1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Mehr Befugnisse für libanesisches Militär

13. August 2020

Mehr als eine Woche nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut hat das libanesische Parlament den Ausnahmezustand für die Hauptstadt bestätigt. Dadurch erhält die Armee zusätzliche Sonderrechte.

https://p.dw.com/p/3gv01
Libanon Der parlamentarsiche Sprecher Berri im UNESCO Palace in Beirut
Die Sitzung im Parlament wurde vom Parlamentssprecher Nabih Berri geleitetBild: Reuters/A. Taher

Es war die erste Sitzung des Parlaments seit der verheerenden Detonation am Dienstag vergangener Woche. Die Abgeordneten billigten den zweiwöchigen Ausnahmezustand, den die Regierung am 5. August verhängt hatte. Seitdem liegt die Verantwortung für die Sicherheit in dem Mittelmeerland weitgehend bei der Armee. Nach libanesischem Recht muss das Parlament den Ausnahmezustand nach acht Tagen bestätigen.

Der unabhängige Abgeordnete Usama Saad sagte dem libanesischen Sender Al-Jadid, das Militär könne nun auch Versammlungen untersagen. Militärgerichte erhielten außerdem zusätzliche Befugnisse. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation The Legal Agenda wird die Zuständigkeit von Militärgerichten auf Zivilisten ausgeweitet. Zudem dürften Soldaten Wohnungen durchsuchen und Hausarrest verhängen.

In Online-Netzwerken hatte es zuvor Aufrufe gegeben, sich nahe dem Parlament zu versammeln und das Treffen zu blockieren. Es versammelten sich aber nur einige Dutzend Demonstranten nahe des Parlaments, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP meldet. Die Demonstranten versuchten, Fahrzeuge auf dem Weg zum Parlament aufzuhalten, konnten aber die Abstimmung nicht verhindern.

Libanon Strassenproteste gegen die libanesische Regierung in Beirut
Einige Demonstranten versuchen vergeblich, heranfahrende Abgeordnete aufzuhaltenBild: AFP/A. Amro

Demonstranten sind misstrauisch

Demonstranten befürchten, dass der Ausnahmezustand darauf abzielt, ihre Proteste gegen die Regierung im Libanon zu unterdrücken. "Durch diese Entscheidung kann die Armee in zivile Häuser eindringen und jeden festnehmen, von dem sie glauben, dass er gegen das verstößt, was sie als nationale Sicherheit bezeichnen", sagte die Aktivistin Lina Bubis der Deutschen Presse-Agentur. "Diese Entscheidung richtet sich gegen das freie libanesische Volk."

In Beirut waren am 4. August etwa 2750 Tonnen Ammoniumnitrat explodiert, die jahrelang ungesichert im Hafen der Stadt gelagert worden waren. Bei der verheerenden Doppelexplosion waren mehr als 170 Menschen ums Leben gekommen und mehr als 6000 verletzt worden, rund 300.000 Menschen wurden obdachlos.

Viele Libanesen machen für die Explosionskatastrophe die politische Führung verantwortlich, der sie Korruption, Misswirtschaft und Nachlässigkeit vorwerfen. Tausende zogen zu Protesten auf die Straße, die teils in Gewalt und Chaos umschlugen. Als Reaktion auf die Katastrophe und die Proteste hatte die Regierung des libanesischen Ministerpräsidenten Hasan Diab am Montag ihren Rücktritt erklärt. Sie ist nur noch geschäftsführend im Amt. Auch rund zehn von 128 Parlamentsabgeordneten traten zurück.

Hilfsflug nach Beirut

Unterdessen ließ die Europäische Union mehr als 17 Tonnen Hilfsgüter in die libanesische Hauptstadt fliegen. Ein Transportflugzeug mit Medikamenten, medizinischer Ausrüstung und weiteren Hilfsgütern landete am Donnerstagmorgen in der Stadt, wie die EU-Kommission mitteilte. Demnach soll das Material nicht nur im Zusammenhang mit der verheerenden Explosion, sondern auch in der Coronavirus-Pandemie den Zugang der Menschen zu medizinischer Versorgung sichern.

kle/ml (afp, dpa, ape)