Pakistan: Berichterstattung zwischen Staat und Taliban | Start | DW | 12.06.2013
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Pakistan: Berichterstattung zwischen Staat und Taliban

Zwei hochkarätige Veranstaltungen der DW Akademie in Berlin und Bonn zu einem Thema: Die Situation der Medien in Pakistan und die Arbeitsbedingungen der Journalisten zwischen Engagement und zunehmender Zensur.

Beschreibung: Berlin / Bonn Mai 2013: Medien International in Berlin und Media Dialog in Bonn Veranstaltungsreihen der DW Akademie im Mai 2013 Teilnehmer der Podiumsdiskussionen. Sana Majeed McMillion bei Media Dialogue in Bonn

Sana Majeed McMillion zu den Blasphemie-Gesetzen in Pakistan

"Schreiben sie doch mal was Positives über Pakistan", Hasnain Kazim hat diesen Satz schon oft gehört. Der Pakistan-Korrespondent des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" war am 30. Mai zu Gast bei "Medien International", der Veranstaltungsreihe der DW Akademie und der ARD in Berlin. Unter dem Titel Berichterstattung zwischen Staat und Taliban diskutierten dort Florian Meesmann, ehemaliger Korrespondent der ARD in Delhi, Dr. Altaf Khan, Leiter der Urdu-Redaktion der DW und Dr. Noshina Saleem, Medienwissenschaftlerin an der Universität Lahore, über die Situation der Medien und die Arbeitsbedingungen von Journalisten.

Eines von vielen Problemen für Reporter in Pakistan ist, dass sie nicht umfassend recherchieren könnten – selbst wenn sie wollen. "Ich will die Dinge, über die ich schreibe, sehen, aber in vielen Fällen lässt man mich nicht", beschreibt Kazim. In so einem Fall könne er auch nicht berichten.

Thema Zensur im Mittelpunkt

Einen Tag zuvor hatten Kazim und Dr. Khan schon auf dem Podium des vierten Media Dialogue der DW Akademie in Bonn gesessen. Auch dort das Thema: Pakistan. Einen Tag lang diskutierten Wissenschaftler und Pakistan-Experten aus fünf Ländern über die Situation der Medien in dem Land. Im Mittelpunkt der drei Sessions stand vor allem das Thema Zensur.

Beschreibung: Berlin / Bonn Mai 2013: Medien International in Berlin und Media Dialog in Bonn Veranstaltungsreihen der DW Akademie im Mai 2013 Teilnehmer der Podiumsdiskussionen. Hasnain Kazim (r.) im Gespräch mit Moderator Grahame Lucas

Hasnain Kazim (r) mit Moderator Grahame Lucas


Pakistans Medienberichterstattung, so die einhellige Meinung, wird bestimmt durch Einschränkung der Recherchefreiheit, Bedrohung von Journalisten und eine daraus resultierende Selbstzensur der Medienmacher.

Druck von vielen Seiten

In seinem Eingangsreferat zur Eröffnung der Veranstaltung zeichnete Professor Dr. Christoph Schmidt, Leiter des Masterprogramms International Media Studies der DW Akademie in Bonn, das Bild eines stetig wachsenden Medienmarktes, in dem die Reporter kaum die Möglichkeit hätten, uneingeschränkt zu informieren. Vor allem weil der Druck von Seiten der politischen Klasse, des Geheimdienstes, des Militärs und der religiösen Extremisten steige.

Noshina Saleem auf dem Media Dialogue in Bonn Beschreibung: Berlin / Bonn Mai 2013: Medien International in Berlin und Media Dialog in Bonn Veranstaltungsreihen der DW Akademie im Mai 2013 Teilnehmer der Podiumsdiskussionen.

Noshina Saleem von der Universität Punjab


"Spiegel"-Mann Kazim fasst die Rolle des Journalisten in Pakistan so zusammen: "Reporter sind schreibende Soldaten – entweder sie sind für eine Seite oder gegen sie. Es wird erwartet, dass alle Journalisten eine Agenda verfolgen."

Cyber-Enthusiasmus umwandeln

Immer wieder ging es in den Vorträgen um die so genannten "Blasphemiegesetze", eine Gesetzgebung, die den Islam vor Beleidigungen schützen soll, "letztendlich aber ein Machtinstrument des Staates ist", wie zum Beispiel Medienberaterin Sana Majeed McMillion betonte.

Beschreibung: Berlin / Bonn Mai 2013: Medien International in Berlin und Media Dialog in Bonn Veranstaltungsreihen der DW Akademie im Mai 2013 Teilnehmer der Podiumsdiskussionen. Atif Tauqeer Hamid auf dem Media Dialogue in Bonn

Engagierte Teilnahme - Prof. Cornelius Pratt

Ein weiteres Thema war die Rolle der neuen Medien. Auch dort versuche der Staat an Einfluss zu gewinnen. Bei der Flut 2010, genauso wie bei der Wahl im Mai 2013 haben die neuen Medien eine entscheidende Rolle bei der Koordinierung der Hilfe und der Mobilisierung von Wählern gespielt, stellten die Wissenschaftlerinnen Dr. Liane Tessa Rothenberger und Fauzia Shaheen in ihrer Analyse fest. Die entscheidende Frage sei aber, "wie man diesen Cyber-Enthusiasmus in eine echte Strategie umwandeln kann".

Unterschiedliche mediale Perspektiven

Vor diesem Hintergrund beschäftigte sich Prof. Cornelius Pratt mit dem Thema journalistische Ethik. In einem sehr eindrücklichen und unterhaltsamen Vortrag stellte er dar, wie in Pakistan eine Erwartungskultur zwischen Staat, Mediennutzern und Medienmachern entstanden sei. Dahinter stehe nicht nur die Frage, wie wird erzählt, sondern auch was, so der amerikanische Wissenschaftler.

Beschreibung: Berlin / Bonn Mai 2013: Medien International in Berlin und Media Dialog in Bonn Veranstaltungsreihen der DW Akademie im Mai 2013 Teilnehmer der Podiumsdiskussionen. Atif Tauqeer Hamid auf dem Media Dialogue in Bonn

Vergleicht Medienperspektiven: Atif Tauqueer Hamid

Wie unterschiedlich ein und dasselbe Thema im Westen und in Pakistan beschrieben wird, hat der freie Journalist und ehemalige Student der International Media Studies, Atif Tauqueer Hamid herausgearbeitet. Er hat untersucht, wie über den Tod von Osama bin Laden in Pakistan, England und den USA berichtet wurde. Sein Ergebnis: Während in den westlichen Medien eher der Tod bin Ladens im Mittelpunkt gestanden habe, hätten die pakistanischen Blätter vor allem über den juristisch und politisch umstrittenen Einsatz der US-Armee auf pakistanischem Boden berichtet

Journalist sein bedeutet in Pakistan, gefährlich zu leben. Nach wie vor gilt das Land als eines der gefährlichsten für Reporter weltweit. Die meisten Journalisten tendieren daher zur Selbstzensur. "Ich werde nicht dafür bezahlt, was ich schreibe, sondern was ich nicht schreibe", wurde ein pakistanischer Journalist zitiert.

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