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Rückzieher beim Haushaltsentwurf Guatemalas

23. November 2020

Die teils gewalttätigen Proteste haben gewirkt: Das Parlament des mittelamerikanischen Landes lässt den Rekord-Etat für 2021 sausen. Nur sieben Tage haben Guatemalas Volksvertreter nun Zeit für einen neuen Anlauf.

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Blick in eine Sitzung des Parlaments von Guatemala
Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Franco

Nach zweitägigen Protesten in Guatemala hat das Parlament den umstrittenen Haushaltsplan für das kommende Jahr ausgesetzt. Diese Entscheidung sei getroffen worden, "um die Regierbarkeit des Landes und den gesellschaftlichen Frieden zu sichern", sagte Parlamentspräsident Allan Rodríguez in Guatemala-Stadt. Die Parlamentarier haben demnach nun bis zum 30. November Zeit, einen neuen Haushalt zu verabschieden. Wenn das nicht gelingt, soll es bei dem alten bleiben.

"Lieber als Rebell sterben denn als Sklave leben" 

Am Wochenende waren zahlreiche Menschen gegen den für 2021 geplanten Staatshaushalt auf die Straße gegangen und hatten den Rücktritt von Staatschef Alejandro Giammattei gefordert. Am Samstag setzten Demonstranten sogar Teile des Parlamentsgebäudes in Brand. 50 Menschen wurden verletzt, fast 40 Demonstranten wurden im Zuge der Krawalle festgenommen.

Demonstranten vor dem brennenden Parlamentsgebäude in Guatemala-Stadt
Demonstranten vor dem brennenden Parlamentsgebäude in Guatemala-Stadt Bild: Oliver De Ros/dpa/picture alliance

Auch am Sonntag versammelten sich hunderte von Demonstranten auf dem Platz vor dem alten Regierungspalast im Zentrum von Guatemala-Stadt. Sie trugen Schilder mit Sprüchen wie "Ich würde lieber als Rebell sterben denn als Sklave leben". Die Demonstrationen blieben aber friedlich. Zu Kundgebungen kam es auch in anderen Städten wie Quetzaltenango, Totonicapán, Cobán und San Marcos.

"Minderheit will Staatsstreich erzwingen" 

Der Protest richtete sich gegen Giammattei und seinen umstrittenen Rekord-Haushalt in Höhe von umgerechnet 10,8 Milliarden Euro. Das ist rund ein Viertel mehr als im laufenden Jahr. Der Etatplan hätte dem zentralamerikanischen Land hohe Schulden aufgebürdet. Außerdem sollte das meiste Geld in von Privatunternehmen verwaltete Infrastruktur fließen und nicht in die Bekämpfung der in Guatemala weit verbreiteten Armut. 59,3 Prozent der 17 Millionen Einwohner leben in Armut, rund die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren sind mangelernährt.

Konkret sah der Etatentwurf Kürzungen im Gesundheits- und Bildungssektor sowie für die Staatsanwaltschaft für Menschenrechte vor. Zugleich sollten Ministerien gestärkt werden, die traditionell sehr korruptionsanfällig sind. Auch Unternehmerverbände, Vertreter von Kirchen und Zivilgesellschaft sprachen sich gegen den Haushalt aus. 

Guatemalas Präsident Alejandro Giammattei
Guatemalas Präsident Alejandro GiammatteiBild: Luis Echeverria/REUTERS

Giammattei hatte die gewalttätigen Proteste mehrfach verurteilt. Er bezeichnete die Demonstranten als Minderheit, "die einen regelrechten Staatsstreich erzwingen will" und forderte einen Dialog. Vize-Präsident Guillermo Castillo appellierte an die Staatsanwaltschaft, sowohl den Brand am Parlament als auch das Vorgehen der Polizei während der Proteste zu untersuchen. Er hatte den Staatschef zuvor aufgefordert, mit ihm gemeinsam "zum Wohle des Landes" zurückzutreten.

sti/se (afp, dpa)