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Polen wählt ein neues Staatsoberhaupt

20. Juni 2010

Gut zwei Monate nach dem Tod von Staatspräsident Lech Kaczynski entscheiden die Polen an diesem Sonntag über ihr neues Staatsoberhaupt. Einer der Favoriten ist Lechs Zwillingsbruder Jaroslaw Kaczynski.

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Der Präsidentenpalast in Warschau (Foto: AP)
Wer zieht in den Präsidentenpalast in Warschau ein?Bild: AP

Insgesamt zehn Kandidaten konkurrieren bei der Wahl um das Präsidentenamt in Polen. Doch nur zwei von ihnen haben Umfragen zufolge Chancen, ins höchste Staatsamt einzuziehen. Als klarer Favorit gilt Parlamentschef Bronislaw Komorowski, der das pro-europäische Lager um den liberalkonservativen Regierungschef Donald Tusk vertritt.

Komorowskis größter Herausforderer ist Jaroslaw Kaczynski, der Zwillingsbruder des beim Flugzeugabsturz tödlich verunglückten Präsidenten Lech Kaczynski. Der nationalkonservative Oppositionsführer setzt sich für einen starken Nationalstaat und mehr soziale Solidarität ein.

Die Kandidaten bei einer Debatte im polnischen Fernsehen (Foto: pa/dpa)
Nur Komorowski (2.v.l.) und Kaczynski (2.v.r.) werden Aussichten auf einen Wahlsieg eingeräumtBild: picture alliance/dpa

Bis zum Schluss um jede Stimme gekämpft

Die Wahllokale öffneten am Sonntag (20.06.2010) bereits um sechs Uhr. Wahlberechtigt sind mehr als 30 Millionen polnische Bürger. Seit Samstag herrscht im Land ein striktes Verbot der Wahlwerbung - bis zur Schließung der Wahllokale am Sonntagabend um 20 Uhr. Zuvor hatten die Kandidaten noch um jede Stimme gekämpft.

Polen geben ihre Stimme in einem Wahllokal in Warschau ab (Foto: AP)
14 Stunden lang haben die Wahllokale an diesem Sonntag geöffnetBild: AP

Kaczynski versicherte am Freitagabend in Danzig, er stehe für ein "gerechtes und solidarisches" Polen. Komorowski versprach zum Abschluss seines Wahlkampfs im benachbarten Zoppot, Polen noch stärker in die Europäische Union zu integrieren. Als sein Ziel nannte er die Förderung der Zivilgesellschaft.

In jüngsten Umfragen wurde Komorowski ein Stimmenanteil zwischen 41 und 51 Prozent vorausgesagt. Jaroslaw Kaczynski kann demnach mit 29 bis 35 Prozent der Stimmen rechnen. Die übrigen acht Kandidaten liegen weit abgeschlagen zurück. Sollte im ersten Wahlgang keiner der Bewerber die absolute Mehrheit erreichen, gibt es am 4. Juli eine Stichwahl.

Staatsoberhaupt hat wesentlichen Einfluss auf die Politik

Der polnische Präsident hat nicht nur repräsentative Aufgaben, sondern kann zum Teil wesentlichen Einfluss auf die Politik nehmen: Er hat ein Vetorecht gegen Gesetze und Mitspracherechte in der Außen- und Sicherheitspolitik. Davon hatte der verstorbene Präsident Lech Kaczynski mehrfach Gebrauch gemacht und unter anderem eine Renten-, Gesundheits- und Medienreform blockiert.

Ein Sieg von Komorowski würde der liberalkonservativen Regierung mehr Spielraum geben. Die Kandidatur des Euroskeptikers Jaroslaw Kaczynski wird an den Finanzmärkten dagegen mit Sorge gesehen. Es wird befürchtet, er könnte sich dem Euro-Beitritt entgegenstellen und die Arbeit der Regierung des wirtschaftlich angeschlagenen Landes eher blockieren als unterstützen.

Tragischer Tod des Präsidenten

Der verstorbene Präsident Lech Kaczynski am 25.09.2005 in Warschau (Foto: pa/dpa)
Der verstorbene Präsident Lech KaczynskiBild: picture-alliance/dpa

Lech Kaczynski war am 10. April bei einem Flugzeugabsturz bei Smolensk in Russland ums Leben gekommen, zusammen mit weiteren 95 Repräsentanten Polens. Sie waren auf dem Weg zu einer Gedenkfeier in Katyn - dem Ort eines sowjetischen Massakers an Tausenden Polen im Frühjahr 1940.

Nach Stand der Ermittlungen war ein Pilotenfehler die Ursache für das Unglück. Unmittelbar nach der Katastrophe waren Spekulationen laut geworden, dass einer der Passagiere Druck auf die Piloten ausgeübt haben könnte, trotz dichten Nebels zu landen. Seit dem tragischen Tod Kaczynskis führte Komorowski als Parlamentspräsident kommissarisch die Geschäfte des Staatsoberhauptes.

Autorin: Ursula Kissel (rtr, dpa, apn, afp, kna)
Redaktion: Michael Borgers

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