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Positive Signale für griechische Wirtschaft?

Jannis Papadimitriou21. November 2014

Premier Antonis Samaras macht Lohnkürzungen rückgängig und streitet sich mit der Troika über Reformauflagen für die griechische Wirtschaft. Experten sehen das kritisch.

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Ansicht des Syntagma- Platzes in Athen Parlament
Bild: DW/I. Anastassopoulou

Griechische Polizisten, Soldaten, Feuerwehrleute und Küstenwächter dürfen sich schon jetzt auf ihre nächste Lohnzahlung freuen. Denn ab sofort bekommen sie in kleinen monatlichen Raten insgesamt 50 Prozent des Geldes zurück, das ihnen seit August 2012 in mehreren Sparrunden gestrichen wurde. Auch die griechischen Richter werden in den kommenden Wochen eine umfangreiche Lohnrückerstattung erhalten.

Die teilweise Rücknahme von Einkommenskürzungen geht auf ein Urteil des obersten griechischen Verwaltungsgerichtes im Januar zurück: Damals haben die Richter den Lohnabbau für Uniformträger für verfassungswidrig erklärt. Anscheinend will Regierungschef Antonis Samaras zudem mit seiner großzügigen Lohnpolitik ein Zeichen für den von ihm beschworenen Aufbruch setzen. Schließlich verweist er seit Ende 2013 mit Stolz darauf, dass Griechenland den ersten Primärüberschuss seit zehn Jahren erwirtschaftet hat. Das bedeutet ein Plus im Haushalt - allerdings ohne Berücksichtigung der Zinslast. "Nun geht es der Politik darum, den Primärüberschuss als Dividende wieder auszuschütten", kritisiert Panagiotis Petrakis, Wirtschaftsprofessor an der Universität Athen, im Gespräch mit der DW. Der Ökonom bezweifelt nicht, dass auch in den nächsten Jahren ein Überschuss erzielt werden könne. Fraglich bleibe allerdings, ob Griechenland in der Lage sei, seinen Haushaltsüberschuss auch nachhaltig zu steigern, damit die internationalen Kreditgeber ihr Geld zurückbekämen.

Griechenland lässt Rezession hinter sich

Daran will der griechische Regierungschef keinen Zweifel aufkommen lassen: Im September versicherte Samaras bei der Eröffnung der größten griechischen Handelsmesse in Thessaloniki, das Schlimmste sei überstanden. Wenig später stellte er Steuersenkungen, Zahlungserleichterungen für säumige Bankschuldner sowie ein staatlich garantiertes Mindesteinkommen in Aussicht - und nicht zuletzt auch den vorzeitigen Ausstieg aus dem Rettungsprogramm für Griechenland im ersten Halbjahr 2015. Zwar läuft zum Jahresende 2014 das aktuelle Hilfspaket der Euro-Zone ohnehin aus. Doch das mit harten Sparauflagen verbundene Programm des Internationalen Währungsfonds (IWF) soll noch bis März 2016 fortbestehen.

Antonis Samaras im Europaparlament (Foto: Reuters)
Der griechische Premier Samaras verweist mit Stolz auf den Primärüberschuss in GriechenlandBild: Reuters

Samaras sieht seine Zuversicht durch die jüngste Schätzung der europäischen Statistikbehörde Eurostat für das Wachstum im Euroraum bestätigt: Die griechische Wirtschaft ist diesen Angaben entsprechend im dritten Quartal 2014 bereits zum dritten Mal in Folge gewachsen. Diese Aussage sei jedoch mit Vorsicht zu genießen, glaubt Professor Petrakis. "Griechenland hat in der Tat eine sechsjährige Rezession hinter sich gelassen, aber das liegt zum großen Teil daran, dass die Importe krisenbedingt zurückgehen. Eine nachhaltige Exportentwicklung sehen wir noch nicht und der Tourismus allein kann es wohl kaum richten", mahnt der Ökonom.

Einen Teil der Verantwortung für weiter bestehende Probleme sieht er allerdings auch bei der aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) bestehenden Troika. Als Beispiel nennt er die Arbeitsmarktreform: Es könne nicht angehen, dass man erst nach sechs Rezessionsjahren und bei 1,5 Millionen Arbeitslosen im Land beginnen solle, über die Erleichterung von Entlassungen zu verhandeln. Solch schmerzhafte Reformen müssten bereits zu Beginn eines Rettungsprogramms erfolgen, bevor die Bevölkerung von den drastischen Sparmaßnahmen völlig zermürbt sei, klagt Petrakis.

Streit mit der Troika

Die Geldgeber verweisen jedoch darauf, dass viele längst vereinbarte Reformschritte noch nicht umgesetzt seien. Aus diesem Grund wird der ursprünglich für Anfang November geplante Kontrollbesuch der Troika in Athen immer wieder verschoben - mit der Begründung, man warte zunächst einmal auf "einschlägige Vorschläge" der griechischen Seite. "Die politische Klasse in Griechenland ist schwach und nicht in der Lage, mit Problemen umzugehen", kritisiert Politikwissenschaftler Levteris Koussoulis. "Sie verschiebt diese einfach in die Zukunft, um möglichst dauerhaft davon verschont zu bleiben." Das gelte im Übrigen nicht nur für die Regierung, sondern auch für die Opposition, fügt Koussoulis hinzu.

Levteris Koussoulis, Politikwissenschaftler aus Griechenland (Foto: DW)
Koussoulis: "Politische Klasse in Griechenland ist schwach"Bild: DW/J. Papadimitriou

Während die Troika weiterhin auf Reformgarantien drängt und eine neue Finanzlücke für 2015 prognostiziert, beharrt Athen darauf, dass alle verkündeten finanziellen Verbesserungen für die Bevölkerung gut durchdacht und ausreichend finanziert seien. "Mit Blick auf mögliche Neuwahlen will die Regierung die Not der Wähler schnell lindern", erläutert Levteris Koussoulis gegenüber der DW. Der Politikwissenschaftler glaubt, dass im März 2015 vorgezogene Neuwahlen für das griechische Parlament stattfinden könnten, da zu diesem Zeitpunkt auch ein neuer Präsident gewählt werden soll.