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Politik direkt Forum vom 18. 02. 2008

26. Februar 2008

"Wie stark müssen sich Einwanderer anpassen?"

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Informationen zum Thema:

Türken in Deutschland - Integration immer noch schwierig

Tosender Beifall für den türkischen Ministerpräsidenten bei seinem Deutschlandbesuch. Beifall vor allem für diesen Satz: "Ich verstehe sehr gut, dass ihr gegen die Assimilierung seid. Man kann von euch nicht erwarten, euch zu assimilieren." Bei deutschen Politikern und kritischen Türken in Deutschland hat dieser Satz für große Empörung gesorgt. Unionspolitiker stellen erneut die Europatauglichkeit der Türkei in Frage. Und Bundeskanzlerin Merkel will auch die Kanzlerin aller in Deutschland lebenden Türken sein. Erdogan hat einerseits Wahlkampf für seine Partei in Deutschland geführt, aber offenbar auch vielen Türken aus dem Herzen gesprochen. Die deutsch-türkischen Beziehungen sind erneut in einer schwierigen Phase; vor allem nach dem Hausbrand von Ludwigshafen, der neun Menschen das Leben kostete.

Unsere Frage lautet:

"Wie stark müssen sich Einwanderer anpassen?"

Antworten unserer Zuschauer:

Walter Augustiniak, USA:

"Stellen Sie sich bitte vor, Sie würden einen US-Bürger fragen, ob er bereit wäre, Sitten und Gebräuche eines Einwanderers zu übernehmen. Sie müssten sich ernsthaft Sorgen um ihn machen, es könnte leicht passieren, dass er sich totlacht. Wenn die in Deutschland lebenden Türken es so schrecklich finden, wie ein Deutscher leben zu sollen und Deutschland ein so sehr verdorbenes und verkommenes Land ist, wäre es doch ein Leichtes, sich diesem Martyrium nicht auszusetzen. Er kann vielen Deutschen einen Gefallen tun und nach Hause gehen."

Anna Losso, Brasilien:

"Wenn man in einem fremden Land lebt, dann sollte man sich an die Bräuche und Gepflogenheiten dieses Landes anpassen. Zu Hause und unter Freunden kann man seine eigene Sprache und Kultur pflegen, aber sonst sollte man so leben, als sei man Deutscher in Deutschland, Brasilianer in Brasilien usw. Man ist Gast, und Gäste passen sich an. Keiner verliert seine Identität dadurch, dass er mit Menschen einer anderen Kultur zusammenlebt, und wer diesen 'Verlust' beklagt, hatte auch im Heimatland Identitätsprobleme."

Florian Schmidt, Finnland:

"Seit 1987 wohne und arbeite ich in Loimaa (Finnland). Für mich war es ein logischer Schritt, die Sprache zu lernen, finnische Freunde zu finden und am öffentlichen Leben teilzunehmen. Würde ich für ein öffentliches Amt kandidieren, so hätte ich keine schlechten Chancen gewählt zu werden. Meine finnischen Freunde wundern sich, dass ich immer noch keinen finnischen Pass habe. Ich sage ihnen, dass sich mit einem anderen Pass meine Wurzeln, meine Erziehung und Mentalität nie ändern würde. Als Europäer kann ich bei Kommunal- und Europawahlen aktiv die Politik mitbestimmen. Deshalb stehe ich dazu, als angepasster und integrierter und von den Finnen respektierter Deutscher in Finnland zu leben. Ich genieße die Gastfreundschaft und meinen Status und vermische beide Kulturen. Allerdings hängt der Erfolg ganz entscheidend von meinem Willen ab. Mich hat keiner gebeten, hierher zu kommen. Wenn mir etwas nicht passt, so kann ich das Land jederzeit verlassen, denn ich kann nicht erwarten, dass meine Gastgeber sich an mich anpassen."

Maria Mueller, Kanada:

"Ich bin als junges Mädchen 1963 nach Kanada ausgewandert. Meine ganz feste Meinung ist: Egal, von wo der Mensch kommt – wenn er in ein anderes, neues Land auswandert, dann muss er sich einfach anpassen an dieses Land, in dem er leben möchte und das Gesetz des Landes achten. Wenn wir in die Türkei, nach Indien oder in ein anderes Land gehen, müssen wir uns auch nach deren Gesetzen richten. Umgekehrt müssen sich diese Menschen auch an das deutsche Gesetz halten (...). Man soll die Sprache auch lernen, egal wie alt man ist. Dann geht alles leichter (...)."

