1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Papandreou stemmt sich gegen Revolte

16. Juni 2011

Für Giorgos Papandreou schlägt die Stunde der Wahrheit. Griechenlands Ministerpräsident will sein Land aus der Krise führen, verliert jedoch immer mehr an Rückhalt – unter der Bevölkerung und in seiner Partei.

https://p.dw.com/p/11c84
Der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou (Foto: AP)
Trifft auf wachsenden Widerstand: Griechenlands Premier PapandreouBild: AP

Der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou muss offensichtlich um den Führungsanspruch in der eigenen Partei kämpfen. Bei einer Krisensitzung der sozialistischen Parlamentarier in Athen rief er seine Fraktion nochmals eindringlich zur Geschlossenheit auf. Vor der Sitzung hatten zwei Sozialisten ihre Mandate niedergelegt. Der linke Flügel der Regierungspartei PASOK sträubt sich dagegen, dass Papandreou den Sparkurs angesichts des drohenden Staatsbankrotts noch weiter verschärfen will.

"Verbrauchtes politisches System"

Griechisches Parlament (Foto: AP)
Die Regierungsmehrheit im Athener Parlament wackeltBild: AP

Die Sozialisten verfügen über eine knappe Mehrheit von 155 der 300 Sitze im Parlament. Die jüngsten Rücktritte wirken sich zwar nicht auf die Mehrheitsverhältnisse im Parlament aus, weil für sie zwei andere Parteimitglieder nachrücken, aber sie sind ein klares Zeichen für die Uneinigkeit innerhalb der Regierungspartei. Von dem früheren Minister für Öffentliche Ordnung, Giorgos Floridis, war erwartet worden, dass er dem von Papandreou angekündigten neuen Kabinett angehören wird. Stattdessen legte er sein Mandat nieder und erklärte zur Begründung, Politiker aller Parteien hätten versagt. Das seien deutliche Anzeichen für ein verbrauchtes und auslaufendes politisches System. Bei dem zweiten Parlamentarier, der sein Mandat niederlegte, handelt es sich um den ehemaligen stellvertretenden Gesundheitsminister Ektoras Nasiokas.

Die Kabinettsumbildung soll nun am Freitag (17.06.2011) vollzogen werden, wie ein Regierungssprecher mitteilte. Ursprünglich hatte Papandreou sie bereits für Donnerstag angekündigt. Am Mittwoch war der Premier mit dem Versuch gescheitert, eine Große Koalition zu bilden, am Sonntag will er sich nun mit einem neuen Kabinett der Vertrauensfrage im Parlament stellen. Der Ausgang ist ungewiss. Dabei ist der Sozialist dringend auf größtmögliche Unterstützung für sein Sparprogramm angewiesen, um einen Bankrott des Landes noch abwenden zu können.

Harte Einschnitte oder Staatsbankrott

Demonstranten stehen am 15. Juli 2011 vor dem Parlament in Athen (Foto: AP)
Die Empörung unter den Griechen wächstBild: dapd

Die Regierung in Athen muss das Sparpaket über 28 Milliarden Euro für die Jahre 2012 bis 2015 noch in diesem Monat durch das Parlament bringen, um weitere Finanzhilfen zu bekommen. Für dieses Ziel muss die PASOK ihr Versprechen brechen, die Steuern nicht weiter zu erhöhen. Auf starken Widerstand stößt auch die Privatisierung von Staatsbetrieben. Am Mittwoch hatten im ganzen Land Zehntausende Menschen mit einem 24-stündigen Generalstreik und Massenkundgebungen gegen die geplanten Einschnitte protestiert. Sollte das Programm keine Mehrheit unter den Athener Abgeordneten finden, wird die nächste Tranche des insgesamt 110 Milliarden Euro umfassenden Rettungspakets von EU und Internationalem Währungsfonds nicht an Griechenland überwiesen.

Die politische Krise in Athen schreckt die Europäische Union gehörig auf. EU-Währungskommissar Olli Rehn rief die Politiker in Griechenland auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, um eine "Katastrophe" zu vermeiden. "Die kommenden Tage werden entscheidend sein für die finanzielle Stabilität und die Erholung der Wirtschaft in Griechenland und in Europa", sagte Rehn in Brüssel. Sollte im Parlament das Sparpaket abgelehnt werden, gebe es keinen Plan B. Alles liege jetzt in den Händen der griechischen Politiker.

Griechenland-Rettung in zwei Etappen

EU-Währungskommissar Olli Rehn (Foto: dpa)
"Es gibt keinen Plan B" für Griechenland: EU-Kommissar Olli RehnBild: picture alliance/dpa

Rehn mahnte aber auch die Euro-Länder, ihren Streit über weitere Hilfen für Athen beizulegen und eine Entscheidung im kommenden Monat zu treffen. Als Kompromiss schlägt er eine Griechenland-Rettung in zwei Etappen vor. Um eine Pleite des Landes zu verhindern, sollten die Finanzminister der Euroländer bereits am Sonntag bei ihrem Sondertreffen in Luxemburg die Auszahlung der nächsten Tranche über zwölf Milliarden Euro des bisherigen Hilfspakets beschließen, fordert der Währungskommissar. Auf diese Weise sei die Finanzierung des Landes bis September gesichert. Anfang Juli müssten dann neue Notkredite von bis zu 120 Milliarden Euro auf den Weg gebracht werden. "Damit verhindern wir ein Pleite-Szenario und ebnen den Weg zur Einigung auf die mittelfristige Strategie", sagte Rehn.

Autor: Rolf Breuch (afp, dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Christian Walz