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Politik direkt Forum vom 13. 11. 2008

20. November 2008

"Was können wir von Einwanderern verlangen?"

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Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Jugendlichen beim 2. Jugendintegrationsgipfel im Kanzleramt in Berlin. (AP Photo/Franka Bruns)Bild: AP Photo/Franka Bruns

Informationen zum Thema:

Einwanderungsland Deutschland - Weshalb Integration zur "Chefsache" wird

"Wir riefen Arbeiter, und es kamen Menschen", so hat der weltberühmte Schriftsteller Max Frisch es einmal festgestellt. Als vor mehr als 50 Jahren die ersten Gastarbeiter nach Deutschland kamen, interessierte sich die Politik nicht für die langfristigen Folgen der Arbeitsmigration. Millionen sind seitdem gekommen, zunächst aus Südeuropa, dann aus der Türkei, später aus nordafrikanischen Staaten. Mittlerweile lebt die zweite und dritte Generation in Deutschland, und sie haben einen großen Anteil an der Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik. Doch viele von ihnen sind schlecht integriert, leben in Parallelgesellschaften, verweigern demokratische Werte. Manche von ihnen driften ab in religiösen Fanatismus, Kriminalität. Integration ist zu einer der größten Herausforderungen deutscher Politik geworden.

Unsere Frage lautet:

"Was können wir von Einwanderern verlangen?"

Antworten unserer Zuschauer:

Samih Amri, Tunesien:

"Ich glaube, ein Einwanderer muss vor allem die Sprache des Landes, wo er arbeitet, beherrschen. Sonst kann er sich nicht mit den anderen gut kommunizieren! Außerdem muss er die Kultur und Traditionen dieses Landes kennen und respektieren. Ohne das kann man nicht über eine gute Integration in der Gesellschaft sprechen."

René Junghans, Brasilien:

"An erster Stelle erwartet man, dass Einwanderer sich integrieren. Das beginnt damit, die deutsche Sprache zu erlernen, deutsche Werte zu übernehmen, d.h. deutsche Gesetze, Kultur und Religion zu respektieren und wer im Schulalter ist, deutsche Schulen zu besuchen und sich zu bemühen, beim Unterricht wirklich dabei zu sein, um etwas zu lernen. Einwanderereltern müssen ihre Kinder in diese Richtung erziehen. Schulabgänger müssen sich bemühen, einen Beruf zu erlernen und sich im deutschen Arbeitsprozess integrieren. So wie wir Deutschen fremde Religionen und Lebensgewohnheiten bestmöglichst respektieren, kann man das von jedem Einwanderer auch erwarten. Wer die kriminelle Laufbahn einschlägt, der muss ohne viel Federlesens abgeschoben werden und wer trotzdem wieder illegal einwandert, der sollte entsprechend hart vom Gesetzgeber behandelt werden und eine entsprechende Haftstrafe absitzen, bevor er erneut abgeschoben wird. Wer sich anständig benimmt, der integriert sich auch einfach und findet in Deutschland eine neue Heimat, ohne Vorurteile und ohne Anfeindungen. So klappt es bei uns in Brasilien bestens, und ich muss sagen, ich habe hier die letzten 36 Jahre eine wirklich zweite Heimat gefunden. Warum sollte das für Einwanderer in Deutschland nicht so sein? Wie man in den Wald brüllt, so hallt es heraus - ist eine alte Weisheit und immer noch aktuell!"

Martyn Fletcher, Großbritannien:

"Fremdenfeindlichkeit, die mit einem überkommenen Hierarchie- und Statusdenken einhergeht, ist nach wie vor sehr verbreitet bei der älteren Generation in Deutschland. Ich habe als britischer Offizier in den 70ern und 80ern in Deutschland Dienst getan. Oft war ich überrascht von der Verachtung und Unhöflichkeit, die Ausländern – auch mir – dort entgegengebracht wurde. Allerdings muss ich sagen, dass ich neulich bei einem Besuch in Deutschland positiv überrascht war von der jüngeren Generation Deutscher, die viel offener und internationaler denkt. Die Deutschen und ihre Migranten müssen lernen miteinander umzugehen – das ist der Schlüssel zur Integration. Das gilt auch für die ältere Politikergeneration, die sich nicht einmal die Mühe macht, ihre Vorurteile gegenüber Ausländern zu verschleiern."

Jorge G. Riva, Argentinien:

"Einwanderer müssen die Sprache, die Kultur und die Geschichte ihres Gastlandes lernen, wenn sie von deren Gesellschaft akzeptiert werden wollen. Ganz nebenher zeigen sie damit auch Respekt vor den Bürgern dieses Landes."

Hannelore Krause, Deutschland:

"Normalerweise würde man von Einwanderern erwarten, dass sie ad eins die Sprache des Landes sprechen, in das sie einreisen wollen (schließlich will man ja wissen, was so um einen herum passiert), dass sie ad zwei einen Beruf haben und auch eine Arbeit nachweisen können, durch die sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können, also nicht dem Immigrationsland finanziell zur Last fallen. Sie sollten schon gewisse Vorstellungen von dem Leben im Gastland haben und sich den Gegebenheiten anpassen können. Aber all das sollte schon im Vorfeld geklärt werden. Und wenn ihnen das alles nicht zusagt, dann müssen sie eben zu Hause bleiben. Der Glaube spielt bei Einwanderern auch keine Rolle, da wir in Deutschland Religionsfreiheit haben. Ob man bestimmte Riten nun unbedingt und provozierend ausüben muss, ist eine andere Frage. Im umgekehrten Fall müssen Christen in islamischen Ländern auch auf viele Gebräuche verzichten. Sie passen sich an. Im Frühjahr hat der türkische Regierungschef Erdogan bei einer Veranstaltung in Köln das Podium ergriffen und seine Landsleute aufgerufen, sich nicht zu assimilieren. Aber Menschen, die aus bildungsfernen Gegenden kommen und die Sprache des Einwanderungslandes nicht sprechen und sich auch aus diesem Grunde nicht anpassen können, sind auch nicht integrierbar. Außerdem ist der Zug längst abgefahren."

