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Flickenteppich Irak

11. September 2007

Es ist das Top-Thema in der internationalen Presse: Der Bericht des US-Oberkommandierenden im Irak, General David Petraeus. Für die Mehrheit der Kommentatoren ist sein Bericht ein Eingeständnis des Scheiterns.

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"La Repubblica" aus Rom: Verflüchtigte Hoffnung

"Die Hoffnung, dass zumindest am sechsten Jahrestag des 11. September die amerikanischen Institutionen - Weißes Haus, Kongress, Streitkräfte - endlich gemeinsam den Mut finden und die Wahrheit sagen und damit also jene, den Bürgern versprochene Wende einleiten, hat sich in Statistiken verflüchtigt, in Rhetorik, Grafiken und militärischer und politischer Bürokratie. Und am Ende bleibt alles, genau so wie es ist: Ein Irak wie ein Flickenteppich, der sich in den Händen aller und niemanden befindet, genau wie jenes Vietnam, an das Bush jüngst unvorsichtigerweise erinnert hat."

"Tagesanzeiger" aus Genf: Teheran als Sieger

"Im Kern steht fest, dass George W. Bushs Vision eines demokratischen und sicheren Irak wahrscheinlich gescheitert ist; wie einst Richard Nixon in Vietnam darf der Präsident im Irak bestenfalls auf einen 'ehrenhaften Frieden' hoffen. (...) Die Anhörungen auf dem Kapitolshügel verschaffen dem Präsidenten (...) einen Spielraum von etwa sechs Monaten; danach werden mindestens fünf Brigaden abgezogen und nicht ersetzt werden. Geschieht zwischenzeitlich kein politisches Wunder in Bagdad, dürfte das Regime in Teheran dank seines gewachsenen Einflusses im Irak als Sieger aus Bushs Krieg (...) hervorgehen - ohne allerdings wie der Washingtoner Kriegsherr eine halbe Billion Dollar ausgegeben zu haben."

"Independent" aus London: Inkompetenz und Arroganz

"Die Aufstockung der Truppen war niemals dazu da, den Irak zu stabilisieren. Die Amerikaner hatten bereits die Kontrolle verloren, als die Truppen vor einiger Zeit in das Land strömten. Die Absicht war es, die Rufe der Demokraten und einiger Republikaner nach einem Zeitplan für den US-Abzug abzuwehren. Das ist zynisch und schändlich. Aber was kann man sonst von einem militärischen Abenteuer erwarten, das mit einer solchen Anmaßung entworfen wurde und mit solch einer Inkompetenz und rücksichtslosen Arroganz ausgeführt wurde? Die US-geführte Besetzung des Iraks löst sich auf die gleiche unmoralische Art und Weise auf, wie sie begann."

"El Periodico de Catalunya" aus Barcelona: Strafe der Wähler

"Der Bericht des US-Oberkommandierenden im Irak, General David Petraeus, bedeutet das Eingeständnis, dass es auf dem Gebiet der Sicherheit kaum Fortschritte gab. Dies ist eine verheerende Nachricht für die US-Republikaner, die nun die Strafe der Wähler fürchten. Die Demokraten haben so viel Spielraum, dass sie nicht einmal sagen müssen, wie sie aus dem Irak-Konflikt herauskommen wollen. Das ist an den vagen Positionen von Kandidaten wie Hillary Clinton oder Barak Obama abzulesen. Für diejenigen, die vom Sieg bei der US-Präsidentenwahl im kommenden Jahr träumen, ist das eine ideale Situation. Umso beunruhigender ist die Perspektive dagegen für all jene, die auf eine Ende des Albtraums im Irak hoffen."

"Luxemburger Wort" aus Luxemburg: Schönung der Bilanz

"Kluge Führer wissen, wo ihre Grenzen sind, lautet ein Lehrsatz aus Sun Tzus 'Die Kunst der Kriegsführung'. Im Irak gebietet es die Lage, ergänzend zu Meister Sun zu sagen, dass dies auch für die mächtigste Armee der Welt im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gilt, ja gelten muss. General David Petraeus, Kommandeur der US-Truppen im Irak, hat dies als militärisch-politischer Vordenker längst erkannt: 'Es gibt Grenzen für das, was unsere Armee leisten kann', sagte der brillante Stratege unverblümt im ABC-Interview. Ähnlich deutlich dürfte er im US-Kongress werden. Auch wenn er mit fraglichen Statistiken eigentlich ein Pleonasmus versuchen wird/muss, das Irak-Desaster des Weißen Hauses in eine halbwegs elektoral vorzeigbare Bush-Bilanz umzuwandeln." (wei)