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Pressestimmen von Dienstag, 7. August 2007

6. August 2007

Prozess gegen Max Strauß / Lokführerstreik

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Die deutschen Tageszeitungen kommentieren an diesem Dienstag den Freispruch des Politikersohnes Max Strauß vom Vorwurf der Steuerhinterziehung. Ein weiteres Thema ist der Tarifstreit der Lokführer mit der Deutschen Bahn. Mit einem bundesweiten Streik im Güterverkehr wollen die Lokführer ihren Forderungen nach mehr Gehalt und einem eigenen Tarifvertrag Nachdruck verleihen.

Dazu die FRANKFURTER RUNDSCHAU:

'Lange Zeit mutete es für deutsche Ohren geradezu seltsam an, wenn von Bahnstreiks in England, Italien oder Frankreich zu hören war. Wer in Deutschland eine Lok fuhr, war Beamter und damit Teil eines Deals. Streiks waren tabu, aber dafür war der Arbeitsplatz so sicher wie kaum irgendwo sonst.. ... Es ist kein Wunder, dass nun gerade die besonders qualifizierten Lokführer, Piloten oder auch Ärzte das doppelte Opfer niedriger Bezahlung und wachsender Unsicherheit nicht mehr bringen wollen.'

Die Zeitung STUTTGARTER NACHRICHTEN fordert Tarifeinheit und räsoniert:

'Die GDL fordert mindestens 31 Prozent höhere Gehälter und massive Änderungen der Arbeitszeitregelungen. Wohin führt das? Können morgen die Fahrdienstleiter, ohne die kein einziger Lokführer seinen Zug bewegen kann, ebenfalls ihre separate Forderung stellen? Oder das Wartungspersonal, das die Züge oft über Nacht für neue Einsätze präpariert? Die Unterschiede in den Berufsbildern der Bahn sind zwar groß, andererseits greift ein Rad ins andere, was eindeutig für die Tarifeinheit spricht.'

Der in Bonn erscheinende GENERAL-ANZEIGER notiert:

'Mit Geschick und gutem Willen hätte sich das Tarifproblem auf dem Führerstand der ICEs längst lösen lassen. Ohne Streik. Es war klar, dass die Lok-Führer auf einem Extra bestehen. Es ist klar, dass es eine Lösung geben muss. Es geht also um Kompromisse, nicht um Maximalpositionen. ... Wie die Dinge liegen, ist es vermutlich das Beste, jetzt nach einen neutralen Dritten, dem schlichtenden Vermittler, zu rufen. '

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER führt aus:

'Dabei ist das Bemerkenswerte, dass der Ansatz des ehemaligen Dampflok-Heizers Schell letztlich moderner ist als die Haltung des in seinen autokratischen Führungsstil verliebten Managers. Während Mehdorn die Privatisierung der Bahn dazu nutzen will, ernsthafte Konkurrenz auf Deutschlands Schienen zu unterbinden, setzt sich der Gewerkschafter für leistungsbezogene Gehälter ein. Ein höchst vernünftiges Ansinnen. Dass die Höhe der Forderung unmäßig ist und der Zeitpunkt des Streiks mitten in den Ferien dem Unternehmen schadet, liegt allerdings auf der Hand.'

Abschließend dazu die Meinung der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG:

'Die Bahn sollte sich dem Druck nicht beugen. Mehdorn hat Zeit. Je mehr Urlauber auf den Bahnsteigen festsitzen, desto größer wird der Ärger. Das Unverständnis der Fahrgäste über die Lokführer wird wachsen, auch weil sie wissen, dass sie für die überzogenen Lohnforderungen werden zahlen müssen, in Form später steigender Bahnpreise.'

Nach jahrelangen Ermittlungen und mehreren Gerichtsverfahren ist der Politikersohn Max Strauß vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochen worden. Das Landgericht Augsburg sah keine Beweise dafür, dass der 48-jährige Sohn des verstorbenen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß Provisionszahlungen erhalten und diese nicht versteuert habe.

Die Zeitung DIE WELT stellt fest:

'Im Gegensatz zu Strauß wurden andere Beteiligte der Affäre (...) zwar zu Haftstrafen verurteilt. Angesichts des Ausmaßes der Vorwürfe waren die Urteile aber milde. Zu geschickt hatte Schreiber sein kriminelles Netzwerk aus Konten, einflussreichen Persönlichkeiten und Millionengeschäften gestrickt. Und so bleibt auch für die Öffentlichkeit der Eindruck, dass die Aufarbeitung der Machenschaften Schreibers unbefriedigend ist. Das könnte sich nur ändern, wenn sich der Strippenzieher endlich selbst vor Gericht verantworten müsste. Das jedoch ist eine kühne Hoffnung'.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG notiert:

'Denn auch wenn man unterstellt, dass Schreiber mit, «Maxwell» tatsächlich Max Strauß meinte, kommt man nicht an der Tatsache vorbei, dass dieser eben gerade nichts von dem Geld bekommen hat. Maßmann, Haastert und Pfahls haben von Schreiber Geld verlangt und erhalten, und sie haben dafür keine Steuern bezahlt. Deshalb wurden sie zu Recht verurteilt. Max Strauß hat nichts erhalten, und sollte trotzdem dafür bestraft werden, dass er keine Steuern bezahlt hat. Das widerspricht dem schlichtesten Gerechtigkeitsempfinden.'

Die Berliner TAGESZEITUNG (taz) unterstreicht:

'Der Freispruch ist ein Tribut an den Rechtsstaat und mindert nicht die Ermittlungsleistungen der Staatsanwaltschaft und der Steuerfahndung. Immerhin haben die Behörden einen gewaltigen Parteienfinanzierungsskandal in der CDU aufgedeckt und Strafen für die Mitangeklagten erwirkt. Das wiegt mehr als die unbefriedigende Tatsache, dass sie jetzt den Politikersohn unbestraft laufen lassen müssen. Wem das von Schreiber längst wieder abgeräumte Maxwell-Millionenvermögen wirklich zusteht, kann nur er selber sagen. Er entzieht sich seinem Prozess aber in Kanada.'

Dagegen urteilt die RHEIN-NECKAR ZEITUNG aus Heidelberg:

'Freispruch dritter Klasse ist für dieses Urteil noch geschmeichelt. Aber Max Strauß, der von Beruf vor allem Sohn seines mächtigen Vaters Franz Josef blieb, ist heute kein Politikum mehr. Sondern nur noch eine schle

chte Erinnerung an das verderbte System aus Filz, Vetternwirtschaft, Machtbesessenheit und persönlicher Bereicherung, das die bayerische Politik lange geprägt und bewegt hat. Auf dem Weg zu diesem Freispruch sind Computer-Festplatten gelöscht worden und Datensicherungsbänder auf mysteriöse Weise verschwunden. Es gab keine direkten Beweise. Dieser Satz des Richters sagt alles.'