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Presseschau: "Palästinas Bruderkrieg entzieht sich einer rationalen Analyse"

Zusammengestellt von Christine Harjes17. Dezember 2006

Mahmud Abbas' Ankündigung von Neuwahlen ist auf ein internationales Echo gestoßen. Kommentatoren warnen vor einem Bürgerkrieg und kritisieren die Hamas. Aber auch Kritik an den westlichen Demokratien wird laut.

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Zeitungsständer

Ohne die Hamas könne Palästinenserpräsident Abbas Israel keinen Frieden bieten, schreibt die konservative britische Zeitung The Daily Telegraph:

"Die Fatah von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas will mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert verhandeln. Olmert besteht aber darauf, dass er den israelischen Rückzug aus den besetzten Gebieten, den sein Vorgänger Ariel Scharon begonnen hat, nur vollenden wird, wenn alle Raketenangriffe auf Israel aufhören und wenn die gefangenen israelischen Soldaten ausgeliefert werden. Doch Abbas kann Israel nichts bieten ohne die Unterstützung der Hamas, der gewählten palästinensischen Regierung. Die Hamas bleibt aber starr auf Gewalt, Terrorismus und Märtyrertum als einzige Mittel zur Erreichung ihres Ziel fixiert: eines unabhängigen Palästinenserstaates, der das Gebiet Israels einschließt."

Die Zeitung Luxemburger Wort beschäftigt sich unter dem Titel "Bruderkrieg" mit den Spannungen zwischen den palästinensischen Bewegungen Fatah und Hamas:

"Genährt wird die Rivalität zwischen den zwei großen palästinensischen politischen Gruppierungen durch die abweichenden Vorstellungen hinsichtlich des Existenzrechts von Israel, aber auch durch den tagtäglichen Konflikt um knappe finanzielle Ressourcen. Außenstehende mag es verwundern und schockieren, dass Palästinas politische Klasse nicht imstande ist, gemeinsam für eine Verbesserung der mehr als dürftigen Lebensverhältnisse der Palästinenser einzutreten. Von Fanatismus, Frustration und Vetternwirtschaft getragen, entzieht sich Palästinas Bruderkrieg einer rationalen Analyse. Bedenklich muss stimmen, dass die Abhaltung freier Wahlen die Aussicht auf wirtschaftliche und soziale Entwicklung und eine Befriedung Palästinas nicht verbessert hat. Mit der Hamas trägt eine Terrororganisation die Regierungsverantwortung.

Auch die italienische Zeitung Corriere della Sera spricht von einem Bruderkrieg unter den Palästinensern. Zum Konflikt zwischen Hamas und Fatah-Bewegung in den Palästinensergebieten heißt es dort:

"Mehr noch als die Schießereien, die Attentate und die Rachefeldzüge sind es die Worte und die mörderischen Anschuldigungen unter den Palästinenserführern, die wie ein Stein auf der Situation lasten und das Szenario eines Bürgerkrieges vorzeichnen. Ein Bruderkrieg, der zumindest was die Sprache angeht, bereits ausgebrochen ist.

Wenn man noch vor wenigen Tagen darauf hoffen konnte, dass eine Einigung zwischen dem gemäßigten Flügel der Hamas und der Fatah-Bewegung möglich sei, so hat sich diese Hoffnung jetzt verflüchtigt. Der Hass scheint die Oberhand über ein letztes Aufbäumen der Vernunft zu gewinnen. Die Regierung der nationalen Einheit, die als einziges mögliches Mittel zur Überwindung der internationalen Isolation und zur Wiederaufnahme des Dialogs mit Israel betrachtet wird, scheint nunmehr unmöglich."

Zum Nahostkonflikt und der Forderung von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas nach sofortigen Neuwahlen schreibt die Turiner Zeitung La Stampa:

"Die Kämpfe zwischen den Palästinensern in Gaza der vergangenen Stunden gründen sich auf drei Tatsachen: Die Unfähigkeit der westlichen Demokratien, auf Krisen Einfluss zu nehmen, die sie viel zu lange vor sich hin faulen gelassen haben. Die Selbstbestätigung des integralistischen Irans, der dank des Krieges der USA im Irak enorme neue Macht gewonnen hat. Und auf den Zerfall von drei Tabus, auf die sich das internationale Recht seit 1945 gegründet hatte: Das Tabu der Vernichtung des jüdischen Volkes; das Tabu der Atombombe, die plötzlich banalisiert wird, als handele es sich um ein ganz normales Machtzeugnis. Und das Tabu, dass Staaten als der Existenz unwürdig erklärt werden, wenn sie Teil der Vereinten Nationen sind.

Es ist, als fände man sich plötzlich auf dem Grund eines Brunnens wieder, der aus Anomalien (...) gemacht ist. Und vom Grund dieses Brunnens hat Präsident Mahmud Abbas (...) seine Stimme erhoben, in der Hoffnung, aus ihm wieder herauszukommen: Durch vorgezogene Neuwahlen (...) hofft der Nachfolger Arafats, zusammen mit Fatah und einer geschwächten Hamas, die Friedensverhandlungen mit Israel wiederaufnehmen zu können."