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Presseschau von Donnerstag, 2. Januar

Christian Walz1. Januar 2003

Deutschland im Weltsicherheitsrat / Jungfernfahrt des Transrapid / Neujahrsansprache des Kanzlers

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Deutschland ist zum Jahreswechsel in den UN-Sicherheitsrat und damit in den Focus der Weltöffentlichkeit gerückt: Anlass für viele deutsche Zeitungen, diesem Thema einen Kommentar zu widmen:

"Im neuen Jahr schlägt für die rot-grüne Bundesregierung die Stunde der Wahrheit", meint die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf.

"Deutschland ist nicht nur Mitglied des Sicherheitsrates geworden, es übernimmt im Februar sogar für einen Monat die Präsidentschaft. Gerade in dieser Zeit wird vermutlich die Entscheidung über einen Irak-Krieg fallen. Eine Zustimmung würde die Bundesbürger tief enttäuschen. Schließlich fürchten sich laut einer Umfrage die Deutschen am meisten vor einem Krieg. Diese Angst hat Kanzler Schröder für seinen Wahlsieg geschickt genutzt."

Auch die HEILBRONNER STIMME sieht auf die Bundesregierung schwere Zeiten zukommen:

"Ausgerechnet in den ersten Monaten des neuen Jahres, in der US-Präsident Bush die größte Kriegsmaschine der Welt warm laufen lässt, nimmt Rot-Grün im Weltsicherheitsrat Platz. Wenn die Deutschen im Februar den Vorsitz übernehmen, müssen sie wahrscheinlich eine Debatte leiten -und durchstehen-, die über Krieg oder Frieden entscheidet. Spätestens dann kommt die Nagelprobe für die neue Berliner Außenpolitik."

Genau diese 'Nagelprobe' wird die Bundesregierung nach Ansicht der FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND nicht bestehen:

"Der Gastauftritt im Sicherheitsrat wird deutsche Konzeptlosigkeit offenbaren. Natürlich wird Deutschland gemeinsam mit den USA, den Briten und Franzosen stimmen, wie Außenminister Fischer bereits signalisiert hat. Die Anti-Kriegs-Propaganda von Bundeskanzler Schröder war nicht nur populistisch. Sie war auch realpolitisch niemals ernst gemeint. Schröder und Fischer haben damit der Glaubwürdigkeit der deutschen Außenpolitik großen Schaden zugefügt."

Zu einem anderen Thema. Die Einweihung der ersten kommerziellen Transrapid-Strecke in Schanghai hat auch in Deutschland die Diskussion über die umstrittene Magnetschwebebahn neu angeheizt.

Der WESTFÄLISCHE ANZEIGER aus Hamm ist nicht davon überzeugt, dass der Transrapid doch noch zur 'Erfolgsgeschichte' wird:

"Sollte sich deutsche Verkehrs-Hochtechnologie auf einem Zukunftsmarkt durchsetzen, wäre das ein schönes Signal, mehr aber nicht. China ist und bleibt ein Sonderfall. So schnell, so einfach geht es anderswo nicht. Der Transrapid ist in Deutschland bislang nicht etwa gescheitert, weil der Mut fehlt. Nichts wäre schädlicher für den Transrapid als eine Referenzstrecke, die sich dauerhaft nicht wirtschaftlich betreiben ließe."

Und die STUTTGARTER NACHRICHTEN stellen mit Ernüchterung fest:

"Während hier zu Lande die Schwebebahn weiterhin ihre Versuchsrunden im Emsland dreht, fährt der Transrapid im Reich der Mitte bald nach Fahrplan. Wir diskutieren, die anderen handeln. In der aufstrebenden Metropole Schanghai verband sich deutsche Hochtechnologie mit dem chinesischen Geist des Zupackens und Umsetzens. Aber an diesen Eigenschaften mangelt es bei uns."

Zum Abschluss dieser Pressestimmen ein Kommentar, der die Neujahrs- Ansprache des Bundeskanzler analysiert. Darin hatte er die Deutschen auf 'schmerzhafte' Reformen eingestimmt.

'Das neue Jahr wird ein Jahr der Entscheidungen werden müssen - oder es wird ein schlechtes Jahr.', heißt es im Bonner GENERAL-ANZEIGER:

"Bundeskanzler Gerhard Schröder schwört die Deutschen auf einen 'harten Weg' ein. Das ist ein Begriff von angemessenerer Qualität als der der 'ruhigen Hand'. 'Harter Weg' - das klingt nach langem Marsch und gilt zuallererst für den Kanzler selbst. Die Herausforderungen gehen weit über den Gesetzgeber hinaus. Sie sind in der Tat, wie Schröder anmerkt, Mentalitätsfragen. Zwei Fragen für viele: Ist es undenkbar, auf Gehaltserhöhungen zu verzichten, wenn massenweise Arbeitsplätze abgebaut werden? Ist es undenkbar, den Generationenvertrag auch so zu verstehen, dass Rentenerhöhungen einmal ausbleiben, damit nicht alle Lasten kommenden Generationen aufgebürdet werden? Deutschland steht vor einem Jahr harter Entscheidungen - damit es in zwölf Monaten hoffentlich besser dasteht."