1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Mittwoch, 2. August 2006

Bernhard Kuemmerling1. August 2006
https://p.dw.com/p/8sYk

Zwei Wochen vor seinem 80.Geburtstag hat der kubanische Staats- und Parteichef Fidel Castro seine Amtsgeschäfte aus gesundheitlichen Gründen erstmals abgegeben. Er betraute seinen jüngeren Bruder Raúl vorübergehend mit der Führung der Amtsgeschäfte - eine Entwicklung, die auch in den Kommentaren der Tagespresse ihren Niederschlag findet. Ein weiteres Thema ist die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.

Zunächst nach Kuba:

Die ABENDZEITUNG aus München meint:

"Raúl Castro gilt als innenpolitischer Hardliner und radikaler Kommunist, radikaler noch als sein großer Bruder. Gleichzeitig fehlt ihm das, was Fidel jahrzehntelang an der Macht gehalten hat: Charisma. Der bisherige Verteidigungsminister hat so gar nichts von einer Vaterfigur, hält nichts von Interviews und ist im Volk unbeliebt. Fraglich, ob dieser Mann Regierung, Armee und Parteiapparat so zusammenhalten kann wie Fidel. Vielleicht ist er aber auch genau der richtige Mann für Kubas Zukunft: Schließlich war er es, der in der Vergangenheit die USA immer wieder zur Normalisierung der Beziehungen mit dem kubanischen Staat aufgerufen hat."

Die ebenfalls in München erscheinende SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt:

"Präsident Bush täte gut daran, die Euphorie seiner Anhänger in Miami zu dämpfen - und sich endlich zu lösen aus dem Klammergriff der kubanischen Lobby. Das nächste Ärztebulletin kann den Ernstfall bedeuten, für Fidel Castro, für Kuba, für Amerika. Der dann fällige Übergang wird dem großen Nachbarn eine filigrane Politik abverlangen. Also weit mehr als schöne Reden oder die Mobilisierung der Küstenwache."

Im OFFENBURGER TAGEBLATT lesen wir:

"Ohne den erbitterten Kampf der Supermacht mit Landemanöver, Boykott, Verschwörungen und Attentaten hätte das kubanische Experiment vermutlich gar nicht so lange überlebt. Aus dem heroischen Kampf des Insel-David gegen den Dollar-Goliath sog der alternde Revolutionär die Kraft und die Solidarität der Mehrheit im Lande, die es ihm ermöglichten, ein weltweit gescheitertes System im Mikrokosmos Kuba gegen alle Widrigkeiten am Leben zu erhalten."

Schließlich noch ein Blick in das MAIN-ECHO aus Aschaffenburg:

"Bekanntlich kommt nach Meinung der kommunistischen Nomenklatura die Macht aus dem Lauf der Gewehre. Da wird es um so wahrscheinlicher sein, dass in Kuba demnächst nicht mehr eine Person, sondern eine Institution regiert: das Militär. Bis auf der Insel das Pflänzchen Demokratie heranwächst, wird es wohl eine Zeit brauchen. Im besten Falle blühen Kuba chinesische Verhältnisse: Autoritärer Staat plus ökonomischer Freiraum. Im schlechtesten Falle wird die karibische Insel der Abenteuerspielplatz von politischen Piraten."

Themenwechsel. Zum überraschenden Rückgang der Zahl der Arbeitslosen im Juli schreibt der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth:

"Für Freudensprünge ist es viel zu früh, doch die Hoffnung auf eine positive Trendwende am Arbeitsmarkt ist mit den Juli-Zahlen gewachsen. Fast 4,4 Millionen Erwerbslose lasten noch immer auf den Sozialsystemen der Republik - mit all dem Kummer und der Bedrückung bei den Betroffenen. Die Trendwende ist zum Greifen nah, doch sie muss gestützt werden durch weitere Reformen, die den Preis der Arbeit in Deutschland wettbewerbsfähig halten ohne die Kaufkraft der Beschäftigten zu schmälern. Die Quadratur des Kreises? Nein. Aber ein Vorhaben, das die ganze Kraft des Landes fordern wird."

Im Bonner GENERAL-ANZEIGER heißt es:

"Für Kunden, die auf dem Arbeitsmarkt gute Chancen haben, hat sich die Vermittlungsleistung der Arbeitsagentur tatsächlich verbessert. Um Langzeitarbeitslose, um besonders schwierige und zeitintensive Fälle, kümmert sie sich zu wenig. Gegen das Ziel der BA, möglichst viele Arbeitslose möglichst schnell zu vermitteln, ist nichts zu sagen. Es kann jedoch nicht sein, dass alle anderen durch's Rost fallen. Ziemlich fragwürdig klingt in diesem Zusammenhang die Forderung nach Schaffung eines Dritten Arbeitsmarktes. Will sich die Nürnberger Behörde durch ein staatliches Beschäftigungsprogramm des Problems entledigen?"

Vor allzu großer Euphorie warnt die OFFENBACH-POST:

"Dennoch sollte man sich - vor allem die Politik - mit allzu euphorischen Bewertungen zurückhalten. Immer noch 4,386 Millionen Menschen ohne Arbeit sind letztlich kein Grund zum Frohlocken und schon gar kein Kennzeichen für besonders erfolgreiche Politik. Und ob aus der statistischen Trendwende eine echte, nachhaltige wird, bleibt vorerst abzuwarten. Denn im nächsten Jahr steht uns die größte Steuererhöhung aller Zeiten ins Haus, und was die Regierung Reformen nennt, wird unterm Strich auch nicht dazu führen, dass wir mehr Geld zum Ausgeben im Portemonnaie haben. Im Gegenteil. 2007 wird somit ein entscheidendes Jahr - für die Wirtschaft, aber auch für die Regierung."

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf bemerkt:

"Zum anderen droht bereits im kommenden Jahr neues Unheil am Arbeitsmarkt. Dann steht uns die größte Steuererhöhung aller Zeiten ins Haus. Weitere Reformen werden ebenfalls dafür sorgen, dass unter dem Strich weniger Geld im Portemonnaie bleibt. Insofern sollte sich vor allem die Politik mit allzu euphorischen Bewertungen zurückhalten. Denn jetzt muss es darum gehen, die Wende zum Besseren am Arbeitsmarkt nachhaltig zu stabilisieren. Mit Reformen, die den Preis der Arbeit in Deutschland wettbewerbsfähig halten, ohne die Kaufkraft der Beschäftigten zu schmälern. Sonst ist das Konjunktursommerlüftchen ganz schnell wieder abgeflaut - und das Sommer-Jobwunder war nur ein Zwischenhoch."