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Papstproteste

15. Januar 2008

In einem für Italien bislang einmaligen Vorgang hat der Vatikan nach Protesten einen Papstbesuch in der Universität "La Sapienza" abgesagt. Man wirft ihm vor, den Ketzerprozess gegen Galileo Galilei verteidigt zu haben.

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Banner mit der Aufschrift: "The Pope is against university" in der La Sapienza University in Rom, Foto: AP
Proteste und Sitzstreiks gegen den PapstBild: AP

Eigentlich sollte Papst Benedikt XVI. am Donnerstag (17.1.2007) das akademische Jahr an der im Jahr 1303 gegründeten größten Universität Europas in Rom eröffnen. Nach Angaben der Universitätsleitung hatten jedoch 63 der insgesamt 4.500 Dozenten ein Protestschreiben unterzeichnet. und auch auf Plakaten wurde gegen Benedikts Besuch mobil gemacht.

"Nach den bekannten Ereignissen dieser Tage" habe man es "für opportun gehalten, den Termin zu verschieben", teilte der Vatikan am Dienstag (15.1.2008) mit. Benedikt XVI. werde aber den Redetext für die akademische Veranstaltung, zu der ihn der Universitätsrektor eingeladen hatte, schriftlich einreichen. In der Aula der politikwissenschaftlichen Fakultät nahmen Studenten die Absage mit Applaus auf und sprachen von einem "Sieg des Laizismus".

Student mit Ppastmaske an der Universität La Sapienza in Rom, Foto: AP
"Befreit die Denker", forderten italienische StudentenBild: AP

Unklar ist bislang, wieso genau der Vatikan die Veranstaltung absagte. Benedikt XVI., ebenso wie zuvor Johannes Paul II., hatten sich bislang in ihren Reiseplänen nie durch Kritik oder Drohungen von ihren Besuchen abbringen lassen. Auch die Sicherheit wäre nach Meinung von Experten durch ausreichende Polizeipräsenz zu bewerkstelligen gewesen.

Einschränkung der Meinungsfreiheit?

Politiker äußerten Bedauern, manche auch Erschrecken über die Eskalation der vergangenen Tage. Ministerpräsident Romani Prodi sagte: "Keine Stimme darf in unserem Land schweigen und erst recht nicht die des Papstes." Er bekundete Benedikt XVI. seine "feste Solidarität" und forderte ihn auf, seine Entscheidung zur Absage zu überdenken. Abgeordnete sprachen von einer "Schande für Italien, für die Stadt Rom, für Bürgermeister Veltroni und die akademische Welt".

Vorausgegangen waren tagelange Proteste von Studentengruppen, aber auch von 67 Dozenten der Sapienza-Universität. Einen Höhepunkt erreichten sie am Dienstagvormittag mit einer mehrstündigen Besetzung des Rektorats durch Studenten. "Der Papst nimmt La Sapienza zur Geisel. Befreit die Denker", hieß es auf einem Spruchband der Protestierenden. Die Hochschullehrer lehnten die Einladung an den Papst als Verstoß gegen die Trennung von Staat und Kirche ab. Außerdem warfen sie ihm vor, sich 1990 als Kurienkardinal in einem Vortrag die Position des Philosophen Paul Feyerabend zu eigen gemacht zu haben, wonach der Prozess gegen den der Ketzerei beschuldigten Galileo Galilei "vernünftig und gerecht" gewesen sei.

Falsch verstandenes Zitat

Dabei handele es sich laut Vatikan-Zeitung "Osservatore Romano" um ein falsch verstandenes Zitat. Der damalige Kurienkardinal Joseph Ratzinger habe in einer Rede nur die Ansicht des österreichischen Philosophen wiedergegeben, ohne zuzustimmen, hieß es. Der Papst wollte in seiner geplanten Universitätsrede über die Todesstrafe sprechen, "gegen die sich alle politischen Kräfte einsetzen", hatte der Rektor betont. Galileo war im 17. Jahrhundert als Anhänger des kopernikanischen Weltbildes der Ketzerei angeklagt und zum Schweigen verurteilt worden.

2006 hatte es schon einmal Missverständnisse um eine Papstäußerung gegeben: Damals hatte eine Rede an der Regensburger Universität zum Thema "Islam und Gewalt" für Empörung bei zahlreichen Kritikern gesorgt. Auch dabei soll es sich um ein falsch verstandenes Zitat gehandelt haben, erklärte der Vatikan später.(ina)

Papst Benedict XVI. (Archiv), Foto: dpa
Wieder Missverständnisse um ein falsch verstandendes Zitat?Bild: picture-alliance/dpa