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Pressestimmen von Dienstag, 12. September 2006

Gerhard M. Friese11. September 2006

11. September / Papst in Bayern

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Die Gedenkfeiern in den USA zum fünften Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 und der Besuch von Papst Benedikt XVI. in Bayern sind an diesem Dienstag die wichtigsten Themen auf den Kommentarseiten deutscher Tageszeitungen.

Die HEILBRONNER STIMME schreibt zum Gedenken an den 11. September 2001:

"Diese Trauerfeier ging unter die Haut. Tausende Angehörige haben am fünften Jahrestag der Terroranschläge auf das World Trade Center in New York der Opfer gedacht. Da war zu erahnen, welche menschlichen Schicksale sich hinter dem verbergen, was hinter der Chiffre 9/11 zu verblassen droht. Amerika hat am Jahrestag der Terroranschläge wie vor fünf Jahren das Mitgefühl der Welt geweckt. Wäre am Ground Zero doch nur noch einmal die Stunde Null! Dann müssten die USA ihre Werte nicht mit Folter und Geheimgefängnissen verraten. Dann wäre der Westen nicht durch einen Irak-Krieg gespalten."

Dazu bemerkt der SCHWARZWÄLDER BOTE aus Oberndorf:

"US-Präsident George W. Bush liegt richtig, wenn er sagt, für Menschen außerhalb der USA sei jener 11. September nur ein schlechter Tag gewesen. Die Amerikaner hat er ins Mark getroffen, ihre Sicht der Dinge verändert - so stark, dass der Präsident unverhohlen geheime CIA-Gefängnisse im Ausland einräumen kann. Wer weiß, wie die Diskussion um Einschränkung der Freiheitsrechte in Deutschland verlaufen würde, wären wir von solch einem Anschlag heimgesucht."

Etwas anders argumentiert die in Potsdam erscheinende MÄRKISCHE ALLGEMEINE:

"Das Wort vom Krieg gegen den Terror, das hat nicht nur der 11. September bewiesen, ist keine Übertreibung. Gerade deshalb ist es so fatal, dass der amerikanische Präsident und seine Regierung ihr Handeln oft mit Halbwahrheiten und Lügen begründeten und sich über rechtsstaatliche Grundsätze hinwegsetzten, die sie andernorts einklagen. Der Schaden ist von dieser Regierung nicht mehr zu reparieren."

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER folgert daraus:

"Es bedarf einer anderen Strategie, um den Teufelskreis von Hass und Gewalt endlich zu durchbrechen. Die Interessen und Bedürfnisse von Staaten und Völkern sind rational fassbar. Es ist deshalb richtig, mit allen Kräften den politischen Dialog und seine Institutionalisierung anzustreben. Hier sind konkrete Ergebnisse möglich: erlebbar, nachvollziehbar und zu weit geringeren Kosten, als der Krieg und seine Folgen verschlingen. Hier den Einstieg zu finden, ist jeder Mühe wert."

Und in der Rostocker OSTSEE-ZEITUNG lesen wir:

"Der 11. September 2001 ist allgegenwärtig. Fünf Jahre danach stehen die Nackenhaare wieder zu Berge, geht neue Terrorangst um. Zwangsläufig stellt sich die Frage, was hat der Westen gegen den Terror gekonnt? Wir haben es weiter mit einer Bedrohung zu tun, gegen die es keine Armee gibt. Denn gegen Selbstmordattentäter lässt sich kein Krieg gewinnen. Beim Angriff auf die USA kamen Menschen aus 83 Ländern um. Sie hatten friedlich zusammengearbeitet, sich und anderen genutzt. Das wäre ein Vermächtnis für alle."

Im Mittelpunkt der Kommentare des Papstbesuchs in Bayern steht die charismatische Wirkung Benedikts XVI. auf die Gläubigen:

So meint die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg:

"Dieser Papst setzt das sinnstiftende Thema Gott gegen die Kurzatmigkeit des großen Marktes, der menschliche Bindungen auf Geld zu reduzieren droht. Er stellt das Evangelium, die Botschaft von der Liebe Gottes zu allen Menschen, gegen eine Globalisierung, die Werte wie soziale Verantwortung, Gerechtigkeit unterzupflügen droht. Insofern ist das Beharren des Pontifex auf christlichen Werten und Traditionen so wichtig, auch in der modernen Gesellschaft. Gesellschaften, die die Ehrfurcht vor Gott wieder lernen, sind gefeit gegen Sinnentleerung in der Moderne, sind gewappnet gegen religiöse Eiferer. Egal woher sie kommen."

Die WESTFALENPOST aus Hagen bemerkt:

"An jedem Ort seiner Visite hält der Papst eine thematisch begrenzte und also übersichtliche Botschaft bereit: Hoffnung auf neuerliches ökumenisches Bemühen, Respekt und Toleranz gegenüber anderen Religionen, Werte-Besinnung, christliche Kindererziehung und Marienfrömmigkeit werden von Station zu Station von Benedikt nachhaltig angesprochen. Und das alles in einer Atmosphäre unmittelbar berührender Spiritualität, die für manchen Papst-Pilger, der es bis in die erste Reihe geschafft hat, sogar zu einer buchstäblich greifbaren Glaubensdemonstration ... wird."

Und die Würzburger TAGESPOST schreibt:

"Der Papst will, dass beides zusammengehört: das Soziale und das Evangelium. Gerechtigkeit und Liebe sollen... entscheidend sein für die Ordnung der Welt. Das gelingt nur, wenn man vom Gott des Evangeliums her denkt."

Die Hallenser MITTELDEUTSCHE ZEITUNG verweist auf das frühere Amt des Papstes:

"Pop oder nicht, der Heilige Vater kommt an. Umso mehr, als sein bescheidenes Auftreten den Gläubigen Nähe vermittelt. Dabei wendet sich freilich mancher auch erstaunt zurück und will im gütigen Benedikt den alten Kardinal Ratzinger nicht erkennen können, der als Chef der Katholischen Glaubenskongregation fast ein Vierteljahrhundert mit harter Hand die Reinheit der Lehre und des Glaubens schirmte."

Und die PFORZHEIMER ZEITUNG merkt an:

"Ja, der Papst kann begeistern, er redet mit einfachen, aber gehaltvollen Worten vom Sinn des Glaubens, viele hören ihm gerne zu. Und dennoch bleibt er in etlichen Fragen wichtige Antworten schuldig. Wie stehts mit der Ökumene, mit einem gemeinsamen Abendmahl? Wie mit dem Zölibat? Wie mit Frauen als Priesterinnen? Joseph Ratzinger verweist immer gerne auf die Tradition einer jahrhundertealten Institution. Das, jedoch, erklärt nur die missliche Situation der katholischen Kirche. Die Krise lösen kann dies nicht."