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Poetische Silos?

28. Mai 2009

Der Schweizer Architekt Peter Zumthor bekommt den Pritzker-Preis verliehen, die höchste Architektur-Auszeichnung. Doch die Meinung über seine Bauten gehen weit auseinander - wie etwa in diesem kleinen Dorf bei Köln.

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Die Kapelle auf der Wiese Foto: dpa
Raketensilo? Die Bruder-Klaus-Feldkapelle in Mechernich-WachendorfBild: picture-alliance/dpa
Foto: dpa
Noch ein Zumthor: Neubau des Kolumba Museums in KölnBild: picture-alliance/dpa

Peter Zumthor bekommt am 29.06.2009 in Buenos Aires eine Art Ritterschlag der Architektur: Das Komitee des Pritzker-Preises lobte seine Bauten als "poetisch" und "zeitlos". Fans reisen mitunter weit an, um sich seine Werke anzuschauen. Zu seinen berühmtesten Gebäuden gehört ein Thermalbad im schweizerischen Vals aus Naturstein. Zuletzt aber erregte aber auch die Bruder-Klaus-Kapelle auf einem Feld in Wachendorf bei Köln enormes Interesse.

Pilgerort für Fans und Gläubige

Der Bau wurde von dem Bauern Hermann-Josef Schweidweiler in Auftrag gegeben. 1999 bat er Zumthor, einen kleinen privaten Platz zu Einkehr und Meditation zu entwerfen, aus Zeichen seiner Dankbarkeit für ein erfolgreiches und erfülltes Leben. Doch was als private Geste begann, zieht heute dutzende, manchmal hunderte Besucher pro Wochenende an. Das kleine Wachendorf wurde zum Pilgerort für Anhänger moderner Architektur.

Foto: dw-tv
Peter Zumthor

"Die Leute kommen wirklich aus allen Ecken der Erde, aus England, aus Japan, es wirklich phänomenal", sagt die Dorfbewohnerin Sylvia Prast. Sie erinnert sich noch, dass die Leute an ihrer Haustür geklingelt haben, um nach dem Weg zu fragen. Inzwischen hat die Gemeinde Wegweiser aufgestellt. Sie hat nichts gegen die vielen Besucher - außer, dass sie mit dem Hund nicht mehr rund um die Kapelle spazieren gehen kann. Zu voll. "Mit Ruhe und Frieden hier ist es wirklich vorbei", sagt auch der Anlieger Egon Prast. Überall Autos - er komme manchmal gar nicht mehr mit seinem Traktor durch.

Tatsächlich parken an diesem strahlendem Sonntag im Mai um die 30 Autos am Fuß des kleinen Hügels, auf dem die Kapelle inmitten von Rapsfeldern steht. Von außen scheint der scharfkantige, zwölf Meter hohe Monolith mit seinen blanken Wänden aus sandfarbenem Sichtbeton nackt. In den massiven Körper ist eine dreieckige Pforte eingeschnitten. Innen endet eine Art in sich verdrehter Tunnel in einem höhlenartigen, rauchschwarzen Raum, der sich nach oben öffnet.

"Sehr meditativ"

Viele kommen ausschließlich für die Architektur hierher. Manche jedoch tatsächlich aus spirituellen Gründen. Britta Dubilier aus Köln besucht die Kapelle regelmäßig. Sie empfindet den Bau als einen friedlichen Ort - vor allem, wenn nicht so viele Leute da sind. "Es ist ein sehr spezieller Ort, weil er nach oben offen ist. Man kann den Regen und den Wind hören. Das ist wirklich sehr meditativ".

Badegäste in einem der Schwimmbecken im Thermalbad Felsentherme in Vals Foto: dpa
Thermalbad Vals: Sein berühmtester BauBild: picture-alliance/dpa

Einer der Besucher ist an diesem Sonntag zwei Stunden aus Brüssel angereist - mit seiner erwachsenen Tochter, einer Architektin. "Wir haben von dieser Kapelle gehört und sie ist wirklich fabelhaft, faszinierend. Wir haben Le Corbusiers Kapelle in Rondchamps gesehen, die natürlich ziemlich anders ist, doch der Geist ist der gleiche."

Ein Bunker?

Im Dorf sehen längst nicht alle den Bau so positiv. Sie hätten eine klassische Kapelle aus Feldsteinen bevorzugt, sagt die Dorfbewohnerin Prast. Viele ihrer Freunde fänden die Kapelle schrecklich, erzählt sie. "Die meisten Leute im Dorf finden, sie sieht aus wie ein Bunker oder eine Raketensilo. Vielleicht ist das gut, für Leute, die sich für Architektur interessieren. Aber für normale Leute ist es doch absurd, so etwas eine Kapelle zu nennen."

Autor: Jennifer Abrahamson

Redaktion Oliver Samson