Herr Sami, Syrien:

"Das Wort ‚Assimilation‘ ist schwer zu definieren. Überall auf der Welt haben Minderheiten Probleme sich zu integrieren. Die Türken müssen aber verstehen, dass es nicht funktioniert, wenn sie in einem Land leben und einem anderen Land im Herzen treuer sind. Sie müssen sich mehr Mühe geben, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Umgekehrt sollten die Deutschen mehr Verständnis für die türkische Gemeinschaft in Deutschland aufbringen. Sie sollten die türkische Kultur und Traditionen respektieren, solange sie die Integration in die deutsche Gesellschaft nicht gefährden."

Fritz von Berg, Deutschland:

"Selbstbewusst und doch bescheiden (ein altes preußisches Motto!) – und die Türken werden doch oft als die Preußen Vorderasiens bezeichnet."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Einwanderer und ihre Nachkommen haben schon immer und halten noch bis zu einem (gewissen) Grade an manchen Gebräuchen ihres Ursprungslandes fest. Ist so weit in Ordnung. Aber die Betonung muss auf 'bis zu einem gewissen Grade' liegen. Ansonsten sind sie Amerikaner, Australier usw. Wenn ein türkisches Staatsoberhaupt eine solche (Hetz)rede gegen 'Anpassung' hält, muss man sich fragen ob die, die sagen, dass die Türkei nicht reif für die EU ist, nicht doch recht haben. Denn auch dazu gehört einiges an Anpassung."

Harald Schmitz, Brasilien:

"Es muss grundsätzlich im eigenen Interesse eines jeden Einwanderers liegen, sich seiner neuen Heimat anzupassen und dessen Sprache zu sprechen. Das ist weltweite Norm und die Basis für jeglichen Erfolg. Ob der Staat dabei helfen will, ist ihm selbst überlassen. Wir haben vor 57 Jahren von niemanden Unterstützung erhalten und mussten uns selbst durchboxen. Anpassung, Sprache, Können und der Wille zum Erfolg waren auch damals die Grundlagen für einen guten Anfang."

Joachim Wagner, Dominikanische Republik:

"Total, auch wir müssen uns überall anpassen. Kein Ausländer ist gezwungen worden, in Deutschland zu leben."

Rainer S. Letzelter, Brasilien:

"Ich wohne und arbeite seit 13 Jahren in Brasilien und habe bis heute keinerlei Integrationsprobleme gehabt. In gewissen Dingen muss man sich anpassen, aber man wird zu nichts gezwungen. Ich werde als Deutscher (Ausländer) respektiert und kann meine deutsche Kultur weitergeben. Es ist ein gegenseitiger Kulturaustausch. Ich finde, dass man sich an gewisse Dinge als Ausländer anpassen sollte, aber nicht seine Kultur und Mentalität komplett ändern."

Dirk Marotzke, Brasilien:

"Mögliche gemischte Gefühle der Einwanderer dem neuen Land gegenüber sind durchaus nachzuempfinden. Für die in Deutschland geborenen und aufgewachsenen jedoch gilt meines Erachtens die einfache Formel 'Love it or leave it!' Unzählige Beispiele zeigen uns, dass das Zugehörigkeitsgefühl zu Deutschland kein Abschneiden der Wurzeln bedeuten braucht und kann."

Herbert Fuchs, Finnland:

"In einem neuen Land positiv anzukommen, ist leichter gesagt als getan. Sicherlich sollte man an erster Stelle einigermaßen die Sprache des Gastlandes erlernen und auch gleichzeitig der neuen Umgebung, d.h. den Menschen und der Kultur ausgeglichen gegenüberstehen. Ich selbst lebe schon seit fast 20 Jahre hier und mein altes deutsches Herz schlägt im Gleichklang mit den Finnen (...). Ich habe durch meine fränkische Freundlichkeit und Sprechen mit allen Menschen, die ich so kenne, fast immer die gleiche Wellenlänge erreicht. Es ist nicht von heute auf morgen gekommen, sondern es ist ein Reifeprozess und ist im Laufe der Jahre gewachsen. Doch eines muss ich ehrlich zugeben: Dass ich hier mehr ein Kosmopolit geworden bin. (...) Ich bin ein 'Weltbürger' und habe keine Vorurteile anderen Menschen gegenüber. (...) Die Türken sind ein fleißiges und ehrliches Volk und haben ein ausgeprägtes Kulturbewusstsein. Irgendwie kann ich schon gut verstehen, dass man das von einer Generation auf die nächste Generation nicht einfach durch die deutsche Kultur (...) ersetzen kann. Das kann viele Generationen dauern, bis Herz und Seele der Türken die deutsche Kultur angenommen haben. (...)"

