gefährdet - deshalb gilt ihnen die besondere Zuwendung. Doch Politik und öffentliche Einrichtungen allein werden es nicht schaffen, die Lage der Kinder in Deutschland zu verbessern. Arbeitgeber und Gewerkschaften, Medien, Kirchen und Vereine, Nachbarn und Verwandte tragen gleichermaßen Verantwortung.'

Der MANNHEIMER MORGEN geht auf die Weihnachtsansprache von Bundespräsident Köhler ein:

'Die Antwort auf Armut und Ausgrenzung heißt für Köhler: Arbeit schaffen. Niemand mag dem Bundespräsidenten hier im Grundsatz widersprechen. Aber der Aufschwung geht immer noch an viel zu vielen Menschen vorbei. Die Abkehr vom alles betreuenden Wohlfahrtsstaat kann nicht bedeuten, die Verlierer von Globalisierung und Umbruch mit dem Hinweis auf mehr Eigenverantwortung abzuspeisen und ihrem Schicksal zu überlassen. Ist wirklich jeder seines Glückes Schmied, wie es im Sprichwort heißt? Wohl kaum. Nicht jeder, der ernsthaft Arbeit sucht und Leistung bringen will, hat auch Glück dabei. Wer sich aus dem Teufelskreis von Arbeitslosigkeit und Armut nicht mehr befreien kann, verliert rasch den Glauben an seine Chance.'