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Prüfungsstress

26. Juli 2011

Sommerzeit - Ferienzeit? Für viele Studierende sieht das anders aus. Seit der Bologna-Reform hat sich die Prüfungssituation verschärft. Auch richtiges Lernen will da gelernt sein.

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Symbolbild Prüfungsstress: Studentin liegt zwischen ihren Büchern (Foto: Fotolia)
Von wegen Ferien!Bild: Fotolia/ Davide Pesce

Lernen kann so schön sein. Irina verbindet die Pflicht mit dem Angenehmen und bereitet sich mit einigen Kommilitoninnen beim gemeinsamen Frühstück im Garten auf die nächste Klausur vor.

"Ein Kopf ist gut, zwei sind noch besser", findet die 25-jährige Russin, die im ersten Semester Grundschulpädagogik an der Goethe-Universität Frankfurt studiert. Sie hat sich kurzerhand einer deutsch-russischen Lerngruppe angeschlossen. Für sie als russische Muttersprachlerin birgt das einige Probleme. "Ich muss zum Beispiel genau überlegen, was ich jetzt sage, und es geht bei mir langsamer, und manchmal haben die Deutschen einfach keine Geduld."

Verschulung der Unis und "Bulimie-Lernen"

Frühstückstisch einer Lerngruppe an der Goethe-Universität Frankfurt am Main (Foto: DW / Bianca von der Au)
Didaktik beim Frühstück...Bild: DW / Bianca von der Au

Geduld haben aber dafür ihre Kommilitoninnen von der Lerngruppe. Denn neben dem Sprachproblem, das nur Irina betrifft, müssen sie alle seit der Bologna-Reform mehr lernen. Das europaweit einheitliche Kurssystem erfordert viele Einzelprüfungen für die Gesamtnote. Aus Sicht von Katharina Pfaffinger, die auch in Irinas Lerngruppe mitmacht, ist das ein ganz schönes Lernpensum, das da auf einen zukommt. "Es ist wahnsinnig viel Stoff und ziemlich wenig Zeit. Im Prinzip ist es nur noch ein Auswendiglernen." Katharina hat sich auch mit Studenten unterhalten, die früher studiert haben und die meinten, damals sei das längst nicht so viel gewesen wie heute.

Der AStA – die Studierendenvertretung an der Goethe-Universität Frankfurt – kritisiert seit der Bologna-Reform eine "Verschulung" der Universität. AStA-Mitglied Marco Sager hält die Prüfungsdichte für einen großen Knackpunkt bei den Bachelor- und Masterstudiengängen. "Das ist das viel zitierte Bulimie-Lernen, man treibt es alles rein, schreibt es auf, aber danach bleibt vielleicht nicht mal die Hälfte hängen."

Belastung nimmt zu

Notizblock mit Mathematik-Aufgaben in der Cafeteria der Goethe-Universität Frankfurt am Main (Foto: DW / Bianca von der Au)
...und Mathematik zum KaffeeBild: DW / Bianca von der Au

Für Natur- und Wirtschaftswissenschaften sind die studienbegleitenden Prüfungen nichts Neues. Aber in den Geistes- und Sozialwissenschaften weht seit Bologna ein anderer Wind. Das bestätigt auch Astrid Irrgang vom Studien-Service-Center, der zentralen Beratungsstelle für Studierende, wo der Beratungsbedarf seit Bologna deutlich gestiegen ist.

Sie glaubt, dass die persönlich empfundene Belastung bei den Studierenden allgemein zugenommen hat. "Wenn eine Prüfung schief geht, fängt in der Tat neuerdings die Uhr an zu ticken." Wer eine Modulprüfung nicht besteht, muss sie nämlich innerhalb einer bestimmten Zeit wiederholen und dann auch bestehen. "Sonst werden die Studierenden nach einem bestimmten Zeitraum vom gesamten Studiengang exmatrikuliert", sagt Astrid Irrgang.

Bibliothek statt Badesee

Und so heißt es für viele Studierende bis in die Semesterferien hinein: Bibliothek statt Badesee. Oder eben gemeinsames Pauken. Da haben natürlich Lerngruppen Hochkonjunktur. Hier teilen sich die Studenten die Arbeit auf. Das heißt jeder bereitet einen bestimmten Text vor, und in der Gruppe fragt man sich gegenseitig ab.

Für die russische Studentin Irina eine Erleichterung. Auch wenn sie die Prüfungen an deutschen Unis eher gelassen sieht - verglichen mit denen in ihrem Heimatland. "Ich finde das hier recht locker, bei uns ist alles ein bisschen strenger."

Autorin: Bianca von der Au
Redaktion: Gaby Reucher