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Pressestimmen von Montag, 17.Dezember 2001

16. Dezember 2001

EU-Gipfel vereinbart Reformkonvent / Ausgabe der Euro-Münzen angelaufen / Nordrhein-westfälische SPD mit neuer Struktur

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Das Gipfeltreffen der Europäischen Union im belgischen Laeken und die Ausgabe von Euro-Münzen in vielen Mitgliedsstaten der EU sind die zentralen Kommentar-Themen in der deutschen Tagespresse. Beachtung findet außerdem die nordrheinwestfälische SPD, die sich am Wochenende neu strukturiert hatte. Zunächst zum EU-Treffen und der dort bekräftigten Reformabsicht.

Die in Berlin erscheinende Zeitung NEUES DEUTSCHLAND meint:

"Das glanzvolle Bild einer europäischen Verfassung wurde
heraufbeschworen - als Abschluss eines tief greifenden Reformprozesses. Ein überfälliger Beschluss, der auf dem Gipfel in Nizza im Vorjahr sträflich versäumt wurde. Aber auch Laeken hat demonstriert, wie dringend notwendig diese Reform ist, um nicht in den Grabenkämpfen einer drohenden Renationalisierung zu versinken. Davor hat der Rat der EU-Götter einen Konvent gesetzt. Und der braucht für mehr Demokratie und Transparenz den Dialog mit den mündigen EU-Bürgern."

Im Bonner GENERAL-ANZEIGER heißt es mit einer Portion Skepsis:

"Bundeskanzler Schröder hat die Erklärung von Laeken historisch genannt. Sie gipfelt in der Einsetzung eines Konvents vor allem von Parlamentariern, die an allen Tabus dieser Europäischen Union rütteln sollen: an der immer noch vorhandenen partiellen Machtlosigkeit des Parlaments, an der nicht mehr zeitgemäßen Konstruktion von Kommission
und Ministerräten, am Anachronismus der halbjährlich wechselnden Präsidentschaften. Bis hin zu einer Verfassung sollen sich die Konventsmitglieder Gedanken machen, um die EU den Erfordernissen der Erweiterung anzupassen und sie der Jugend nahe zu bringen. Dazu hat man einen 75-Jährigen an die Spitze des Gremiums gesetzt. Nicht weil er ein so überzeugender Europäer ist, sondern weil Frankreich es so
wollte. So viel zur europäischen Demokratisierung. Kurzum: Was da am Tagungsort in den königlichen Gewächshäusern von Laeken keimte, waren allenfalls Keime der Hoffnung."

Themawechsel und zur Ausgabe der Euro-Münzen. Der MANNHEIMER MORGEN schreibt voller Optimismus:

"Der Euro kommt - und das ist gut so, vor allem für Deutschland. In der Euro-Zone, dem wichtigsten Exportmarkt unserer Wirtschaft, gibt es seit drei Jahren keine Kursschwankungen mehr. Wären Franc, Pesete oder Escudo dagegen noch dem freien Spiel der Devisenmärkte unterworfen, hätte die deutsche Industrie seit dem 11. September vermutlich ein Problem mehr: Die Terrorkrise hätte die Mark so stark gemacht, dass Ware made in Germany für Kunden in Frankreich, Spanien oder Portugal unerschwinglich teuer geworden wäre. Den Preis dafür hätten zigtausende Beschäftigte in der Bundesrepublik bezahlt: Sie wären arbeitslos geworden."

Auch die FRANKFURTE NEUE PRESSE begrüßt die Währung:

"So viel Zuspruch hätte sich der Euro von Anfang an gewünscht: Meterlange Schlangen an den Ausgabe-Stellen der ersten Münzen - auch in Deutschland wird heute mit einem Ansturm auf die Starter-Kits gerechnet. Jetzt, wo die Bürger das neue Geld in den Händen halten, erwarten Politiker und Notenbanker ein gestärktes Vertrauen in den
Euro. Und das ist hier zu Lande dringend notwendig. Zwar besteht zur Eu(ro)phorie kein Anlass. Schließlich hat sich die Konjunktur in den einzelnen Ländern nicht weiter angenähert. Aber bedrohlich ist das nicht. Das Gefälle im Euro-Raum ist kaum größer als etwa innerhalb Deutschlands."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG hingegen sieht im Euro auch mögliche Gefahren. Im Kommentar lesen wir:

"Europa hat den zweiten Schritt vor dem ersten getan. Zwölf Länder haben eine gemeinsame Währung, aber Europa besitzt immer noch kein wirksames Parlament, begnügt sich mit einer Pseudoregierung und bietet nach außen ein eher schwaches Bild. Völlig unklar ist, wie sich die dringend notwendige Stärkung der europäischen Institutionen und die anstehende Erweiterung der Union miteinander vereinbaren lassen. Zu befürchten steht, dass der Euro zur gemeinsamen Währung eines Schein-Europa wird."

Abschließend noch der KÖLNER STADT ANZEIGER, der sich der SPD in Nordrhein-Westfalen, dem größten Landesverband der Sozialdemokraten in Deutschland, widmet.

"Die nordrhein-westfälische SPD hat am Wochenende ein neues Kapitel in ihrer Geschichte aufgeschlagen - und sich dabei doch nur am Altbewährten orientiert. Künftig sollen Werte wie soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit wieder an Bedeutung gewinnen. Der neue Parteichef Harald Schartau hat die Aufgabe, dieses Feld zu bestellen. Spätestens bis zur Kommunalwahl 2004 wird er Erfolge
vorweisen müssen. Entscheidend wird sein, wie sich Schartau mit Wolfgang Clement arrangiert. Schartau ist zur Zeit kein Konkurrent für Clement, doch nach 2005 will er sein Nachfolger werden. Die Frage ist, wie sich Clement in der Rolle eines Ministerpräsidenten einfindet, dem nur noch begrenzte Haltbarkeit zugestanden wird."

Soweit die Presseschau - zusammengestellt von Hans Ziegler