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Politik

Oppositionskandidat erklärt sich zum Sieger

Katrin Gänsler
8. Oktober 2018

In Kamerun hat Oppositionskandidat Maurice Kamto einen Tag nach der Präsidentschaftswahl Amtsinhaber Paul Biya zum Rücktritt aufgerufen und sich selbst zum Gewinner erklärt. Offizielle Ergebnisse gibt es aber noch nicht.

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Kamerun Präsidentschaftswahlen Kandidat Maurice Kamto
Bild: Reuters/Z. Bensemra

Der Applaus ist für einen Moment ohrenbetäubend. Dutzende Journalisten stehen dichtgedrängt in der Parteizentrale der Bewegung für die Renaissance Kameruns (MRC) im Stadtteil Odza in der kamerunischen Hauptstadt Yaoundé. Vor ihnen, aber vor allem seinen Anhängern hat der 64-jährige Maurice Kamto gerade seinen Wahlsieg verkündet und Präsident Paul Biya (85) zu einem friedlichen Machtwechsel aufgerufen. "Das Ziel ist erreicht. Ich habe vom kamerunischen Volk einen klaren Auftrag erhalten", sagt Kamto. Er ist der erste der verbleibenden sieben Oppositionskandidaten, der sich so deutlich zum Ausgang der Präsidentschaftswahl äußert.    

Am Sonntag waren knapp 6,6 Millionen Kameruner aufgerufen, einen neuen Staats- und Regierungschef zu wählen. Das Ergebnis muss bis zum 22. Oktober verkündet werden. Einige Tageszeitungen hatten am Montag zwar erste Resultate aus einzelnen Wahllokalen veröffentlicht. Offizielle Zahlen gibt es aber nicht. In Odza hält das Etienne Fotso, Mitglied der MRC, aber nicht vom Jubeln ab. "Natürlich haben wir Ergebnisse. Es gab 24.000 Wahllokale. Wir waren in allen vertreten und haben schon aus 20.000 die Resultate. Ich weiß nicht, was sich daran noch ändern soll."

Jubelnde Anhänger von Maurice Kamto (Foto: Reuters/Z. Bensemra)
Jubelnde Anhänger von Maurice KamtoBild: Reuters/Z. Bensemra

Die Wahl wird im Norden entschieden

Die ersten Ergebnisse sind für den pensionierten Wirtschaftswissenschaftler Bernard Ouandji – er hat in den vergangenen Jahrzehnten beispielsweise für die Vereinten Nationen gearbeitet – aber verzerrt. Bisher würden die Resultate aus den großen Städten als Basis für den Sieg der Opposition genommen. Dort könnten Oppositionsparteien, die längst nicht überall im Land eine Basis haben, Vertreter in die Wahllokale schicken. "Auf dem Land ist es aber sehr schwierig für die Opposition, Beobachter und Stimmenauszähler zu entsenden." Laut Ouandji, der auch Vorstandsmitglied der 1948 gegründeten Partei "Union der Völker Kameruns" ist, ist es am Sonntag nur dem Demokratischen Zusammenschluss des kamerunischen Volkes (RDCP) gelungen, Repräsentanten in 347 von 360 Kommunen zu haben. Bleiben die Parteienvertreter als sogenannte Watchdogs aus, kann das gleichzeitig die Gefahr von Manipulation erhöhen.

Außerdem, so ist Bernard Ouandji sicher, werde die Wahl im Norden und dort vor allem in den Dörfern entschieden. Dieser habe keinen eigenen Kandidaten ins Rennen geschickt. "Der Held des Nordens ist Staatsminister Bello Bouba Maïgari, und der hält Paul Biya seit 20 Jahren die Treue." Das habe sich auch am 7. Oktober nicht geändert. In der krisengebeutelten englischsprachigen Region, in der bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen, sind am Sonntag hingegen viele Wahlurnen leer geblieben. Die Lage vor Ort war extrem angespannt, die Enttäuschung von der bisherigen Regierung groß. Separatisten hatten außerdem angekündigt, den Urnengang verhindern zu wollen. Dabei ist das die Region, in der Biya am unpopulärsten ist. 

Versöhnungskommission für eine gemeinsame Lösung

Ohnehin gehen zahlreiche Kameruner von der Wiederwahl Biyas aus, der seit 1982 an der Macht ist. Allerdings nicht, weil er so beliebt ist, sondern weil die Wahl laut dem kontroversen Schriftsteller Patrice Nganang "eine Farce" sei. "Das repressive System gehorcht ihm, und er verfügt über einen Wahlfälschungsapparat. Dabei hat er sich am Wahlkampf kaum beteiligt", sagte Nganang, der Anfang des Jahres wegen kritischer Äußerungen vorübergehend in Haft war, der Deutschen Welle. Auch andere Experten bescheinigen Biya einen starken Parteiapparat.

Plakate des Amtsinhabers Paul Biya (Foto: DW/K. Gänsler)
Ist die Ära Paul Biya vorbei?Bild: DW/K. Gänsler

Der Anwalt Agbor Balla Nkongho, Gründer des Zentrums für Menschenrechte und Demokratie in Afrika, fordert nun, einen Dialog einzuleiten. Mit diesem solle die anglophone Krise gelöst werden. "Wir brauchen eine nationale Versöhnungskommission, um eine gemeinsame Lösung zu finden", sagt der Jurist, der 2016 gegen die zunehmende Frankophonisierung im anglophonen Landesteil demonstrierte. Problematisch sei es jedoch gewesen, dass sich die Opposition nicht auf einen Kandidaten hatte einigen können. Dafür war sie in den vergangenen Wochen immer wieder kritisiert worden. Am Samstag hatte allerdings Kandidat Akere Muna relativ überraschend noch eine Koalition mit Maurice Kamto geformt. Das könnte Kamto tatsächlich zusätzliche Stimmen gebracht haben.    

Kamerun muss Frieden finden

Trotz anhaltender Spekulationen über Ergebnisse hoffen viele Kameruner dennoch auf eins: Dass es in den kommenden Tagen nicht zu einer Krise kommt. Das betont auch Sebastien Bikele, der in Yaoundé lebt: "Ich wünsche mir Frieden und einen Machthaber, der sich für den Frieden einsetzt. Das ist für ein Land enorm wichtig."