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Papandreou sucht nach Regierungspartnern

6. November 2011

Nach der überstandenen Vertrauensfrage will der griechische Ministerpräsident Papandreou eine Regierung der nationalen Einheit bilden. Doch die größte Oppositionspartei Nea Dimokratia lehnt eine Beteiligung bisher ab.

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Giorgos Papandreou am Samstag vor Journalisten (Foto: dapd)
Premier Papandreou erläutert Journalisten sein KonzeptBild: dapd

Eine neue Regierung soll Griechenlands Staatspleite abwenden. Um die EU-Sparbeschlüsse durchzusetzen, will Ministerpräsident Giorgos Papandreou ein parteiübergreifendes Kabinett bilden. An diesem Sonntag (06.11.2011) kam er zunächst mit dem Oppositionsführer und Chef der konservativen Partei Nea Dimokratia (ND), Antonis Samaras, in Athen zusammen. Die neue Koalition soll nach dem Willen Papandreous vier Monate im Amt bleiben und sicherstellen, dass das Land die dringend benötigen Hilfszahlungen erhält.

Oppositionschef fordert nach wie vor Neuwahlen

Die Aussichten auf die zügige Bildung einer neuen Regierung sind jedoch gering. Samaras hatte am Samstag seine Forderung nach einem Rücktritt von Papandreou und nach vorgezogenen Neuwahlen bekräftigt. "Die Maske ist gefallen. Papandreou hat unsere Vorschläge zurückgewiesen und muss die Verantwortung dafür tragen. Wahlen sind jetzt die einzige Antwort", erklärte Samaras. Konservative Parteifreunde in Europa forderten die ND dagegen zur Zusammenarbeit mit Papandreou auf.

Die kleineren Parteien im griechischen Parlament wie die Kommunisten, das Bündnis der Linken und die ultrakonservative Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung sperren sich ebenfalls gegen eine Kooperation mit den Sozialisten oder äußern sich nicht klar dazu.

Vertrauensabstimmung knapp gewonnen

Nach mehr als sechsstündiger dramatischer Debatte hatte das griechische Parlament Papandreou in der Nacht zum Samstag das Vertrauen ausgesprochen. Von 298 anwesenden Abgeordneten stimmten 153 für den sozialistischen Regierungschef. Damit stärkten ihm sogar mehr Abgeordnete den Rücken, als seine Fraktion Mitglieder zählt. Der sozialistischen PASOK gehören im Parlament 152 Abgeordnete an.

Der Parlamentssaal in Athen (Foto: dapd)
153 Abgeordnete sprachen dem Premier das Vertrauen aus, 152 stimmten mit NeinBild: dapd

Vor der Vertrauensabstimmung hatte der Ministerpräsident in einer emotionalen Rede für mehr Unterstützung und einen breiten politischen Konsens in der Schuldenkrise geworben. Das Ende Oktober nach einem Gipfel-Marathon von den Euro-Ländern beschlossene Rettungspaket sei "entscheidend für die Zukunft des Landes und muss umgesetzt werden", sagte Papandreou. Nötig sei daher eine "ehrliche und breite Unterstützung". Vorgezogene Neuwahlen schloss er zugleich kategorisch aus - sie wären eine "Katastrophe".

Alle Brüsseler Beschlüsse sollen umgesetzt werden

Giorgos Papandreou (l.) sitzt bei Staatspräsident Karolos Papoulias (Foto: dapd)
Papandreou unterrichtete Staatspräsident Papoulias (r.) über seine PläneBild: dapd

Eine Übergangsregierung sei nötig, "um sicherzustellen - für Griechenland und unsere Partner -, dass wir unsere Verpflichtungen einhalten können", sagte Papandreou bei einem Treffen mit Staatspräsident Karolos Papoulias am Samstag. Mangelnde Zusammenarbeit könne dazu führen, dass Zweifel am Wunsch des Landes nach einem Verbleib in der EU und in der Eurozone entstünden.

Die neue Regierung solle "alle Gesetze billigen, die die historischen Entscheidungen der EU vom 27. Oktober betreffen", sagte Papandreou. Die Umsetzung dieser Beschlüsse - unter anderem ein 50-prozentiger Schuldenschnitt für Griechenland - "sind Voraussetzung für unseren Verbleib im Euro", sagte Papandreou.

Papandreou klebt nicht am Amt

Papandreou bekräftigte bei dem Treffen mit dem Präsidenten, er sei bereit, sein Amt abzugeben. Bereits vor dem Vertrauensvotum, das Papandreou in der Nacht zum Samstag gewann, hatte er versichert, nicht an seinem Posten zu hängen. In Athen kursierte am Samstag das Gerücht, dass Papandreou - um die Einwilligung der ND für die gemeinsame Regierung zu erzwingen - den ehemaligen griechischen EU-Umweltkommisar Stavros Dimas als Regierungschef vorschlagen werde. Er ist heute Vizepräsident der Nea Dimokratia.

Die schnelle Bildung einer neuen Regierung ist für Griechenland außerordentlich wichtig. Solange das Land das neue Hilfsprogramm und die nötigen Gesetze nicht gebilligt hat, wird es kein Geld von den internationalen Geldgebern bekommen und bald pleite sein - möglicherweise schon im Dezember.

Ifo-Chef sieht keine Chance für Verbleib der Griechen im Euro-Raum

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rechnet damit, dass die Beilegung der Euro- und Schuldenkrise in Europa noch mindestens ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen wird. "Die Schulden sind über Jahrzehnte aufgehäuft worden", sagte Merkel in ihrem wöchentlichen Video-Podcast am Samstag. "Und es wird sicherlich eine Dekade dauern, bis wir wieder besser dastehen." Hilfreich dafür sei der Beschluss, in allen Ländern der Euro-Zone Schuldenbremsen einzuführen.

Der Präsident des Münchner ifo Instituts, Hans-Werner Sinn, sieht keine Möglichkeit mehr für einen Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone. "Die Griechen haben keine Chance, im Euro-Raum wettbewerbsfähig zu werden. Sie müssten ihre Löhne um die Hälfte senken. Das geht nur durch Austritt und Abwertung", sagte Sinn der "Wirtschaftswoche".

Autorin: Julia Elvers-Guyot (dpa, afp, dapd, rtr)
Redaktion: Siegfried Scheithauer, Susanne Eickenfonder