Piraten wollen aus dem Umfragetief
24. November 2012Mit neuen Positionen in bislang unbesetzten Themenfeldern will die jüngste deutsche Partei, die Piratenpartei, bis zur Bundestagswahl das Umfragetief und Vorstandsstreitigkeiten hinter sich lassen. "Wir müssen uns wieder darauf konzentrieren, worauf es wirklich ankommt: Wir wollen Politik machen, gute Politik", appellierte Parteichef Bernd Schlömer zum Auftakt des Programmparteitags in Bochum an die fast 1900 anwesenden Mitglieder.
Grundlagen für ihr Wahlprogramm
Auf ihrem zweitägigen Treffen wollen die Piraten die Grundlagen für ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2013 legen, endgültig ausformuliert werden soll es im Mai auf einem weiteren Parteitag. Nach kontroversen Diskussionen einigten sich die Teilnehmer auf die Grundzüge eines wirtschaftspolitischen Programms. Der Parteitag verabschiedete zwei Anträge, in denen sich die Piraten für eine Wirtschaftsordnung aussprechen, die Faktoren wie Wohlstand und Nachhaltigkeit über eine reine Wachstumsorientierung stellt. Außerdem lehnen sie das Streben nach Vollbeschäftigung ab und treten für einen gesetzlichen Mindestlohn ein. Ebenfalls wollen sie sich für die Einführung einer Grundrente starkmachen und das Rentensystem komplett reformieren.
Am Sonntag sollen außen-, europa- und energiepolitische Themen sowie die Forderung nach mehr Transparenz in der Politik besprochen werden.
Zusammenarbeiten statt streiten
Zu Beginn des Treffens rief Schlömer die Mitglieder auf, die Partei als "sozialliberale Kraft der Informationsgesellschaft" zu etablieren. Es fehle an einer bürgerrechtsorientierten Partei, die sich der Einschränkung von Freiheitsrechten entgegenstelle. Zudem seien die Piraten angetreten, "ein anderes politisches Klima zu schaffen", sagte Schlömer.
Der seit April amtierende Parteichef entschuldigte sich vor den Anwesenden für die Streits im Vorstand, die zuletzt die Schlagzeilen über die Piraten beherrscht hatten. "Auch ich habe Fehler gemacht, und dafür möchte ich mich bei euch entschuldigen", sagte er. Schlömer formulierte elf Thesen, um die Partei aus der Defensive herauszubringen und neu zu positionieren. Dazu zähle, dass sie eine Bürgerrechtsbewegung und keine Volkspartei seien. Zudem müssten mit Hilfe digitaler Medien die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung viel stärker als bislang ausgebaut werden.
Einzug in den Bundestag?
Mit mehr als 1800 Teilnehmern ist das Treffen in Bochum das bislang größte der Partei. Sie hat inzwischen rund 34.000 Mitglieder, von denen rund 20.000 berechtigt sind, an Parteitagen teilzunehmen. Seit ihren Einzügen in vier Landtage - Berlin, Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen - rutschte die junge Partei von einst zweistelligen Umfragewerten zeitweise unter die Fünf-Prozent-Marke. Der von manchen sicher gewähnte Einzug in den Bundestag steht damit wieder in Frage.
pg/uh (dpa, dapd, afp, rtr)