I. Priebe, Kanada:

"Lerne die Sprache des Landes, in dem du leben möchtest! Du brauchst eine positive Grundeinstellung zu diesem Land! Respektiere dessen Lebensgewohnheiten und Gesetze und trauere denen deines Herkunftslandes nicht hinterher! Niemand zwingt dich zur Immigration in ein anderes Land."

Rosemarie Thierens, Brasilien:

"Wir leben nun schon 32 Jahre in Brasilien und haben uns auch eingewöhnen müssen. Dabei hat uns auch keiner geholfen. Wenn man in einem fremden Land leben und arbeiten will, muss man sich an die landesüblichen Gewohnheiten anpassen. Die Sprache lernen und über die Kultur Bescheid wissen. Wenn man dazu nicht in der Lage ist, sollte man schön zuhause bleiben. Die Einwanderer, besonders die Türken , meinen, dass einem alles nur so zufliegt in Deutschland. Man muss sich schon ein wenig anstrengen und selbst etwas unternehmen. Noch was ganz am Rande: Ich möchte mal sehen, ob in der Türkei katholische oder andere Gotteshäuser mithilfe des Staates gebaut werden."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Natürlich brauchen sie nicht alle Traditionen und Gebräuche der Herkunftsländer aufzugeben. Nur sehr wenige Einwanderer - gleich von wo und in welchem Land sie nun sind - tun das. Aber man kann verlangen, all dass aufzugeben, das im Einwanderungsland 'illegal' ist, z. B. 12-Jährige zu verheiraten, 'Ehrenmord' braucht man gewiss nicht zu betonen - das muss klar sein. Auch (sollte man, d. Red.) Freiheiten, z. B. garantierte Religionsfreiheit, nicht ausnutzen um Hetz-Predigten zu halten. Das wäre wohl das Minimum, das man verlangen kann."

Andi Surya, Indonesien:

"Die Frage müsste eher lauten 'Was kann die deutsche Regierung tun, um ihre fremdenfeindlichen Bürger zu erziehen?' Immigranten passen sich selbstverständlich an ihr Gastland an, lernen die Sprache und kämpfen wenn es sein muss auch für dieses Land in der Armee, WENN sie akzeptiert werden. Die deutsche Fremdenfeindlichkeit steht dem entgegen. Das kann man gerade in Ostdeutschland besichtigen. Integration ist vielleicht nicht der ersten Einwanderergeneration gelungen, aber sicher der dritten."

Helge Weyland, Argentinien:

"Einwanderer können nur in jedem Land (nur) das verlangen, was sie zu geben bereit sind. Das ist vor allem Anpassung an Sprache, Sitten und Gewohnheiten. Dann regelt sich alles von selbst. Dies gilt überall in der Welt gleich."

Charles Smyth, Großbritannien:

"Einwanderer müssen verstehen, dass sie in Deutschland langfristig nicht viel erreichen, wenn sie dort einfach nur die Sozialhilfe abkassieren, die es in ihrer alten Heimat nicht gibt und sich andererseits abkapseln. Es kann nicht angehen, dass manche unter der Fahne des Multikulturalismus marschieren und die deutsche Gesellschaft und Kultur unterminieren wollen. Auch um die Berufschancen zu verbessern, sind Migranten gut beraten, die deutsche Sprache zu lernen. Da ist man bei der Deutsche Welle und bei den Goethe-Instituten gut aufgehoben."

Isadora Toscano, Brasilien:

"In der Frage der Integration von Einwanderern geht es nicht nur um die Einwanderungspolitik des Gastlandes. Die Migranten selbst stehen in der Pflicht, die Kultur und Gesetze des neuen Landes zu respektieren und die Sprache zu lernen. Gerade für die Generation, die in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, ist es wichtig, sich in erster Linie als Deutscher zu fühlen. Wer das alles nicht tut, der verweigert seine Integration. Das ist in allen Einwanderungsländern – auch in England – so. Integration ist keine Einbahnstraße – beide Seiten müssen ihren Teil dazu beitragen."

Mary Otto, Kanada:

"Die Sprache des Gastlandes zu lernen ist der Schlüssel zur Integration. Immigranten müssen offen sein für Neues ohne ihre Herkunft zu vergessen oder zu verleugnen. Wenn jemand alles so will wie er es aus der alten Heimat kennt, dann sollte er gleich zuhause bleiben. Das aufnehmende Land muss sich auf der anderen Seiten aber auch öffnen, den Immigranten Möglichkeiten geben zur wirtschaftlichen, sozialen und politischen Teilhabe ohne auf deren Herkunft, Religion, Hautfarbe, sprachliche Unzulänglichkeiten usw. zu achten. Einwanderer müssen die gleichen Chancen haben wie jeder andere Bürger auch. Wenn man den 'Neuen' das Gefühl gibt, dass sie Teil des Landes sind, dann werden sie sich auch so verhalten."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"Völlig egal aus welchem Stalle,

Immigranten sind wir alle.

Ob jetzt Igor, Leila, Karl-Heinz, Franz,

was nicht uns hilft ist Arroganz."

Die Redaktion von ‚Politik direkt‘ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.