Steffi Fischer, Argentinien:

"Es gibt kaum ein anderes Land, in dem Ausländer, speziell die Türken, so bei der Integration unterstützt werden. Wenn die Türken sich in Deutschland trotz allem nicht wohl fühlen, dann müssen sie eben in ihr Land zurückkehren. Es gibt keinen Grund, warum Deutschland für alle Türken die Tür aufhalten soll. Ich lebe in Argentinien und hier haben es die Immigranten sehr viel schwerer Fuß zu fassen. Wer sich hier nicht den Landessitten anpasst, der geht unter. Eine Integration ist sehr viel schwerer als in Deutschland. Mehr Respekt von den Türken gegenüber Deutschland!"

Helge Weyland, Argentinien:

"Jeder, der in einem fremden Land lebt - ob als Rentner, als Student, als Arbeiter oder weil er es für notwendig hält - muss sich an die Formen, Gesetze und Forderungen des Gastlandes und seiner Umwelt angleichen, sonst ist der Grund seines Dortseins sinnlos, fraglich und unglaubwürdig."

Martin Burmeister, Venezuela:

"Einwanderer müssen sich selbstverständlich in Sprache und Gewohnheiten dem Gastland anpassen. Wenn sie daneben weiterhin ihre Muttersprache, Kultur und Traditionen des Geburtslandes bewahren möchten, darf sie niemand daran hindern, solange dieses nicht gegen die Gesetze des Gastlandes verstößt."

Tanja Mercer, Kanada:

"Ich selbst bin deutscher Staatsbürger und lebe seit einem Jahr in Kanada und musste mich auch anpassen. Meiner Meinung nach sind Türken in Deutschland sich selbst ein Problem. Nicht nur die Türken, sondern alle Muslime in Deutschland haben ein Problem mit der Integration. Das Hauptproblem bei den Muslimen ist die Religion! Der Deutsche Staat tut meiner Meinung nach viel zu viel für die Muslime. Angefangen vom Moscheenbau usw. Spanier, Italiener, Franzosen, Skandinavier usw. haben auch keine Probleme sich zu integrieren (...)."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"In der Fremd', fort von zuhause,

nötig manchmal eine Pause,

wenn der Gast am ausprobieren,

wie kann ich mich adaptieren?

Fakt ist, einmal sollt's passieren."

David Rentzel, USA:

"Die Frage ist: Warum soll man in einem Land bleiben, an das man sich nicht anpassen will? Ich sage: Geh dahin zurück, wo du herkommst! Leute, die Bürger eines fremden Landes sein wollen, sollten die Sprache dieses Landes sprechen und die Gewohnheiten respektieren. Diesem Land sollten sie die Treue schwören, keinem anderen. Das gilt insbesondere für Muslime. Sie sind in alle Herren Länder gekommen und haben überall die Integration verweigert. (...) Aber erlauben muslimische Länder umgekehrt Immigranten nach eigenen Vorstellungen zu leben? Nein! (...) Die meisten meiner Vorfahren waren Deutsche; ich bin in Amerika geboren. Ich bin Amerikaner, aber ich respektiere die historischen Wurzeln meiner Vorfahren. Als die herkamen, haben sie die Sprache und die Sitten dieses Landes angenommen. Mittlerweile diskutiert man hierzulande eine bilinguale Gesellschaft, weil so viele illegale Einwanderer aus Mexiko hier sind, die nur Spanisch können. Will Deutschland Türkisch lernen?"

Rina V., Südafrika:

"Einwanderer müssen sich in ihrer Ganzheit anpassen an ihre Wahlheimat. Das heißt in der Sprache, Kultur und Religion. Ohne dies ist (Integration) nicht möglich."

Die Redaktion von ‚Politik direkt‘ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.