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Malier wollen an die Wahlurne

Katrin Gänsler31. Januar 2013

In Mali hält der Jubel über die französische Militärintervention an. Doch die Befreiung des Nordens ist nur der erste Schritt. Jetzt muss die Übergangsregierung zügig freie, faire und glaubwürdige Wahlen vorbereiten.

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Französische Truppen in Gao auf einem gepanzerten Wagen (Foto: dapd)
Bild: dapd

Yehia Ag Mohmed Ali ist ungeduldig: "Wir können doch nicht darauf warten, dass der Krieg zu Ende ist und dann erst mit der Vorbereitung der Wahlen anfangen. Wir sind jetzt schon dabei!", erklärt er. Für den neuen Tourismusminister, der seit Mitte Dezember im Übergangs-Kabinett von Premierminister Diango Cissoko sitzt, drängt die Zeit. Neben der Militärintervention müsse sich in Mali endlich auf politischer Ebene etwas tun, sagt er.

Denn in Bamako herrscht seit knapp einem Jahr weitgehend politischer Stillstand. Schuld war der Putsch im März 2012. Auf politischer Ebene ging plötzlich nichts mehr voran. Eine Übergangsregierung musste her, die sich um die Vorbereitung freier, fairer und glaubwürdiger Wahlen kümmern sollte. Davon war bisher allerdings wenig zu spüren - im Gegenteil: Die Interimsregierung war lange Zeit mit sich selbst beschäftigt und diskutierte Personalfragen. Erst Anfang Dezember war Cissokos Vorgänger Cheick Modibo Diarra sprichwörtlich über Nacht vom Putschisten-Hauptmann Amadou Haya Sanogo abgesetzt worden. Bewertet wurde das als ein Zeichen der Schwäche der Übergangsregierung.

Tourismusminister Yehia Ag Mohamed Ali (Foto: Katrin Gänsler)
Tourismusminister Yehia Ag Mohamed Ali in BamakoBild: DW/K. Gänsler

Biometrisches Wahlregister für Mali

Doch seit der Militärintervention Frankreichs am 11. Januar scheint sich nun in Bamako einiges zu bewegen. "Wir sind dabei, biometrische Wählerkarten einzuführen", erklärt Minister Yehia Ag Mohamed Ali. Bis April - also in drei Monaten - sollen diese bereits gedruckt sein. Dennoch gibt es viele ungeklärte Fragen: "Die Wählerliste ist nicht vollständig. Außerdem müssen die Flüchtlinge registriert werden", benennt Annette Lohmann, Büroleiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bamako, einige der Probleme.

Flüchtlinge aus Mali in den Nachbarländern. (Foto: Katrin Gänsler)
Unklar ist, wo die Flüchtlinge in den Nachbarländern wählen könnenBild: DW/K. Gänsler

Geklärt ist außerdem noch nicht, was mit den Flüchtlingen passiert, die in die Nachbarländer geflohen sind. Mehr als 200.000 Menschen sollen sich nach Angaben des Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten Nationen ins benachbarte Ausland gerettet haben. Vor allem Mauretanien und Burkina Faso haben viele Malier aufgenommen. Dass die alle in absehbarer Zeit zurückkehren, gilt als unwahrscheinlich.

Bis zum 31. Juli an die Wahlurne

Doch der Druck, das so zügig wie möglich zu schaffen, ist gewaltig. Beim Gipfeltreffen der Afrikanischen Union in Addis Abeba sagte Malis Übergangspräsident Dioncounda Traore: Nach Möglichkeit sollten die Wahlen vor dem 31. Juli stattfinden. Hilfreich dafür ist nun das Votum der Nationalversammlung: Ebenfalls am Dienstag hatte sie der "Feuille de Route" - einem Fahrplan, der die Nachkriegszeit regeln soll - zugestimmt. Das Papier war vorher lange diskutiert worden.

Badiè Hima, Leiter des Nationalen Demokratie Instituts (Foto: Katrin Gänsler)
Badiè Hima, Leiter des Nationalen Demokratie InstitutsBild: DW/K. Gänsler

Für Badiè Hima, Direktor des Nationalen Demokratie Instituts, ist das Schriftstück von immenser Bedeutung. Denn mit ihm wird deutlich gemacht: Das Land muss zwar eine große Krise überwinden, will aber auf jeden Fall zurück zu einer staatlichen Ordnung. "Wir zeigen, dass Mali kein 'failed state', kein gescheiterter Staat ist", so Hima. "Es stimmt zwar, dass es im Norden keine Freiheiten mehr gab. Aber mit der Rückeroberung der Region wird sich das alles sehr schnell wieder ändern."

Mali fehlen internationale Hilfsgelder

Die "Feuille de Route" und die anstehenden Wahlen haben aber noch ein weiteres wichtiges Ziel. Nach dem Staatsstreich hatten viele Länder ihre Finanzhilfen eingestellt - für Mali eine Katastrophe, denn das Land ist von ausländischer Hilfe abhängig. Doch das Geld könnte nun bald wieder fließen, hofft Badiè Hima: "Unsere Partner kommen wieder und bringen die Hilfe zurück."

Demonstranten in Bamako (Foto: Katrin Gänsler)
Unmittelbar nach dem Putsch im März 2012 forderten Demonstranten in Bamako eine politische LösungBild: DW/K. Gänsler

Doch auch das löst nicht alle Probleme. Viele Malier haben unter dem katastrophalen Absturz ihres Landes sehr gelitten. Im Norden richtete beispielsweise vor einem Jahr, als die Krise begann, die Befreiungsbewegung von Azawad - die MNLA - ein Massaker an. Dutzende Soldaten und Zivilisten kamen ums Leben. Danach plünderten Islamisten und Terroristen Häuser, rekrutierten Kinder als Rebellen, vergewaltigten Frauen. Die rigide Umsetzung der Scharia war für viele die Hölle und ist noch immer ein Horrorszenario.

Badiè Hima fordert deshalb ein Regierungsprogramm, in dem Versöhnung und Vergebung zentrale Themen sind. "Die Krise hat einen Einfluss auf die Gesellschaft, auf die Beziehungen zwischen und innerhalb der verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Wir müssen den Menschen bei der Versöhnung helfen."