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Papandreou kann weiter regieren - vorerst

4. November 2011

Es war eine Zitterpartie bis zum Schluss. Doch am Ende hat Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou die Vertrauensabstimmung doch gewonnen. Die politische Zukunft seines Landes bleibt dennoch ungewiss.

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Finanzminister Venizelos und Ministerpräsident Papandreou im Parlament (Foto: dapd)
Wollen weiter zusammen regieren: Finanzminister Venizelos und Ministerpräsident PapandreouBild: dapd

Die Vertrauensabstimmung war mit Spannung erwartet worden, denn der Ausgang war völlig offen. Nicht einmal auf die Zustimmung seiner eigenen Parteikollegen der sozialistischen PASOK-Partei konnte sich Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou verlassen. Doch dann die Erleichterung: Papandreou hat die Vertrauensabstimmung gewonnen. Zwar nur mit einer hauchdünnen Mehrheit: Von 298 anwesenden Abgeordneten stimmten in der Nacht zum Samstag (05.11.2011) 153 Parlamentarier für Papandreou, wie ein Parlamentssprecher in Athen erklärte. 145 waren gegen den Amtsinhaber - dessen Zukunft dennoch ungewiss ist.

Gespräche über Einheitsregierung

Denn ob Giorgos Papandreou sein Amt behält, ist ebenso fraglich wie die restliche Dauer seiner Amtszeit. Sowohl seine Sozialisten wie auch die oppositionelle konservative Partei Nea Dimokratia (ND) hatten vor der Abstimmung im Parlament verlangt, eine Übergangsregierung zu bilden. Diese solle - so der Vorschlag von Finanzminister Evangelos Venizelos - bis Ende Februar bestehen. Die ND forderte dagegen bereits vor der Vertrauensabstimmung und unabhängig von deren Ausgang Neuwahlen.

Dass Papandreou nicht an seinem Amt klebt, hatte er schon zuvor anklingen lassen. Auch in der Debatte unmittelbar vor dem Votum im Parlament erklärte der Ministerpräsident sich zu einem Rückzug bereit. Er sei zu Gesprächen darüber bereit, wer eine neue Regierung führen solle, betonte er. Bereits an diesem Samstag will Papandreou nun mit Griechenlands Präsident Karolos Papoulias über die Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit beraten.

Papandreou: "Letzte Chance"

Giorgos Papandreou im griechischen Parlament (Foto: dapd)
Engagierte Rede vor dem ParlamentBild: dapd

Kurz vor der Abstimmung hatte Papandreou die Beschlüsse des EU-Krisengipfels als "letzte Chance" für die Entwicklung des Landes bezeichnet. Diese Chance solle sich Griechenland nicht verbauen, erklärte der Ministerpräsident im Athener Parlament. Das Land erlebe "historische Momente", in denen die Opposition teilnahmslos sei, kritisiere und blockiere. "Wir tragen das Kreuz des Leidens, obwohl wir nicht für die Probleme verantwortlich sind", sagte Papandreou weiter.

Er sprach zudem von dem seit 24 Monaten laufenden Kampf um die Zukunft des Landes. An diesem Kampf habe sich die Opposition nicht beteiligt. Griechenland zahle heute die Fehler der Vergangenheit. Die Defizite des Landes aber seien auf die heutige Oppositionspartei Nea Dimokratia zurückzuführen. Nun werde eine breite Unterstützung gebraucht. Ein Volksreferendum hätte seiner Ansicht nach eine klare Antwort des Volkes gegeben, das Volk hätte mit "Ja" gestimmt. Das Referendum sei aber vom Tisch. Es war von den Internationalen Geldgebern scharf kritisiert worden.

Hintergrund der Regierungskrise ist der massive Sparkurs, den Papandreou angesichts ausufernder Verschuldung und einer drohenden Staatspleite eingeschlagen hatte. Seit Monaten gibt es regelmäßig Proteste gegen die Sparprogramme, auch die Opposition im Parlament stellte sich regelmäßig gegen die Vorhaben. Mit dem Referendum hatte Papandreou Rückendeckung gewinnen wollen, war schließlich aber nach massivem Druck vor allem Deutschlands und Frankreichs von der Volksabstimmung abgerückt, hatte dafür aber die Vetrauensfrage gestellt.

Die Debatte vor der entscheidenden Vertrauensabstimmung im Parlament begann am Freitag bereits am frühen Abend. Mehrere Vertreter von Papandreous sozialistischer PASOK-Partei meldeten sich zu Wort - jeweils mit einem ähnlichen Tenor: Sie signalisierten ihre Unterstützung in der Vertrauensabstimmung - aber nur, falls Papandreou die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit vorantreibe. Die Abgeordneten der Nea Dimokratia boykottierten die Debatte.

Proteste vor dem Parlament

Kurz vor der Vertrauensabstimmung versammelten sich vor dem Parlamentsgebäude in Athen tausende Demonstranten. Sie schwenkten Fahnen, sangen und schlugen auf Trommeln. Ein kleines Mädchen hielt auf den Schultern ihres Vaters sitzend ein Schild in die Höhe worauf stand: "Meine Großmutter braucht Hilfe, meine Mutter will eine Arbeit und ich will Schulbücher."

Proteste gegen den Sparkurs der Regierung (Foto: dapd)
In Athen gab es erneut Proteste gegen den Sparkurs der RegierungBild: dapd

Hunderte Polizisten beobachteten die Kundgebung, doch der Protest blieb friedlich. Rund hundert Demonstranten näherten sich jedoch den Barrikaden und beschimpften die Sicherheitskräfte.

Autor: Frank Wörner (dpa, rtr, dapd, afp)
Redaktion: Walter Lausch