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Pressestimmen von Donnerstag, 9. Juni 2005

Bernhard Kuemmerling8. Juni 2005

Die SPD und die Neuwahlen / Lage auf dem Lehrstellenmarkt

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Im Mittelpunkt der Leitartikel stehen an diesem Donnerstag die Querelen innerhalb der SPD um die geplanten vorgezogenen Wahlen sowie die Lage auf dem Lehrstellenmarkt.

Zu den Neuwahlen bemerkt die Münchener SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Schröder ist ein Taktiker, aber kein Stratege: Er ist zwar mit der Neuwahl-Ankündigung aus der belagerten Festung ausgebrochen; seit diesem Ausbruch aber steht er ungeschützt vor den feindlichen Linien - und weiß nicht, wie seine Offensive weitergehen soll. Weil man das allenthalben merkt, denken sich alle möglichen Beobachter alles Mögliche aus, und garnieren das mit viel Häme. Womöglich gehört ja sogar ein Rückzug hinter die halbwegs sicheren Mauern der normalen Legislaturperiode zu den Optionen. Die SPD könnte dann erstens darauf warten, dass Streit ausbricht im Lager der Belagerer. Zweitens würde vielleicht der Glanz der von der Union eilig gekürten Kanzlerkandidatin verblassen."

Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock meint:

"Müntefering statt Schröder als Kanzler? Oder gar ein Genosse X, den die Linken als SPD-Kanzlerkandidaten küren möchten? Beck für Müntefering an die SPD-Spitze? - Keine Personalspekulation ist derzeit zu abstrus, als dass sie nicht das Licht der Medienöffentlichkeit erblicken dürfte. Allerdings sind die Überzeichnungen in der Presse nur der Rauch. Das Feuer, das diese Rauchwölkchen auslöst, wird von der tiefen Frustration gespeist, die die SPD ergriffen hat. Dies ist der eigentliche Nährboden der wilden Spekulationen."

Im Bonner GENERAL-ANZEIGER lesen wir:

"Die Politik des Paukenschlages, mit dem Franz Müntefering und Gerhard Schröder Neuwahlen in Aussicht gestellt haben, stößt an ihre innerparteilichen Grenzen. Dabei geht es nicht um den Kanzler- Rücktritt - zumindest noch nicht. Die Öffentlichkeit wird aber Zeuge eines bemerkenswerten Demontageprozesses des rot-grünen Regierungschefs und seiner Koalition, den Schröder in Teilen selbst verschuldet hat. Denn es gibt eine innenpolitisch aus rot-grüner Sicht fatale Konstellation: Während die von dem Vorstoß gewiss überraschten Oppositionsparteien sich mit vergleichsweise geringer Lautstärke an Parteitagsorganisation, Programmdebatte und politische Zukunftsbestimmung machen, fällt der Kanzler als Kommunikator seiner eigenen Politik aus."

Der Kommentator der WESTFÄLISCHE NACHRICHTEN aus Münster analysiert:

"In der SPD ist Feuer unter dem Dach. Vom Ortsverein bis in die Chefetage liegen die Nerven blank und den aufmüpfigen Linken gehen diese bereits durch. Anders sind die anstands- und instinktlosen Ausfälle des SPD-Fraktions-Vizes Michael Müller gegenüber dem Bundespräsidenten nicht mehr zu erklären. Während der Kanzler alles daransetzt, den noch zögernden Köhler mit Überzeugungsarbeit ins Neuwahl-Boot zu holen, um nicht womöglich doch noch den schmerzlichen Weg des Rücktritts gehen zu müssen, torpedieren seine eigenen (?) Leute das höchste Amt im Staate bzw. dessen Inhaber."

Themenwechsel. Zum Ausbildungspakt schreibt die FRANKFURTER RUNDSCHAU:

"Wir lernen ja nie aus: Jetzt schallt uns aus Berlin schon entgegen, auch Stillstand sei Fortschritt. Derzeit fehlen 185 000 Lehrstellen, und die Bundesagentur für Arbeit prognostiziert, dass im September 30 000 junge Frauen und Männer ohne Ausbildungsplatz dastehen werden. Die Lage ist also genauso dramatisch wie 2004.. .. In nur wenigen Jahren werden etliche Branchen unter eklatantem Fachkräftemangel leiden. Ist das für die Ausbildungsverweigerer kein Grund, Vorsorge zu treffen? Offensichtlich nicht."

In der STUTTGARTER ZEITUNG heißt es:

"Es ist jedoch falsch, den Ausbildungspakt vorschnell als Erfolgsmodell zu bezeichnen. Die Wirtschaftsverbände und Minister Wolfgang Clement verweisen zwar stets darauf, dass die vereinbarten Ziele übererfüllt würden. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Die Unternehmen kommen zwar der Verpflichtung nach, in jedem Jahr zehntausende von neuen Lehrstellen und Praktika zur Verfügung zu stellen. Doch gleichzeitig fallen viele Ausbildungsplätze weg, weil die Betriebe aufgeben oder rationalisieren. Für die Schulabgänger ist die Gesamtbilanz entscheidend und nicht die Rechenexempel der Verbandsfunktionäre und Politiker. Demnach bleibt die Lage auch 2005 schwierig."