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Pressestimmen von Mittwoch, 11. April 2007

Michael Wehling 10. April 2007

Atomstreit mit dem Iran

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Der Atomstreit mit dem Iran eskaliert. Die Führung in Teheran um Präsident Ahmadinedschad kündigte einen massiven Ausbau der Kapazitäten zur Anreicherung von Uran an. Die Kommentatoren in den deutschen Zeitungen sind besorgt.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München schreibt:

'Es war kein böswilliger Satiriker, der über Mahmud Ahmadinedschad sagte, er fahre das iranische Staatsvehikel ohne Bremse und Rückwärtsgang. Der Präsident selbst hat dies verkündet, und die Worte bezogen sich auf seine Atompolitik. Das unglückliche Bild hat unter kritischen Iranern, die täglich mehr werden, die nahe liegende Furcht geweckt, dass eine solche Fahrt nur im Graben enden kann.'

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER analysiert die Politik Ahmadinedschads:

'Er will das Volk in nationalem Stolz hinter seiner Führung einen. Mit seinen Muskelspielen hofft der Iran zudem, die eigene Position gegenüber der internationalen Gemeinschaft zu stärken und mit einem funktionierenden Atomprogramm vollendete Tatsachen zu schaffen, die der Westen - wie im Falle Nord-Koreas - nun einmal akzeptieren müsse. Bewusst riskieren die Iraner eine Verhärtung der Fronten. Im Gegenzug bekommen die Kriegsbefürworter im Westen Auftrieb. Die Krise spitzt sich zu.'

Ähnlich argumentiert die BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG:

'Ahmadinedschad will mehr: Seine Ankündigung, der Iran habe jetzt die Fähigkeit erlangt, angereichertes Uran im industriellen Umfang zu produzieren, soll Angst machen und zugleich die Vormachtstellung Teherans im Nahen Osten sichern. Hinzu kommt eine Art Kamikaze-Mentalität, die diesem unbeirrbaren Eiferer zu eigen ist: Man könnte meinen, dass er nichts weniger fürchtet, als einen israelischen oder amerikanischen Angriff auf iranische Atomanlagen. Opfer spielen keine Rolle, für ihn nicht und die Mullahs nicht, die ihn gewähren lassen.'

Die NÜRNBERGER ZEITUNG erläutert:

'Das fundamentalistische Regime in Teheran fühlt sich offenbar recht wohl bei der Erkenntnis, den Westen in eine schier ausweglose Lage gebracht zu haben. Unterstellt, Teheran strebe tatsächlich nach der Bombe, gibt es nämlich nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, zwischen der Atommacht Iran und einem neuen Krieg im Mittleren Osten. Letzteren - und das wissen die Machthaber mit den schwarzen Turbanen genau - kann sich der Westen, können sich vor allem die durch die Kriege im Irak und in Afghanistan extrem strapazierten Mächte USA und Großbritannien aber schlicht weg nicht leisten.' Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz setzt Hoffnungen auf eine Reaktion der Staatengemeinschaft:

'Ahmadinedschads Provokationen sind so dreist, dass auch China und Russland sich allmählich auf eine härtere Gangart verständigen. Am Ende könnte es doch noch zu effizienten Wirtschaftssanktionen gegen den Iran kommen. Wie sehr diese auch ein reiches Öl-Imperium treffen können, hat das Beispiel Irak gezeigt. Teherans Atomprogramm ist nicht unverwundbar.'

Die in Rostock erscheinende OSTSEE-ZEITUNG bemerkt:

'Klammheimlich ist der Iran der Atombombe näher gekommen. Noch im Schatten des inszenierten Rummels um die Freilassung der 15 britischen Geiseln wurde die Urananreicherung stärker forciert, als es die Welt bislang wahrhaben wollte. ... Es ist offenkundig, dass die radikalen Kräfte im Iran ihr unberechenbares Spiel mit dem Feuer fortsetzen. Deshalb muss der internationale Druck auf Teheran aufrechterhalten, die Bombe verhindert werden.'

Der WESER-KURIER aus Bremen kritisiert das Verhalten der Staatengemeinschaft im Atomkonflikt:

'Offenbar beeindruckt es das Mullah-Regime überhaupt nicht, wenn der Weltsicherheitsrat nach zähem hin und her ein Waffenembargo, Reiseauflagen oder das Einfrieren von Auslandsgeldern beschließt. Denn der einhelligen Zustimmung folgt kein einheitliches Handeln.'

Die ABENDZEITUNG aus München führt aus:

'Mahmud Ahmadinedschad hat es mal wieder geschafft. Mit seiner bombastischen Eröffnung, Iran sei nun in der Lage, im großen Stil Uran anzureichern, hat der kleine Mann aus Teheran die Welt in Aufruhr versetzt. Der Faden der Diplomatie darf jetzt trotzdem nicht abreißen. ... Die Weltgemeinschaft muss die gemäßigten Kräfte im Iran stärken. Das gelingt ihr am ehesten, wenn sie dem Iran ein kontrolliertes Nuklear-Forschungsprogramm erlaubt, an dem ohnehin kein Weg mehr vorbeiführt.'

Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE, sie erscheint in Potsdam, notiert:

'Teheran hat von Nordkorea gelernt und versucht nun, so früh wie möglich unter den Schutz des Atommacht-Status zu schlüpfen. Dazu bedarf es nicht erst erfolgreicher Tests von Sprengköpfen. Es reicht, sich die Unsicherheit der internationalen Gemeinschaft zunutze zu machen. Nach einer großzügig geschätzten letzen Frist von anderthalb bis zwei Jahren wird das vermutete nukleare Vermögen des Iran ein Fakt sein, mit dem in jedem Konflikt kalkuliert werden muss.'

In der PFORZHEIMER ZEITUNG lesen wir:

'Iran macht auf Besorgnis erregende Weise deutlich, wie hilflos die Vereinten Nation einem Land gegenüberstehen, das sich den gängigen Mustern der Diplomatie entzieht, indem es sie einfach ignoriert. Ein weiterer Grund für das Iran-Fiasko ist auch die Tatsache, dass der Umgang mit Nuklearmaterial in der internationalen Politik nur vermeintlich geregelt ist.'

Abschließend ein Zitat aus dem BADISCHEN TAGBLATT aus Baden-Baden:

'Zwar ignoriert der Iran zweifelsohne den völkerrechtlich bindenden Willen des UN-Sicherheitsrats. Aber niemand weiß, wie viel Maulheldentum und wie viel Wahrheit eigentlich hinter den Verlautbarungen zur industriellen Urananreicherung steckt. Und außerdem wird in der hitzigen Debatte gern vergessen, dass der Iran als Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags nun einmal das verbriefte Recht auf zivile Atomkraftnutzung hat. Die Gretchenfrage aber lautet: Wollen die Mullahs bloß Nuklearstrom, oder wollen sie die Bombe? Die internationale Gemeinschaft muss verhindern, dass der Iran die Bombe baut.'