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Ost-Jerusalem bleibt Streitpunkt

10. Mai 2010

Einen Tag nach Beginn der Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern ist der Siedlungsbau in Ost-Jerusalem erneut Streitpunkt. Denn der erklärte Bauverzicht im Viertel Ramat Schlomo könnte vorgeschoben sein.

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Rohbau eines Hauses (Foto: ap)
Der Siedlungsbau in Ost-Jerusalem schreitet voranBild: AP

Ost-Jerusalem bleibt Kernstreitpunkt bei den indirekten Nahost-Friedensgesprächen. Dabei hatte es zunächst Hoffnung gegeben: Ein Sprecher des US-Außenministerium hatte am Wochenende verkündet, Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hätte zugesichert, in der umstrittenen jüdischen Sieldung Ramat Schlomo im Nordosten Jerusalems in den kommenden zwei Jahre nicht weiter zu bauen. Damit revidierte Netanjahu seine Ankündigung von März, in dem Viertel 1600 neue Wohnungen bauen zu wollen. Dieser Plan hatte im Frühjahr die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen scheitern lassen.

Ankündigung relativiert

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (Foto: ap)
Israels Ministerpräsident Benjamin NetanjahuBild: picture alliance / dpa

Ein Sprecher Netanjahus sagte, Israel habe schon länger erklärt, dass es in Ramat Schlomo auf Jahre nicht zu Bauaktivitäten kommen würde. Ein allgemeiner Baustopp in Ost-Jerusalem käme aber nicht in Frage: "Auf keinen Fall", so der Sprecher. "Wir werden entsprechenden Forderungen der Palästinenser nicht akzeptieren."

Ein ranghoher israelischer Vertreter relativierte jedoch den zweijährigen Bauverzicht in Ramat Schlomo: Netanjahu habe lediglich den USA erklärt, dass es durch formelle Baugenehmigungsverfahren noch länger dauern könnte, bis die Bagger tatsächlich rollten. Dennoch würde die Bautätigkeit in Ostjerusalem wie gewohnt weitergeführt, betonte der israelische Vertreter. Es gebe keine Änderung an der generellen Haltung Israels.

Neue Bauten in Ras el-Amud?

Dazu passen Berichte einer israelischen Friedensorganisation, wonach jüdische Siedler im arabischen Viertel Ras el-Amud weiter Wohnungen bauen. Die Baumaßnahmen überschatteten die Friedensgespräche: Jassir Abed Rabbo, Führungsmitglied der Palästinensischen Befreiungsorganisation, sagte, die Baumaßnahmen seien der erste Verstoß gegen die Vereinbarungen zur Aufnahme neuer Friedensverhandlungen. "Wir werden uns sofort für einen Baustopp einsetzen, weil wir nicht akzeptieren können, dass Verhandlungen als Deckmäntelchen für Siedlungsaktivitäten dienen", sagte Abed Rabbo. Die Palästinenser legten Beschwerde bei den USA ein.

Ein ranghoher israelischer Regierungsbeamter stritt jegliche Verantwortung ab: Der Bau in Ras el-Amud würde von privaten Investoren durchgeführt. "Wenn Juden in Nachbarschaften in Jerusalem bauen wollen, ist es nicht Aufgabe der Regierung, das zu verhindern.", sagte er. "Wir sagen auch den Arabern nicht, dass sie nicht in jüdischen Vierteln kaufen oder bauen dürfen."

Massive Missstände

Kind auf Esel (Foto: ap)
Drei von vier palästinensischen Kindern in Ost-Jerusalem leben in ArmutBild: AP

Dass die in Jerusalem lebenden Palästinenser in jüdischen Vierteln bauen oder kaufen, dürfte allerdings extrem unwahrscheinlich sein - nicht nur aus rechtlichen, sondern teilweise auch aus finanziellen Gründen. Denn ein neuer Bericht des israelischen Menschen- und Bürgerrechtsverbands ACRI bestätigte offiziell, dass die Palästinenser in Jerusalem unter massiven Missständen leiden: Die Mehrheit der Menschen aus den Ost-Teilen Jerusalems lebe unter der Armutsgrenze, darunter drei von vier arabischen Kindern.

95.000 Kinder in Armut

Einen "immerwährenden Zustand von Armut" müssten danach allein in Ostjerusalem rund 95.000 palästinensische Kinder ertragen. Nur jede zehnte Familie bekomme soziale Hilfsleistungen. Für ein Kind im Ost-Teil stünden im Jahreshaushalt nur umgerechnet 120 Euro zur Verfügung, im West-Teil seien es dagegen gut 500 Euro. Es fehle außerdem an rund 1000 Klassenräumen und auch die Müllabfuhr funktioniere nicht.

"Die Politik Israels in den vergangenen 40 Jahren hat Formen der Diskriminierung bei der Bebauung und Enteignung von Grundstücken angenommen", so die Menschenrechtsorganisation. Dem Bericht zufolge hat Israel mehr als ein Drittel der Fläche des Ost-Teils Jerusalems durch Enteignungen in seinen Besitz gebracht. Dort würden mehr als 50.000 Wohnungen für Siedler gebaut. In Ost-Jerusalem leben derzeit 260.000 Palästinenser und 200.000 Israelis.

Autorin: Anna Kuhn-Osius (dpa, ap, afp, rtr)

Redaktion: Diana Hodali