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Pressestimmen von Donnerstag, 25. Januar 2007

Gerhard M Friese 24. Januar 2007

Bushs Rede zur Lage der Nation / Affäre um Israels Präsidenten Katzav

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Die Rede von US-Präsident George W. Bush zur Lage der Nation und die Affäre um den wegen eines Sexskandals unter Druck geratenen israelischen Präsidenten Mosche Katzav sind an diesem Donnerstag die zentralen Themen der Kommentare deutscher Tageszeitungen.

So schreibt die LANDESZEITUNG LÜNEBURG zur Rede des US-Präsidenten:

"Starke US-Präsidenten halten Reden zur Lage der Nation, schwache halten Rede zur Lage ihrer Präsidentschaft... Vom Leitmotiv seiner Präsidentschaft, dem 'Krieg gegen den Terror', rückt Bush nicht ab. Deshalb bleibt seine als Mission empfundene Strategie im Irak unverändert: Das Schwert soll dem Zweistromland Demokratie oder zumindest Stabilität bringen. Bushs Starrsinn unterbindet jede Chance auf eine diplomatische Neuordnung des Nahen Ostens. Die Lage der Hypermacht ist dramatisch."

Für die LANDSHUTER ZEITUNG/STRAUBINGER TAGBLATT ergänzt:

"Es spricht also alles dafür, dass die letzten beiden Amtsjahre Bushs ebenso schwierig wie spannend sein werden. Wie weit werden die Demokraten gehen, um den Präsidenten in die Enge zu treiben und noch vor der nächsten Wahl eine politische Wende zu erzwingen? Wie stark ist der Texaner noch, um seine zum Teil neuen Konzepte in praktische Politik umsetzen zu können? Für Amerika wäre nichts schlimmer als eine gegenseitige Blockade des Weißen Hauses und des Kongresses."

Die Rostocker OSTSEE-ZEITUNG meint in Fragen Irak:

"Auch dazu wird letztlich der 'mächtigste Mann der Welt' gezwungen werden. Wenn nicht durch die bereits vorliegenden Resolutionen im US-Repräsentantenhaus und im Senat, dann mit Sicherheit durch knappes Geld. So brechen sich Notwendigkeiten in späten Einsichten Bahn und es wird eine beeindruckende Übereinstimmung von US-Interessen sichtbar, mit den Interessen eines globalen Klimaschutzes und der Entspannungspolitik."

Das Berliner Blatt NEUES DEUTSCHLAND bemerkt:

"Vor allem aber vermisst man in Bushs Rede zur Lage der Nation ein Umdenken. Der 'War on Terror', bei dem es eben auch um die Sicherung billiger Rohstoffe für die ölsüchtige US-Wirtschaft geht, wird noch ausgeweitet. Da der Krieg aber nicht zu gewinnen ist, sollen nun mehr alternative Energien her. Zahlreiche Bundesstaaten und Städte in den USA haben den Spritfressern aber bereits viel mutiger den Kampf angesagt. Mit etwas Kreidefressen ist es in Sachen Klimawandel nicht getan."

Und die LÜBECKER ZEITUNG kommentiert die Initiative Bushs in Sachen Klimaschutz:

"Würde Bush es ernst meinen, müsste er seinen Landsleuten eine Therapie zum Abschied vom schönen American Way of Life mit Billigöl- Heizungen in schlecht gedämmten Häusern, Klimaanlagen und Autowahn empfehlen. Davon ist aber nicht die Rede insofern ist die Bush-Rede eine Mogelpackung. Dass Bush überhaupt von Klimaschutz reden muss, ist hingegen schon ein Fortschritt gerade Amerikas Konservative hielten ja bisher Umweltschutz für einen wirtschaftsfeindlichen Spleen der Europäer oder der Linken. Jetzt aber scheinen auch sie aufgewacht zu sein."

Israels Präsident Mosche Katzav will nur dann zurücktreten, wenn offiziell Anklage gegen ihn wegen Vergewaltigung erhoben wird. Bis dahin will er sein Amt lediglich ruhen lassen.

Die STUTTGARTER ZEITUNG kommentiert:

"Diese Schlammschlacht um das Präsidentenamt trifft Israel ins Mark. Das Land hat noch immer nicht den Schock des Libanonkriegs verdaut, in dessen Folge im Militär zahlreiche Köpfe gerollt sind... Bisher konnten die Israeli immer in der Gewissheit leben, dass ein Feind von außen die Gesellschaft einte, doch nun muss das Volk an den eigenen Politikern verzweifeln. Denn Katzav ist nur der bisher letzte Fall in einer langen Reihe von Politskandalen."

Im Düsseldorfer HANDELSBLATT heißt es:

"Der Generalstaatsanwalt ist sicher, dass er genügend Beweise hat, um Anklage gegen Katsav erheben zu können. So sehen es wohl auch die meisten Parlamentsabgeordneten, über die Parteigrenzen hinweg. Dabei geht es nicht um Vorverurteilung, auch für Katsav gilt bis zu einer Verurteilung die Unschuldsvermutung. Aber es geht um das Ansehen des gesamten politischen israelischen Systems und damit des Staates. Das ist ohnehin schlecht, wegen der zahlreichen Korruptions- und Betrugsskandale in der obersten politischen Führung."

Die RHEINISCHE POST meint zur Absicht Katzavs, sein Amt nur ruhen zu lassen:

"Das ist zu wenig. Er schafft keine Klarheit, sondern verletzt die Würde des Amtes. Die Vorwürfe von sexueller Nötigung bis hin zur Vergewaltigung lassen sich nicht aus der Immunität des höchsten Postens heraus aufarbeiten. Die Vorbildfunktion der überparteilichen Staatsspitze ist zur Farce geworden."

Im MANNHEIMER MORGEN lesen wir:

"Mit diesem Schritt wird der Druck auf den Politiker nicht nachlassen. Besser wäre es gewesen, wenn er seinen Rücktritt eingereicht hätte. Denn erst dann würde Katzav seine Immunität verlieren und den Weg freimachen für eine juristische Aufklärung. Jetzt sieht es so aus, als wolle er versuchen, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Ein unwürdiges Manöver, das den Noch-Präsidenten angesichts der schweren Vorwürfe in keinem guten Licht erscheinen lässt. Deshalb müsste die Knesset jetzt eigentlich die Notbremse ziehen und ein Amtsenthebungsverfahren gegen Katzav einleiten."

Und das MAIN-ECHO aus Aschaffenburg schreibt:

"Peinlicher, trauriger, unverantwortlicher geht's wirklich nicht. Das ohnehin von Krisen erschütterte, in Selbstzweifeln versinkende Israel wird von seinem eigenen Staatspräsidenten gedemütigt, beleidigt, ja verraten. Der einzige Trost für Israel in dieser trostlosen Situation: Der jüdische Staat beweist mit der bevorstehenden Anklageerhebung, dass er den sich selbst gestellten hohen Ansprüchen auch in einer Weltregion, welche ansonsten weder echte Rechtsstaatlichkeit noch Demokratie kennt, gerecht zu werden versucht. Dies auch dann, wenn die Politiker versagen und das Staatsoberhaupt Amok läuft."