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Papst "bestürzt" über Missbrauchsskandal

12. März 2010

Tief betroffen hat Papst Benedikt XVI. auf den Missbrauchsskandal an katholischen Einrichtungen in Deutschland reagiert. Das berichtete der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, in Rom.

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Papst Benedikt XVI. und Erzbischof Robert Zollitsch (Foto: AP)
Papst Benedikt XVI. und Erzbischof Robert ZollitschBild: picture alliance/dpa

Der Papst unterstütze voll und ganz die von der Bischofskonferenz auf den Weg gebrachten Maßnahmen zur Aufklärung früherer und Verhinderung künftiger Fälle, sagte Zollitsch am Freitag (12.03.2010) nach einer Audienz beim Papst. Er habe die Bischöfe auch ausdrücklich ermuntert, auf dem Weg fortzufahren. "Wir nehmen unsere Verantwortung sehr deutlich wahr", fügte Zollitsch nach der 45-Minuten-Audienz an. "Wir wollen die Wahrheit aufdecken, die Opfer haben ein Recht darauf", bekräftigte der Erzbischof. Es war das erste Mal, dass sich der Papst direkt mit dem Missbrauchsskandal befasst hat.

Keine normale Audienz

Regensburger Domspatzen (Foto: dpa)
Über konkrete Fälle, wie etwa bei den Regensburger Domspatzen, wurde nicht gesprochenBild: picture alliance / dpa

Die seit langem geplante Audienz bei Papst Benedikt XVI. war eine turnusmäßige Visite im Anschluss an die Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe. Sie dürfte dem Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch aber nicht leicht gefallen sein, denn er musste Bericht erstatten über die jüngst bekannt gewordenen Missbrauchsfälle in Einrichtungen der katholischen Kirche in Deutschland. Konkrete Fälle, wie beispielsweise die Misshandlungen und sexuelle Übergriffe im Bistum Regensburg, in dem der Bruder des Papstes, Georg Ratzinger, als Leiter des Knabenchors "Regensburger Domspatzen" tätig war, seien nicht zur Sprache gekommen.

Screenshot: www.wir-sind-kirche.de
Die katholische Reformbewegung 'Wir sind Kirche' hat ein Nottelefon eingerichtet

Die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" hatte im Vorfeld der Audienz vom Papst grundsätzliche Entscheidungen gefordert, mit denen der Missbrauch bekämpft werden könnte. Der Sprecher der Reformer, Christian Weisner, sagte im Südwestrundfunk, der Papst müsse einsehen, dass die Kirche ein "globales Problem" habe, das wesentlich in ihrer Haltung zur Sexualität und zu den Geschlechterrollen begründet sei. Es genüge nicht, die Bischöfe einzelner Länder einzubestellen, "wenn es da gerade brennt", sagte Wiesner mit Blick auf den Zollitsch-Besuch. Vielmehr komme es darauf an, Homosexualität zu enttabuisieren und männliches Dominanzstreben gegenüber Frauen zu verurteilen.

Über den Zölibat nachdenken

Der Hamburger katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke hat sich dafür ausgesprochen, über den Zölibat und neue Formen des Priestertums nachzudenken. Zwar sei der Zölibat nicht Ursache von Missbrauch, sagte er am Freitag im Deutschlandfunk. Die zölibatäre Lebensform könne aber Menschen anziehen, die "eine krankhafte Sexualität haben". Jaschke plädierte dafür, dass die Kirche über "neue Formen des priesterlichen Dienstes" und die Gemeindeleitung durch Laien nachdenken müsse.

In den vergangenen Tagen waren erneut Fälle von Gewalt an Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der katholischen Kirche bekannt geworden - in Deutschland, aber auch in Österreich und den Niederlanden.

Autoren: Pia Gram / Marion Linnenbrink (afp, rtr, dpa, kna, apn)
Redaktion: Wim Abbink