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Pressestimmen von Freitag, 24. März 2006

Gerhard M. Friese24. März 2006

Diskussion um Einbürgerung / EU-Frühjahrsgipfel in Brüssel / EU-Militäreinsatz im Kongo

https://p.dw.com/p/89NR

Die Diskussion um die Voraussetzungen für die Einbürgerung von Ausländern, der EU-Frühjahrsgipfel in Brüssel und der EU-Militäreinsatz in der Demokratischen Republik Kongo sind an diesem Freitag die beherrschenden Themen der Kommentare deutscher Tageszeitungen.

Zur Einbürgerung schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

"Einbürgerungs-Voraussetzungen für Ausländer: Gegen einen Eid auf die Verfassung ist in der Sache wenig zu sagen. Dagegen, dass die Hürden für die Einbürgerung unerreichbar hoch gelegt werden, schon. Wenn ein durchschnittlicher Deutscher die Tests kaum schafft, dann sind sie als Einbürgerungsvoraussetzung Schikane und Verstoß gegen elementare Regeln der Demokratie. Wer auf Dauer hier lebt, arbeitet, Steuern zahlt, wer hier seine Heimat gefunden hat - der muss dazugehören, weil sonst Demokratie nicht funktioniert. Staatsbürgerschaft ist ein demokratisches Grundnahrungsmittel."

In der PFORZHEIMER ZEITUNG heißt es kurz und bündig:

"Weil sich unsere Gesellschaft schon lange mit der Frage quält, was dieses Land und seine Menschen ausmacht, ist es gut, dass jetzt so offen darüber diskutiert wird. Am Ende der Debatte könnte mehr dabei herauskommen als nur ein vernünftiger Einbürgerungstest."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG weist auf Meinungsverschiedenheiten zwischen den Koalitionpartnern CDU und SPD hin:

"Sie 'die SPD' will sich ausländerfreundlicher geben als die anderen und spekuliert darauf, dass die Neubürger es ihr bei Wahlen danken, möglichst umstandslos Deutscher geworden zu sein. Bundesinnenminister Schäuble - CDU - setzt auf eine Annäherung nach den Landtagswahlen. Sein Plädoyer für ein einheitliches Verfahren und eine einheitliche Prüfung (von sachlichem Wissen und von Wertebewusstsein - von was denn sonst?) ist begründet, denn es geht um eine einheitliche Staatsangehörigkeit, die es nicht in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden geben kann. Es darf aber auch nicht zu einem Kuhhandel in der großen Koalition kommen nach der Losung: Die SPD nimmt die Tests hin und die Union den Einbürgerungsanspruch nach fünfjährigem Aufenthalt. Die deutsche Staatsangehörigkeit ist keine Ramschware."

Der Berliner TAGESSPIEGEL beklagt dagegen die Ungleichbehandlung bei der Einbürgerung:

"Deutschland tut sich schwer mit seinen Ausländern. Wenn es um sportliche Leistungen geht, wie bei den Fußballspielern Paulo Rink, Gerald Asamoah, Oliver Neuville oder Sean Dundee, verläuft die Einbürgerung manchmal rasend schnell. Wenn in der Computerbranche Fachkräfte fehlen, buhlt man um jeden Inder. Je akuter der Bedarf, desto großzügiger sind die Behörden bei der Deutschwerdung. Wer etwas anzubieten hat, wird gern genommen. Zu Recht. Derselbe Pragmatismus fehlt aber in vielen Flüchtlings- und Asylverfahren. Auch hier sollte, jenseits aller Emotionen, mehr gesunder Menschenverstand walten."

Das Düsseldorfer HANDELSBLATT merkt zum EU-Gipfel an:

"Die Versprechen anlässlich des aktuellen EU-Wirtschaftsgipfels sind groß: Bessere Beschäftigungschancen wollen die Staats- und Regierungschefs den 460 Millionen EU-Bürgern bieten, mehr Investitionen in die Zukunftsressourcen Wissen und Innovation, eine sichere und bezahlbare Energieversorgung bei gleichzeitigem Schutz der Umwelt. Die Ergebnisse werden, wenn überhaupt Handfestes beschlossen wird, sehr überschaubar sein.

Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock geht auf das wichtigste Gipfelthema, die Energiepolitik ein:

"Spätestens nach dem Gerangel um die deutsch-russische Gasleitung durch die Ostsee an Polen vorbei ist klar, dass knallharte nationale Interessen einer einheitlichen Energiepolitik der EU im Wege steht. Und die eigenen Pfründe scheinen den Blick auf die Versorgungsunsicherheit der Gemeinschaft zu verstellen. Rund die Hälfte des EU-Energiebedarfs kommt von außen - Tendenz steigend.... Und die Antwort der Europäer darauf ist nicht sonderlich einfallsreich. Es bleibt bei 25 Mini-Märkten und unterschiedlichen nationalen Strategien."

Ähnlich argumentiert der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER:

"Protektionismus ist populär, das haben die Massen-Demonstrationen gegen die Dienstleistungs-Richtlinie gezeigt. Freilich wird mit jeder einzelnen Schutzmaßnahme das Beschäftigungsproblem Europas größer. Ein Zusammenhang, den mit Ausnahme des Briten Tony Blair kaum einer der Brüsseler Gipfel-Teilnehmer seinen Bürgern zu erklären wagt."

Mit der EU-Mission im Kongo befasst sich der NORDKURIER aus Neubrandenburg:

"Lässt sich die Bundesregierung auf ein afrikanisches Abenteuer mit unbekanntem Ausgang ein? Es sieht so aus. Die auf Deutschland zukommende Afrika-Mission ist ein Akt falsch verstandener Bündnistreue... In einer kurzatmigen und hektischen Aktion soll gezeigt werden, dass Europa den afrikanischen Kontinent nicht vergessen hat. Wenn es tatsächlich so wäre, dann fragt man sich, warum die Europäer nicht längst militärisch eingegriffen haben in Somalia, in Darfur, in Uganda, in Liberia und in vielen, vielen anderen Ecken dieses bemitleidenswerten, von Gewalt zerrissenen Kontinents."

Die HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE aus Kassel meint zur Rolle des Bundestages als eigentlichen Truppenentsender:

"Wenn das Parlament Herr des Verfahrens wäre, würde es sich gegen den offensichtlichen Alibicharakter der Mission wenden und sie nicht genehmigen. Für Stabilität in einem Bürgerkriegsland sorgt man nicht mit einer Handvoll Soldaten, die im schlimmsten Fall gefährdet sind. Eine alte Soldatenweisheit lautet: Leicht rein - tot raus.